Eine Überwachungskamera
Außenministerin Annalena Baerbock lässt nach der Festnahme von zwei Russlanddeutschen wegen Spionageverdachts den russischen Botschafter einbestellen. Die Polizei hatte in Bayern zwei Männer festgenommen, die für Russland spioniert und mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgekundschaftet haben sollen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Sabotage-Akte in Planung Zwei Männer wegen Spionageverdacht in Bayreuth festgenommen

18. April 2024, 20:09 Uhr

Der Generalbundesanwalt hat zwei Russlanddeutsche festnehmen lassen. Sie werden der Spionage verdächtigt. Auch Sabotage-Akte waren wohl in Planung. Einer der Männer soll Kampferfahrung haben. Außenministerin Annalena Baerbock hat den russischen Botschafter in Berlin einbestellt.

Die Festnahme zweier Verdächtiger wegen mutmaßlicher Spionage für Russland hat diplomatische Konsequenzen: Wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte, hat Außenministerin Annalena Baerbock den russischen Botschafter einbestellen lassen. Zuvor hatte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitgeteilt, dass zwei Männer in Bayreuth festgenommen worden seien.

Die Männer sollen für Russland spioniert und mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgekundschaftet haben. Den beiden Russlanddeutschen ging es nach Angaben des Generalbundesanwalts um Sabotageaktionen, die insbesondere dazu dienen sollten, "die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren". Die Männer seien dringend verdächtig, in einem besonders schweren Fall für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein, teilte der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof mit.

Die Einbestellung eines Botschafters gilt in der Diplomatie als Ausdruck der Kritik. Damit wird signalisiert, dass es im Verhältnis zweier Staaten Verstimmungen gibt. Russischer Botschafter in Berlin ist Sergej Netschajew. Die diplomatischen Beziehungen waren nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vor zwei Jahren stark heruntergefahren worden, viele russische Diplomaten mussten Deutschland verlassen.

Bereitschaft zu Sabotage signalisiert

Dem Älteren von beiden, Dieter S., wird auch die Verabredung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und zur Brandstiftung sowie Agententätigkeit zu Sabotagezwecken und sicherheitsgefährdendes Abbilden militärischer Anlagen vorgeworfen. Die beiden in Russland geborenen Männer, die am Mittwoch in Bayreuth festgenommen wurden, haben den Angaben zufolge beide die deutsche und die russische Staatsbürgerschaft. Ermittler durchsuchten Wohn- und Arbeitsort der beiden.

Konkret soll sich Dieter S. mit jemandem, der mit einem russischen Geheimdienst in Verbindung steht, seit mindestens Oktober vergangenen Jahres über mögliche Sabotageaktionen ausgetauscht haben. Er soll sich seinem Gesprächspartner gegenüber bereiterklärt haben, Sprengstoff- und Brandanschläge vor allem auf militärisch genutzte Infrastruktur und Industriestandorte in Deutschland zu begehen. Dieter S. sammelte dem Generalbundesanwalt zufolge Informationen über potenzielle Anschlagsziele, darunter auch Einrichtungen der US-Streitkräfte.

Der zweite Beschuldigte, Alexander J., half ihm demnach spätestens ab März 2024. Zu den ausgekundschafteten Orten gehören nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa der US-Stützpunkt Grafenwöhr sowie andere militärische Einrichtungen in Bayern. Einige der ins Visier genommenen Objekte soll Dieter S. vor Ort ausgespäht und fotografiert haben, etwa Militärtransporte. Ein Angriff auf eines der Objekte soll aber dem Vernehmen nach nicht unmittelbar bevorgestanden haben. Für S. ordnete ein Ermittlungsrichter am Mittwoch Untersuchungshaft an. J. sollte am Donnerstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.

Moskau: "Vorwürfe absurd"

Die russische Botschaft erklärte über den Onlinedienst X, dem russischen Botschafter in Berlin seien bei seiner Einbestellung im Auswärtigen Amt am Donnerstag "keine Beweise" vorgelegt worden. Die Vorwürfe seien "absurd".

Auch Deutschland im Fokus des russischen Geheimdienstes

"Wir wissen, dass der russische Machtapparat auch unser Land in den Fokus nimmt", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).

Auf diese Bedrohung müsse Deutschland wehrhaft und entschlossen reagieren. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einem besonders schweren Fall der mutmaßlichen Agententätigkeit für Russland. Sie betonte: "Wir werden die Ukraine weiter massiv unterstützen und uns nicht einschüchtern lassen."

Wir werden die Ukraine weiter massiv unterstützen und uns nicht einschüchtern lassen.

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin

Gegen Dieter S. eröffnete der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Angaben zufolge einen weiteren Haftbefehl, der den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung betrifft. S. soll zwischen Dezember 2014 und September 2016 in der Ostukraine als Kämpfer einer bewaffneten Einheit der "Volksrepublik Donezk" tätig gewesen sein.

Bei dieser selbst proklamierten Volksrepublik handelt es sich nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft um eine pro-russische Vereinigung, die ab Frühjahr 2014 die Kontrolle über den ukrainischen Verwaltungsbezirk Donezk mit dem Ziel der Loslösung von der Ukraine beanspruchte und sich intensive Auseinandersetzungen mit den ukrainischen Streitkräften lieferte. Dabei setzte die Vereinigung immer wieder auch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung ein.

AFP, dpa (nvm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL - Das Nachrichtenradio | 18. April 2024 | 12:07 Uhr

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