Soldaten während des Aufstellungsappells des Heimatschutzregiments 2 der Bundeswehr von Reservistinnen und Reservisten.
Der Reservistenverband will mehr Zivilisten ausbilden – und fordert die Umsetzung einer Wehrpflicht. Bildrechte: IMAGO / Noah Wedel

Dienstpflicht-Debatte Reservistenverband wirbt für Ausbildung von Zivilisten im Osten

02. April 2024, 12:40 Uhr

Der Reservistenverband will in Ostdeutschland verstärkt Zivilisten ausbilden. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner will das Personalproblem der Bundeswehr durch eine gestärkte Reserve lösen. Uneinigkeit herrscht bei der Einführung einer Wehrpflicht.

Der deutsche Reservistenverband will in den ostdeutschen Bundesländern verstärkt dafür werben, dass sich Zivilisten zu Reservisten der Bundeswehr ausbilden lassen. Verbandspräsident Patrick Sensburg sagte MDR AKTUELL, das Interesse sei da. In diesem Jahre rechne sein Verband mit bundesweit 700 Freiwilligen, die das machen wollten. Im vergangenen Jahr seien es 500 gewesen. Sensburg betonte aber, dass die freiwillige Ausbildung von Zivilisten eine Wehrpflicht nicht ersetzen könne. Deutschland brauche die Wehrpflicht, um verteidigungsfähig zu sein.

FDP-Chef Lindner will Reserve der Bundeswehr stärken

Bundesfinanzminister Christian Lindner im Austausch mit Soldaten der Bundeswehr im Camp Castor in Gao Mali Anfang Februar 2023
Bundesfinanzminister Christian Lindner im Austausch mit Soldaten der Bundeswehr im Camp Castor in Gao Mali, Anfang Februar 2023. Bildrechte: IMAGO / photothek

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner ist dafür, das Personalproblem bei der Bundeswehr durch eine gestärkte Reserve zu lösen. Der FDP-Chef erklärte, es sollte möglich sein, dass sich Bürger parallel zum zivilen Beruf verpflichten, über einen längeren Zeitraum hinweg der Bundeswehr regelmäßig zur Verfügung zu stehen. Das sei auch der Weg, um ansonsten schwer zu gewinnende Experten in Bereichen wie der Cyber-Abwehr einzubinden. Zudem forderte Lindner, dass eine gestärkte Reserve durch "Qualifikationserwerb" so attraktiv sein müsse, dass auch Arbeitgeber ein entsprechendes Engagement unterstützen würden.

Kritik an allgemeiner Dienstpflicht

Eine allgemeine Dienstpflicht sieht Lindner hingegen kritisch. Die volkswirtschaftlichen Kosten wären in Zeiten des Arbeitskräftemangels in einer alternden Gesellschaft hoch. Auch die Musterung ganzer Jahrgänge, die dann aber gar nicht eingezogen werden, überzeuge ihn nicht.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius lässt derzeit Modelle einer Wehrpflicht prüfen. Dabei hat der SPD-Politiker auch die Praxis in skandinavischen Ländern in den Blick genommen. So werden etwa in Schweden ganze Jahrgänge registriert und angeschrieben. Dann wird eine erste Auswahl für den Dienst untersucht und getestet, also gemustert. Aus dieser Gruppe leistet dann nur ein Teil Dienst im Militär.

Personaloffensive der Bundeswehr verpufft

Die Wehrpflicht war in Deutschland im Juli 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Im Spannungs- und Verteidigungsfall kann sie aber wieder in Kraft gesetzt werden. Vor dem Hintergrund der Gefahren seit Ausbruch des Russland-Ukraine-Kriegs soll die Bundeswehr den politischen Vorgaben zufolge auf 203.000 Soldaten anwachsen. Trotz einer verstärkten Personaloffensive der Bundeswehr sank die Truppenstärke bis zum 31. Dezember 2023 jedoch auf 181.500 Männer und Frauen. Ende 2022 hatte die Bundeswehr nach Angaben des Verteidigungsministeriums noch 183.050 Soldaten in ihren Reihen.

dpa (dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. April 2024 | 09:00 Uhr

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