Nach AfD-Parteitag in Riesa Polizeigewerkschafter: "Parlamentarische Beobachter sollten Handeln der Polizei nicht in Frage stellen"
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16. Januar 2025, 12:24 Uhr
Bei der Großdemonstration gegen den AfD-Bundesparteitag am vergangenen Wochenende in Riesa kam es zwischen dem Linken-Politiker Nam Duy Nguyen und der Polizei zu einem Zwischenfall. Die Polizei habe ihm ins Gesicht geschlagen, sagt Nguyen – und das, obwohl er sich sichtbar als parlamentarischer Beobachter zu erkennen gegeben habe. Aber was bedeutet das überhaupt – parlamentarischer Beobachter? Ist das ein Sonderstatus, der besondere Privilegien mit sich bringt?
- Parlamentarische Beobachter sind Abgeordnete, die auf Demonstration gehen und prüfen, ob diese demokratisch ablaufen.
- Für sie gibt es im geltenden Recht allerdings keine Sonderstellung.
- Die Polizeigewerkschaft Niedersachsen betont, dass es für parlamentarische Beobachter sowohl Rechte als auch Pflichten gebe.
Linken-Politiker Nam Duy Nguyen ist regelmäßig als parlamentarischer Beobachter unterwegs: "Man begleitet Demonstrationen und Versammlungen, um vor allem einen scharfen Blick auf die Grundrechte zu haben, damit sowohl Demonstrantinnen als auch Versammlungsteilnehmerinnen wirklich tun können, was ihnen auch zusteht", erklärt Nguyen. Andererseits vermittle man auch mit der Polizei.
Nguyen betont, als Teil der Legislative, also der Politik, habe er das Recht und auch die Pflicht, die Exekutive, zum Beispiel die Polizei, als Unbeteiligter zu beobachten. Das habe in Riesa auch gut geklappt, erinnert sich der Abgeordnete der Linkspartei im sächsischen Landtag. Immer wieder habe er seinen Ausweis vorgezeigt und sich in seiner Funktion zu erkennen gegeben.
Keine rechtliche Sonderstellung für parlamentarische Beobachter
Für parlamentarische Beobachter gebe es im geltenden Recht aber keine Sonderstellung, sagt Christian Schulze, Sprecher des Sächsischen Landtages. Für Abgeordnete würden bei Demonstrationen dieselben Rechte gelten wie für alle anderen auch: "Und wenn es Anordnungen durch die Versammlungsbehörde oder auch durch die Polizei gibt, dann ist denen Folge zu leisten. Mandatsträger können auch keine besonderen Zugangs- oder Informationsansprüche aus ihrem Mandat ableiten." Gleichwohl sind parlamentarische Beobachter als Abgeordnete durch ihre Immunität davor geschützt, von der Polizei festgesetzt zu werden.
Polizeigewerkschaft Niedersachsen betont Pflichten
Kevin Komolka von der Polizeigewerkschaft Niedersachsen betont, dass mit parlamentarischen Beobachtungen Rechte und Pflichten verknüpft sind. Sie hätten zwar das Recht, Zugang zum Demonstrationsgeschehen zu bekommen und die polizeiliche Arbeit zu beobachten. Aber auch die Pflicht, sich entsprechend zu verhalten: "Das heißt, parlamentarische Beobachter sollten nicht Anwälte der Demonstranten sein und nicht während der laufenden polizeilichen Maßnahmen diese Maßnahmen in Frage stellen." Das gelte es dann erst, im Nachhinein zu bewerten. Außerdem wäre es wünschenswert, wenn die parlamentarische Beobachtung bei der Polizei angekündigt würde.
Das machten nur die wenigsten, weiß Nguyen von den Linken aus Leipzig: "Die Polizisten und Polizistinnen sind eigentlich auch angewiesen, uns als Parlamentarier zu kennen, es ist ja auch relativ überschaubar hier im sächsischen Parlament. Ich habe aber auch Verständnis, dass es Polizisten nicht auf dem Schirm haben, deswegen weisen wir uns auch aus."
Es ist Abgeordneten aller Parteien vorbehalten, für parlamentarische Beobachtung zu Demonstrationen und Versammlungen zu gehen, um zu prüfen, ob sie im demokratischen Sinne ablaufen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Januar 2025 | 06:37 Uhr