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Kommentar Die AfD muss nur zusehen, falls der nächste Kanzler strauchelt
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24. Februar 2025, 10:52 Uhr
Der Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025 ist vorbei, doch die politische Landschaft in Deutschland bleibt gespalten. Die CDU geht zwar als Sieger hervor, doch die AfD fährt im Osten massive Gewinne ein. Die SPD erlebt historische Tiefststände. Damit beginnt die eigentliche Herausforderung erst jetzt: Die CDU muss eine handlungsfähige Regierung bilden. Deutschland braucht eine klare Führung, schreibt MDR-Chefredakteurin Christin Bohmann in ihrem Kommentar.
Endlich vorbei. Das dürften viele an diesem Wochenende gedacht haben. Der Wahlkampf 2025 war ein Marathon im Sprinttempo – atemlos und erbittert. Doch aufatmen kann niemand.
Die CDU als Wahlgewinner vor der AfD, die SPD auf dem tiefsten Stand ihrer Geschichte, die Grünen noch dahinter. Die FDP schafft es nicht in den Bundestag, auch das BSW scheitert, einzig die Linke triumphiert.
Und damit weicht das kurze Gefühl von Befreiung schon wieder und Beklemmung setzt ein: Die AfD hat in den ostdeutschen Bundesländern erneut massiv zugelegt. In Sachsen und Sachsen-Anhalt erzielt die Partei gut 37 Prozent, in Thüringen 38,6 Prozent.
Die AfD triumphiert im Osten: Ein schockierendes Ergebnis
Ein schockierendes Ergebnis, das viele Ursachen hat: Ja, die angespannte wirtschaftliche Lage und mit Sicherheit die große Enttäuschung über die Regierungsparteien, aber auch das Gefühl von Verlorenheit in einer immer komplexer werdenden Welt und eine trügerische Hoffnung nach vermeintlich starker Führung. Eine Hoffnung, die die AfD mit populistischen Narrativen bedient.
Die Wahl zeigt so brutal wie noch nie, dass sich viele Menschen in Ostdeutschland nicht repräsentiert fühlen. Friedrich Merz hat den ersten Kampf schon verloren, bevor er überhaupt Kanzler werden könnte. CDU und SPD haben sich im Wahlkampf bis zur Schmerzgrenze attackiert und müssen nun wieder zusammenfinden – egal in welcher Konstellation. Und mit der Rückkehr einer Ampelpartei in die Regierung kommt kein neues Vertrauen: Was sollte jetzt besser laufen als bisher? Es mag auch diese Angst gewesen sein, die viele Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in die Arme der AfD getrieben hat.
CDU und SPD: Zerstritten und ohne Lösungen
Zu frisch sind die Erinnerungen an die jüngsten verbalen Eskalationen statt Lösungen: Die Anschläge von Magdeburg, Aschaffenburg und München waren für die politischen Wettstreiter Grund und Anlass genug, den ohnehin aufgeladenen Kampf um die Plätze auf der Regierungsbank endgültig zu verzerren. Allen voran Olaf Scholz und Friedrich Merz. Statt Lösungen für eine effektive und langfristig wirkende Migrationspolitik zu überlegen, suchten die beiden Anführer von CDU und SPD einen sinnfreien Wettbewerb um den Titel des härtesten Abschieberhetorikers zu gewinnen.
Die wahren Herausforderungen: Migration, Wirtschaft, soziale Ungleichheit
Für die eigentlichen Herausforderungen – eine kontrollierte und geordnete Einwanderung und vor allem eine bessere Integration der Menschen, die längst hier sind – konnten weder Kanzler Scholz noch sein Herausforderer Merz ernsthaft durchdachte und pragmatische Lösungsvorschläge anbieten. Beide bezahlten das mit Wählerstimmen, besonders im Osten. Und ließen nebenbei die Aufgabe unerfüllt, so dringend notwendige Antworten auf ebenso wichtige Fragen zu geben: Wie gelingt ein neuer Wirtschaftsaufschwung? Mit welchen Strategien reagiert Deutschland auf hybride Bedrohungslagen? Wie der sozialen Ungleichheit im Land begegnen, wie dem Gefühl der Benachteiligung im Osten?
Merz vor der Bewährungsprobe
Friedrich Merz muss den Bürgerinnen und Bürgern nun beweisen, dass er in der Lage ist, eine handlungsfähige Regierung aufzustellen, die komplexen Probleme des Landes mit seriösen und durchdachten, aber zügigen Lösungen anzugehen und die Empörungsmentalität zu einer Kultur ernsthaften Miteinanders zu entwickeln. Das Land braucht jetzt klare Führung – keine neuen polternden Egotrips.
Denn das ist die eigentliche Gefahr: Eine Koalition, die sich gegenseitig lähmt, wird der AfD nur weiter in die Hände spielen. Sie ist jetzt die größte Oppositionskraft. Sie muss nicht regieren, nicht liefern, nicht vermitteln – sie braucht einfach nur zuzusehen, falls der nächste Kanzler strauchelt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 24. Februar 2025 | 06:00 Uhr
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