Generaldebatte im Bundestag Merz schließt Zusammenarbeit mit Ampel-Koalition komplett aus
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31. Januar 2024, 21:30 Uhr
Am Mittwoch kommen die Parteien zur Generaldebatte im Bundestag zusammen. Eigentlich soll es vor allem um den Bundeshaushalt 2024 gehen, doch es geht vielmehr um die grundsätzliche Arbeit der Ampel-Regierung. Kanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz liefern sich einen heftigen Schlagabtausch.
- Bei der Generaldebatte im Bundestag liefern sich Olaf Scholz und Friedrich Merz ein heftiges Wortgefecht.
- Merz erteilt einer Reform der Schuldenbremse und der Zusammenarbeit mit der Ampel eine prinzipielle Absage.
- Scholz verteidigt die Politik und das Tempo der Ampel-Koalition.
Am Mittwoch sind die Regierung und die Opposition zu einer Generaldebatte zu den laufenden Haushaltsberatungen im Bundestag zusammengekommen. Es ist das erste Rededuell zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz seit dem Verfassungsgericht-Urteil, das die Haushaltsplanung der Ampel auf den Kopf gestellt hat. Während Merz einer Zusammenarbeit mit der Ampel eine prinzipielle Absage erteilt, wirft Scholz ihm vor, keine Perspektive für die Zukunft Deutschlands zu haben.
Merz schließt eine Zustimmung von CDU/CSU im Bundestag zu einer Reform der Schuldenbremse aus. "Damit können Sie nicht rechnen", sagte der Unionsfraktionschef in der Generaldebatte des Parlaments. Die Aufgaben, vor denen das Land stehe, könnten auch ohne weitere Schulden und ohne Steuererhöhungen gelöst werden. Da die Schuldenbremse Bestandteil des Grundgesetzes ist, kann eine Änderung nur mit Zweidrittel-Mehrheit des Bundestages beschlossen werden. Dazu wäre die Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf die Stimmen von CDU/CSU angewiesen.
Merz betonte zudem, die Union und die Ampel seien "in allen wesentlichen Fragen" unterschiedlicher Ansicht, und zwar "nicht im Detail, sondern im Grundsatz". Daher könne es keine Zusammenarbeit geben. Merz hat einem möglichen gemeinsamen Vorgehen mit der Ampel-Koalition eine prinzipielle Absage erteilt: "Bitte ersparen Sie sich und uns in Zukunft Ihre Aufrufe zur Zusammenarbeit", sagte der CDU-Vorsitzende.
Merz hielt der Ampel vor, die Wachstumsschwäche Deutschlands habe überwiegend strukturelle und von der Regierung verantwortete Gründe. "Fehlsteuerungen" gebe es etwa in der Sozial-, Energie- und Klimapolitik. So sei das Bürgergeld "das genaue Gegenteil von dem, was gebraucht werde, um die Leistungsbereitschaft wieder zu fördern". Die SPD sei zu einer "Partei der subventionierten Arbeitslosigkeit geworden und nicht mehr eine Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer".
Scholz verteidigt Beschäftigungspolitik
Scholz hingegen betrachtet die Beschäftigungspolitik seiner Koalition als vollen Erfolg. "Deutschland hat den höchsten Beschäftigungsstand in der Geschichte, den wir jemals verzeichnet haben", sagte der SPD-Politiker. Scholz lobte auch die Erhöhung des Mindestlohns. Die Einkommen jener, die wenig verdienten, seien verbessert worden, auch mithilfe von Wohngeld und Kindergelderhöhung sowie -zuschlag. Die Koalition habe mehrfach Steuern gesenkt und die arbeitende Mitte entlastet. Diesen Kurs wolle sie weiter verfolgen.
Außerdem hat er den grundsätzlichen Kurs der Ampel-Koalition verteidigt. Die Koalition habe zwei Jahre Tempo gemacht, wo Tempo notwendig gewesen sei, sagte der SPD-Politiker. Die Koalition sei dabei, all das aufzuarbeiten, was in Deutschland liegengeblieben sei: "Und es ist sehr viel liegengeblieben."
Mit Blick auf die CDU-geführten Vorgängerregierungen sagte der Kanzler, es habe keinen Ausbau der Stromnetze in Deutschland gegeben, der Ausbau der erneuerbaren Energien sei nicht vorangekommen, es hätten keine Investitionen in der Stahlindustrie, in der Halbleiterindustrie, in Batteriefabriken in Deutschland stattgefunden. Der Unionsfraktionschef hat laut Scholz nichts gelernt: "All die Wachstumsbremsen, die Sie für Deutschland gezogen haben, die wollen Sie wieder ziehen."
Erstmals griff der Kanzler Oppositionsführer Merz in einer Bundestagsdebatte auch mehrfach direkt und persönlich an. Scholz warf dem CDU-Chef etwa mangelnde Kenntnis vor, nachdem dieser Fortschritte bei einer Bezahlkarte für Asylbewerber eingefordert hatte.
Scholz und Merz loben Demonstrationen gegen Rechtsextremismus
Sowohl Scholz als auch Merz stellen sich hinter Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in vielen Städten. Scholz betonte, er sei sehr froh, dass so viele Bürgerinnen und Bürger über alle Parteigrenzen hinweg gemeinsam dagegen auf die Straßen gingen. An Merz gerichtet, sagte Scholz, ein anständiger Umgang miteinander sei gerade besonders wichtig: "Wir müssen als Demokraten zusammenstehen", forderte er. "Wir haben in Deutschland eine Aufgabe vor unserer Geschichte. Wir wollen als Demokratinnen und Demokraten zeigen, dass wir diesen Trend stoppen, und zwar gemeinsam."
Scholz knüpfte dabei an die Äußerungen der Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi bei der vorangegangenen Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Parlament an. "Wer schweigt, macht sich mitschuldig", zitierte Scholz die 91-Jährige.
AfD-Chefin Alice Weidel: "Regierung hasst Deutschland"
Geeint wurden Ampel-Koalition und Union aber durch die Rede von AfD-Chefin Alice Weidel, die der Regierung vorwarf, eine "Schneise der Verwüstung" durch Deutschland zu ziehen. "Es brennt in Deutschland. Und die Regierung aus überforderten Fehlbesetzungen und starrsinnigen Ideologen ist der Brandstifter", sagte sie. "Diese Regierung hasst Deutschland." Das ging selbst CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu weit. "Diese Regierung regiert schlecht, aber sie hasst dieses Land nicht", sagte er.
Weidel griff zudem die Journalisten des Recherchenetzwerks "Correctiv" an, die über das umstrittene Treffen in Potsdam berichtet hatten. Diese seien eine "Hilfsstasi" der Regierung nach dem Motto "Wird der Bürger unangenehm, bezeichne ihn als rechtsextrem." Fraktionschefin Britta Haßelmann, die als nächste Rednerin sprach, warf Weidel ihrerseits "Menschenfeindlichkeit, Gefährlichkeit, Verächtlichmachung der Demokratie und der demokratischen Institutionen" vor.
AFP/dpa/Reuters (jst)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 31. Januar 2024 | 13:30 Uhr