Vereinfachte Geschlechtsänderung Bundestag beschließt Selbstbestimmungsgesetz
Hauptinhalt
12. April 2024, 21:46 Uhr
Der Bundestag hat am Freitag mehrheitlich das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet. Die Regelungen senken die bislang hohen Hürden zur Änderung des Geschlechtseintrages einer Person beim Standesamt deutlich ab. Das bislang geltende Transsexuellengesetz wird somit abgelöst.
- Der Bundestag hat das neue Selbstbestimmungsgesetz beschlossen.
- Ab dem 1. November sollen Vornamens- und Geschlechtsänderungen per Erklärung gegenüber dem Standesamt möglich sein.
- Die Opposition kritisierte das neue Gesetz scharf.
Der Bundestag hat grünes Licht für das neue Selbstbestimmungsgesetz gegeben. Durch das Gesetz soll es zukünftig leichter werden, den eigenen Geschlechtseintrag sowie Vornamen ändern zu lassen. Die neue Regelung löst das seit mehr als 40 Jahren geltende Transsexuellengesetz ab. Von insgesamt 636 abgebenen Stimmen entfielen 374 auf Ja, 251 Abgeordnete stimmten mit Nein, elf Abgeordnete enthielten sich. CDU/CSU, AfD sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) lehnten eine Zustimmung klar ab. Die Linke unterstützte das neue Gesetz.
Erleichterte Änderung des eingetragenen Geschlechts
Ab 1. November dieses Jahres soll durch das Gesetz die Änderung des Vornamens sowie des Geschlechtseintrags per Erklärung gegenüber dem Standesamt möglich sein. Die Erleichterungen betreffen damit vorrangig transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.
Bislang mussten Betroffene für eine Änderung zwei psychiatrische Gutachten vorlegen und dabei intime Fragen beantworten. Das bisherige langwierige und teure Verfahren wurde von vielen Betroffenen als demütigend empfunden.
Anmeldungen für Änderungen des Geschlechtseintrags ab August möglich
Die Erklärung und Änderung der Vornamen soll drei Monate vor der Abgabe beim Standesamt angemeldet werden und ist nach der Abgabe sofort gültig. Anmeldungen für eine Änderung des Geschlechtseintrags sollen somit bereits ab August möglich sein.
Minderjährige über 14 Jahren sollen eine derartige Änderungserklärung mit der Zustimmung ihrer Eltern selbst abgeben können. Falls die familiäre Situation es erfordert, können Familiengerichte die Zustimmung der Eltern ersetzen. Für Kinder unter 14 Jahren können die Eltern eine entsprechende Erklärung abgeben. Das Kind muss dem jedoch zustimmen, da sonst der Entzug des Sorgerechts droht.
Grüne begrüßen neues Gesetz, Opposition kritisch
Das Transsexuellengesetz habe genug Leid verursacht, erklärte der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), am Freitag im Bundestag. Mit den Demütigungen sei nun Schluss. Die Grünen-Abgeordnete Nyke Slawik, die selbst zur Gruppe der Transpersonen gehört und ihren Geschlechtseintrag auf Basis der bisherigen Regeln ändern ließ, bedankte sich bei den Abgeordneten für das neue Gesetz. "Als Transpersonen erleben wir immer wieder, dass unsere Würde zur Verhandlungssache gemacht wird", so Slawik. Damit sei nun Schluss.
Die Opposition hingegen kritisierte das neue Gesetz scharf. Die CDU-Abgeordnete Mareike Wulf warf der Regierungskoalition vor, dass mit dem Gesetz künftig jeder Bürger seinen Geschlechtseintrag auf dem Amt ändern lassen könne, ohne dafür eine nähere Begründung zu nennen. Martin Reichardt (AfD) nannte das Gesetz "ideologischen Unfug" und sprach von "Transextremisten". BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte, das Geschlecht werde "von einer biologischen Tatsache zu einer Frage der Gemütsverfassung."
dpa, epd, kna (mbe)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. April 2024 | 16:30 Uhr