Bundesparteitag in Essen AfD beschließt Austritt aus ID-Partei

• AfD beschließt Austritt aus europäischen ID-Partei
• Chrupalla gibt Wahlsieg auf Bundesebene als Ziel aus
• Debatte um Generalsekretär vertagt
• Höcke fordert Regierungsbeteiligung in Thüringen
• Nur wenige Demonstranten vor Grugahalle

Der Bundesvorstand der AfD hat sich dafür entschieden aus der europäischen ID-Partei auszutreten. Das teilte der stellvertretende Parteichef Peter Boehringer am Sonntag auf dem Parteitag in Essen mit. Zuvor hatten die Delegierten mit Zweidrittelmehrheit dem Bundesvorstand die Kompetenz für solche Entscheidungen gegeben.

Die AfD war der Partei erst im vergangenen September beigetreten. Ende Mai hatte die zugehörige ID-Fraktion im Europaparlament die Zusammenarbeit mit der AfD nach umstrittenen Äußerungen des Spitzenkandidaten Maximilian Krah zur nationalsozialistischen SS beendet. Seitdem ist die AfD fraktionslos im Europaparlament.

In diesem Zusammenhang begrüßte Parteichefin Alice Weidel die angekündigte Fraktionsgründung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Österreichs FPÖ-Chef Herbert Kickl. Eine mögliche Zusammenarbeit schloss Weidel im ARD-Interview am Sonntag nicht aus. "Kurzfristig werden wir nicht dazustoßen, aber wer weiß, was wir mittel- und langfristig machen", sagte die AfD-Chefin.

Zum Abschluss des Parteitags in Essen gab sich der wiedergewählte AfD-Ko-Vorsitzende Tino Chrupalla kämpferisch. Ziel sei, "irgendwann auch deutschlandweit stärkste Kraft" zu werden, sagte Chrupalla am Sonntag unter großem Applaus im Saal. Zugleich dankte er den Delegierten für die "Disziplin" bei dem Parteitag, der ihn und Ko-Parteichefin Alice Weidel im Amt bestätigt und damit vor den Wahlkämpfen im Osten innerparteilich gestärkt hatte. Damit habe der Parteitag "Kontinuität und Verlässlichkeit" gewählt, sagte Chrupalla.

Auf der Tagesordnung stand auch ein Antrag, im AfD-Vorstand den Posten eines Generalsekretärs zu schaffen. Die Parteispitze hatte bereits Zustimmung signalisiert. Die Entscheidung wurde aber zur weiteren Beratung vertagt. Zuvor war der Antrag dahingehend verändert worden, dass die Einsetzung eines Generalsekretärs auch bei einer Doppelspitze möglich ist.

Auch die außenpolitische Ausrichtung der Partei wurde diskutiert. Verabschiedet wurden zwei Resolutionen. In einer, die vom Thüringer Landeschef Björn Höcke und dem sächsischen Landeschef Jörg Urban unterstützt wurde, hieß es, die AfD verstehe sich als Friedenspartei. Zugleich lehne man "pseudomoralisch begründeten Universalismus" ab.

In einer Resolution, hinter der auch Parteichefin Alice Weidel steht, hieß es, Deutschland müsse sich stärker von der US-Außenpolitik emanzipieren. Gefordert wurde auch ein Ende der Waffenlieferungen in die Ukraine. Der russische Überfall auf die Ukraine wird in der Resolution verurteilt. Die Eskalation in der Ukraine sei jedoch in den vergangenen Jahren durch die Außenpolitik verschiedener westlicher Staaten begünstigt worden, heißt darin.

Zudem möchte die AfD keine strengeren Regeln für ihre Abgeordneten mit Blick auf Auslandsreisen und Interviews mit ausländischen Medien. Ein entsprechender Antrag sah parteiinterne Bestrafungen vor, wenn sie ohne Absprache mit der Parteispitze ausländischen Medien Interviews geben, Auslandsreisen "mit politischem Bezug" machen oder sich dort öffentlich mit Politikern treffen. Hintergrund sind wiederholte Russland-Reisen und Auftritte von AfD-Politikern auch in russischen Medien.

Am Rande des AfD-Parteitags in Essen hat Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke die CDU im Freistaat erneut zur Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Landesregierung aufgefordert. Höcke sagte dem Fernsehsender Phoenix, er erwarte für seine Partei bei der Wahl ein Ergebnis von mindestens 30 Prozent. Dann könne man die AfD nicht mehr ignorieren, wenn man sich nicht an der Demokratie vergehen wolle.

Sollte sich die CDU stattdessen "mit dem BSW, mit der SPD und allem, was vielleicht doch noch im Thüringer Landtag vertreten ist", in eine Koalition begeben, verliere sie ihr Profil vollständig. Für diesen Fall kündigte Höcke eine "harte Oppositionspolitik" an. Die Thüringer CDU schließt eine Koalition mit dem vom Landesverfassungsschutz als "erwiesen rechtsextremistische Bestrebung" eingestuften AfD-Landesverband Thüringen unabhängig vom Wahlausgang weiter aus.

Anders als am Samstag fanden sich am Sonntagvormittag nur wenige Demonstranten rund um den Tagungsort in der Essener Grugahalle ein. Einige Dutzend Kundgebungsteilnehmer riefen Parolen gegen die AfD und warnten vor Faschismus und Rassismus. Am Samstag hatte es zum Teil gewaltsame Ausschreitungen bei den Anti-AfD-Kundgebungen gegeben. Die Polizei sprach von einem schwer verletzten und 27 leicht verletzten Beamten. Die Nacht zu Sonntag verlief nach Polizeiangaben ruhig.

dpa/AFP (dni,mbe)