Der Schlauch eines Stethoskops bildet ein Herz
Mehr Untersuchungen und Medikamente: Gesundheitsminister Karl Lauterbach will mit neuem Gesetz Herzerkrankungen vorbeugen. Bildrechte: Colourbox.de

Vorsorge Regierung beschließt Gesetzentwurf für bessere Herzgesundheit

28. August 2024, 15:41 Uhr

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung die Früherkennung und Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessern. Der Entwurf zum so genannten "Gesundes-Herz-Gesetz" wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen künftig von den Krankenkassen zu Untersuchungen zur Früherkennung eingeladen werden. Die gesetzlichen Krankenkassen befürchten dadurch Mehrkosten in Höhe von 3,8 Milliarden Euro.

Neue Angebote zur Vorbeugung mit regelmäßigen Checks sollen nach Plänen der Bundesregierung mehr Herzerkrankungen in Deutschland vermeiden. Das Kabinett brachte einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf den Weg, der dafür zusätzliche Möglichkeiten zur Vorsorge und Früherkennung auf Kassenkosten vorsieht. "Wir müssen die Gesundheit der Herzen besser schützen", sagte der SPD-Politiker. Deutschland habe ein Problem mit zu vielen Herztoten.

Dafür sollten die Menschen ihren Lebenswandel anpassen, sich mehr bewegen und sich bewusster ernähren. Genauso wichtig, so Lauterbach, sei es aber auch, dass vererbte Risikofaktoren früher erkannt und besser bekämpft werden. Dafür würden mit dem "Gesundes-Herz-Gesetz" die Grundlagen geschaffen. "Mit diesem Gesetz können wir die Lebenserwartung und die Lebensqualität in Deutschland deutlich verbessern", betonte der Minister.

Checks für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Konkret sollen Jugendliche von 12 bis 14 Jahren und Erwachsene in bestimmten Altersabständen von den Kassen zu Laboruntersuchungen und Analysen von Risikofaktoren zur Früherkennung eingeladen werden. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen soll dabei eine Fettstoffwechselerkrankung rechtzeitig erkannt werden. Mit der Einladung zu den Untersuchungen wird zudem ein Gutschein für eine Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren in Apotheken verschickt – unter anderem um Apotheken verstärkt einzubinden. 

Bestehende Gesundheitsuntersuchungen sollen um Check-ups für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erweitert werden, und zwar im Alter von 25, 40 und 50 Jahren. Zur Vorbeugung von schweren Erkrankungen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen sollen Ärzte darüber hinaus frühzeitiger Cholesterinsenker, so genannte Statine, verordnen können. Weiter geplant ist, dass gesetzlich Versicherte künftig einen Anspruch auf Medikamente zur Tabakentwöhnung haben.

Kritik: Gesetz ist unwirksam und zu teuer

Die gesetzlichen Krankenkassen haben scharfe Kritik an dem neuen Gesetz geübt. "Die vorgesehenen Maßnahmen verbessern nicht die Herzgesundheit, sondern verschärfen nur die ohnehin prekäre Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung", warnte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann. Die Koalition müsse das Gesetz "komplett einstampfen". Die AOK-Vorsitzende kritisierte insbesondere das im Gesetz vorgesehene flächendeckende Screening von Kindern und Jugendlichen zur Früherkennung von Fettstoffwechselstörungen. Der wissenschaftliche Nutzen eines solchen allgemeinen Screenings sei "nicht belegbar", der Aufwand dafür sei hoch. Die Ausweitung des Screenings könne pro Jahr Zusatzkosten in Höhe von 3,8 Milliarden Euro verursachen. Die im Gesetzentwurf aufgeführten Einsparpotenziale seien "unseriös, da keine Wirksamkeitsbelege für die geplanten Maßnahmen vorliegen", kritisierte sie.

Das Gesetz sei "der falsche Weg", findet auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dem Entwurf würden "die über Jahre mit Beitragsgeldern der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebauten Präventionsstrukturen in Deutschland gefährdet".

Auch der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, kritisiert die Pläne. Dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" sagte er, mehr Medikamente und Check-ups schon für Kinder seien Aktionismus, aber keine Strategie, die Zivilisationserkrankung in den Griff zu bekommen. Statt über eine gesunde Ernährung aufzuklären, sollen Arzneimittel verordnet werden, beklagte er. Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels seien "keine Pfefferminzbonbons". Sie hätten vielen Wechsel- und Nebenwirkungen und könnten Muskelschmerzen, Leberschäden oder Diabetes verursachen.

Mehrere Risikofaktoren für Herzerkrankungen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache: Sie sind für rund ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich. An ihnen starben dem Statistischen Bundesamt zufolge 2023 rund 348.000 Menschen. Lauterbachs Ministerium verweist auf Studien, wonach bis zu 70 Prozent dieser Erkrankungen durch einen ungesunden Lebensstil – ungesunde Ernährung, wenig Bewegung, Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum – verursacht werden. Mit fast 57 Milliarden Euro verursachten Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Jahr 2020 zudem die höchsten Kosten für das Gesundheitssystem in Deutschland.

dpa, AFP (das)

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. August 2024 | 13:05 Uhr

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