Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wird von Donald Tusk (r), Ministerpräsident von Polen, zu den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen begrüßt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wird von Donald Tusk (r), Ministerpräsident von Polen, zu den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen begrüßt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Verteidigungspolitik Deutschland und Polen vereinbaren engere Zusammenarbeit

02. Juli 2024, 16:57 Uhr

Bei den ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit Jahren haben die Nachbarländer eine engere Zusammenarbeit auf vielen Ebenen vereinbart. Zudem sollen die noch lebenden Opfer des Nazi-Terrors in Polen entschädigt werden.

Deutschland und Polen haben angesichts der Bedrohung durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine eine noch engere Zusammenarbeit vereinbart. Dies erklärten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der polnische Regierungschef Donald Tusk nach Abschluss der ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit sechs Jahren.

"Die globalen Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam angehen, die Sicherheit Europas nur gemeinsam verteidigen", sagte Scholz am Dienstag in Warschau. Deutschland und Polen seien bereits "gute Nachbarn, enge Partner und verlässliche Freunde", wollten aber mit der Ausweitung ihrer Zusammenarbeit in vielen Bereichen "eine neue Dynamik schaffen", sagte Scholz.

Olaf Scholz und Donald Tusk 3 min
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Scholz und Ministerriege zu Gesprächen in Warschau

MDR AKTUELL Di 02.07.2024 15:07Uhr 03:12 min

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Der zu diesem Zweck vereinbarte Aktionsplan legt den Schwerpunkt auf die sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit und umfasst Bereiche wie den Grenzschutz und den Kampf gegen illegale Einwanderung, Klimaschutz, Energie, Verkehr und Künstliche Intelligenz.

Aktionsplan bezeichnet Russland als größte Bedrohung für Sicherheit

In dem 40-seitigen Dokument wird Russland als "die unmittelbarste Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit" bezeichnet. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die EU-Länder "in der denkbar brutalsten Weise daran erinnert", wie wichtig die Friedenssicherung in Europa sei und "dass Europa in der Lage sein muss, sich selbst zu verteidigen".

Deutschland und Polen wollen daher nicht nur enger innerhalb der Nato kooperieren, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen ihren Armeen und bei der Anschaffung und Instandhaltung von Rüstungsgütern wie dem Leopard-Panzer ausbauen. Polen erwägt zudem, sich an der von Deutschland koordinierten Initiative "European Sky Shield" zu einer europäischen Luftverteidigung zu beteiligen. 

Bundeskanzler Scholz betonte in Warschau, dass Deutschland und Polen zu den größten Unterstützern der Ukraine gehörten – politisch, militärisch und bei der Aufnahme von Geflüchteten. Außerdem spielten beide eine Führungsrolle im Ostseeraum und beim Schutz der Nato-Ostflanke.

Tusk sieht Deutschland in der Verantwortung

Tusk nahm die Bundesregierung mit Blick auf die Sicherheit Europas in die Verantwortung. Er sehe Deutschland als die führende Kraft für Europas gemeinsame Sicherheit. Für diese Sicherheit habe auch Polen mit zu sorgen und Tusk stellte einen historischen Bezug her. "Polen als eines der größten Opfer des Zweiten Weltkriegs und Deutschland als Verursacher dieser Zerstörung (...) sollten heute als freie, demokratische, europäische Nationen gemeinsam und effektiv dafür sorgen, dass Europa sicher ist", sagte Tusk.

Scholz betonte, Deutschland wisse "um die Schwere seiner Schuld, um seine Verantwortung für die Millionen Opfer der deutschen Besatzung und den Auftrag, der daraus erwächst". Daher habe sein Kabinett vergangene Woche den Bau des Deutsch-Polnischen Hauses in Berlin beschlossen, welches an die polnischen Opfer im Zweiten Weltkrieg erinnern soll.

Die Aufarbeitung der NS-Verbrechen gegen Polen

Im Aktionsplan spielt die Aufarbeitung der NS-Verbrechen gegen Polen ebenfalls eine wichtige Rolle. "Aussöhnung ist ein Prozess, der keinen Schlussstrich erlaubt", heißt es in dem Text. Bei der Erklärung vor der Presse erneuerte Tusk auf Nachfrage frühere Reparationsforderungen seines Landes an Deutschland nicht.

Polens national-konservative Vorgängerregierung unter der PiS-Partei hatte Reparationen in Höhe von 1,3 Billionen Euro für die Zerstörungen durch Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gefordert. Seit November 2018 gab es daher auch keine Regierungskonsultationen mehr. Im Dezember wurde die PiS-Regierung durch ein Mitte-Links-Bündnis unter Tusk abgelöst.

Nach Angaben von Scholz und Tusk soll es nun eine Entschädigung geben. "Die Situation älterer Opfer ist eine, die uns sehr bewegt, und da werden wir auch Aktivitäten unternehmen", betonte der Bundeskanzler. Scholz sagte nicht, wie viel Entschädigung den etwa 40.000 noch lebenden Opfern der deutschen Besatzung Polens gezahlt werden soll.

Tusk sagte nach Abschluss der Regierungskonsultationen: "Dies ist keine Sache von Jahren, sondern von Monaten." Scholz erklärte dazu: Verantwortung für die Vergangenheit bedeute auch Verantwortung für die gemeinsame Zukunft.

dpa/AFP (mpö)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 02. Juli 2024 | 15:07 Uhr

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