Meinung Kristin Schwietzer - AfD-Parteitag 2 min
Video: AfD demonstriert Einigkeit Bildrechte: ARD-Hauptstadtstudio/Reiner Freese, dpa

Kommentar AfD ohne Machtoption

30. Juni 2024, 16:00 Uhr

Es ist der letzte Prüfstein vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland. Wie geschlossen geht die AfD in den Wahlsommer und damit in die heiße Wahlkampfphase? Auf dem Bundesparteitag in Essen hat sich die Alternative für Deutschland darauf eingestimmt. Vor allem aber wollte die Parteispitze vermeiden, was bei den Wählern nicht gut ankommt: Streit.

Die AfD diszipliniert sich selbst. Die Botschaft in Essen: Wir sind geschlossen. Keine Personalquerelen, keine Debatte über den desaströsen Europawahlkampf, auch nicht über den Kandidaten, und die Doppelspitze wird auch nicht abgeschafft. Chrupalla und Weidel fahren mit guten Ergebnissen nach Hause. Das Ziel ist klar: Die AfD will die Landtagswahlen im Osten gewinnen.

Kein Koalitionspartner in Sicht

Die Chancen dafür stehen gut, zumindest auf dem Papier. Regieren werden sie vermutlich aber nicht. Denn: Die Partei hat ein Problem. Sie hat keine Partner und keine Inhalte. Darüber kann auch die Harmonie in Essen nicht hinwegtäuschen. Zu lange hat die Parteispitze zugelassen, dass an vielen Stellen Rechtsextremisten den Ton angeben. Das verschreckt zurecht jegliche Koalitionspartner in Deutschland. Selbst das Buhlen um die Union war bisher erfolglos und wird es wohl auch bleiben. Die Christdemokraten haben ihre Brandmauern hochgezogen. Die radikalen Töne verschrecken inzwischen auch die einstmals Verbündeten in Brüssel und Straßburg.

Europas Rechte gehen auf Distanz zur AfD

Maximilian Krah ist dabei nur ein Beispiel. Der deutsche Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl hat mit seinen verharmlosenden Äußerungen zur SS, Hitlers Elitetruppe, das Fass zum Überlaufen gebracht. Das war selbst der Frontfrau der rechten Populisten in Europa zu viel. Marine Le Pen und ihr Rassemblement National haben die Zusammenarbeit mit der AfD auf europäischer Ebene aufgekündigt. Denn: Die französische Rechte will regieren. Eine weitere Radikalisierung passt da gerade vor den Neuwahlen in Frankreich nicht ins Bild und nicht in die Strategie. Damit hat sich die AfD selbst unter den europäischen Rechtspopulisten isoliert. Europas Rechte gehen auf Abstand zur AfD.

Protektionismus verschreckt internationale Investoren

Die Parteispitze der AfD hat in Essen im Umgang mit Maximilian Krah durchaus Fehler eingeräumt und moderatere Töne angeschlagen, wirklich glaubwürdig erscheint das nicht. Vor allem aber kommt es spät, vielleicht zu spät aus Sicht der Partei. Denn langfristig könnte der AfD das ständige Zündeln am rechten Rand selbst schaden. Fachkräfte aus dem Ausland dürfte das längst abschrecken. Und das, wo gerade in Sachsen und Sachsen-Anhalt internationale Hightech-Konzerne in den Startlöchern stehen. Tausende neue Jobs soll es hier bald geben. Das wünschen sich auch die Menschen in Ostdeutschland. Protektionismus à la Trump ist da wenig hilfreich.

Partei ohne Inhalte

Die AfD will ein Deutschland von gestern und ein Europa der Nationalstaaten, also von vorgestern. Doch zum Regieren braucht es mehr. Bisher hat die Partei von den Schwächen der anderen, vor allem der Ampel-Parteien profitiert. Auch das hat die AfD von Wahlerfolg zu Wahlerfolg getragen.

Die Kontrollverluste an den deutschen und europäischen Grenzen, die Überlastung der Kommunen, die Überforderungen bei der Integration, all das hat die AfD über die Jahre hinweg, schon seit 2015 noch unter der Merkel-Regierung, stark gemacht. Die Migrationsfrage und die Ablehnung des Kriegs in der Ukraine verfangen aktuell bei den Wählern, selbst bei den jüngeren.

Doch langfristig dürfte das kaum reichen. Denn: Sie geben ihnen keine Antwort auf die Zukunftsfragen, welche Bildung für ihre Kinder die beste, welches Rentenkonzept generationengerecht ist, wie die Energieversorgung von Morgen aussehen kann. Einfache Botschaften und Scharfmacher-Parolen helfen da wenig. Es braucht kluge und moderne Konzepte, für künftige Generationen. Davon war in Essen wenig zu hören.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 30. Juni 2024 | 19:30 Uhr

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