Gesetzesänderung aus 2020 Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge nur alle drei Jahre – das sagen Frauenärztinnen dazu
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15. Juli 2023, 05:00 Uhr
Gebärmutterhalskrebs entsteht fast immer durch bestimmte Virenarten, die sogenannten Humanen Papilloma Viren (HPV). Diese Viren werden beim Sex übertragen. Wichtig zur Krebsbehandlung ist neben der Impfung gegen HPV für junge Menschen die Früherkennung beim Frauenarzt. Und genau die wurde 2020 per Gesetz geändert.
- Das Gesetz zur Gebärmutterhalskrebsvorsorge wurde 2020 geändert. Frauen ab 35 Jahren bekommen seitdem nur noch alle drei Jahre einen Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs.
- Mit den geeigneten Vorsorgeuntersuchungen ließe sich eine Krebserkrankung des Gebärmutterhalses verhindern, sagt die Vorsitzende des Berufsverbands der Frauenärzte in Sachsen.
- Eine Auswertung, ob das Gesetz zur besseren Krebsvorsorge beiträgt, erfolgt frühestens 2026.
Der jährliche Gang zur Frauenarztpraxis gehört für viele Frauen, aber nicht für alle, zur Gesundheitsroutine. Je nach Alter erfolgen bei einem Besuch Untersuchungen zur Krebsvorsorge. Eine solche Früherkennungsmaßnahme ist der sogenannte Pap-Abstrich (Papanicolaou-Test) im Gebärmutterhals. Der Abstrich wird gemacht, um eventuelle Zellveränderungen im Gebärmutterhals nachzuweisen.
Gebärmutterhalskrebs durch Humanen Papilloma Viren
HPV-Infektionen sind sehr häufig und bleiben meist unbemerkt. Etwa 50 bis 80 von 100 Frauen infizieren sich mindestens einmal mit HPV, meist nach den ersten sexuellen Kontakten. Männer können sich ebenfalls mit HPV infizieren und die Viren übertragen.
In 90 von 100 Fällen bekämpft das körpereigene Abwehrsystem der Frauen die Viren erfolgreich, in den anderen Fällen überleben sie. Die Folge: Es bleibt eine andauernde Infektion zurück. Dann können an der Schleimhaut des Gebärmutterhalses Zellveränderungen entstehen, die sich im Laufe der die Zeit verschlimmern und zu Gebärmutterhalskrebs entwickeln können. Im Durchschnitt dauert dieser Vorgang sieben bis zehn Jahre.
Rund 1.600 Frauen sterben pro Jahr an Gebärmutterhalskrebs. Das sind 1,5 Prozent aller an einer Krebserkrankung gestorbenen Frauen. Zum Vergleich: Brustkrebs ist mit einem Anteil von 19 Prozent die häufigste Krebserkrankung mit Todesfolge bei Frauen.
Quelle: Statististisches Bundesamt, 2020.
Gesetzesänderung 2020
Vor drei Jahren gab es eine Änderung der Gebärmutterhals-Vorsorge per Gesetz. Nur noch alle drei Jahre – statt jährlich – wird ein Pap-Abstrich im Kombination mit einem HPV-Test bei Frauen ab 35 Jahren durchgeführt. Neu war, damals im Jahr 2020, dass die Einladungen zur Krebsfrüherkennung samt Informationsmaterial von den Krankenkassen an die Berechtigten per Post verschickt wurden.
Viele ihrer Patientinnen kämen tatsächlich mit den Briefen der Krankenkassen in die Praxis, sagt Dr. Cornelia Hösemann. Sie ist die Vorsitzende des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. in Sachsen. Die Inanspruchnahme von Krebsvorsorge-Untersuchungen habe sich seit dem Gesetz in ihrer Praxis aber nicht erhöht: "Ich würde vermuten, der Anteil derer, die den Abstrich für den Gebärmutterhals machen lassen, liegt bei 70 Prozent."
Aber: "Die Frauen, für die es sinnvoll wäre, sich untersuchen zu lassen, kommen oft gar nicht zur Vorsorge." Woran liegt das? "Es hat sich in der Bevölkerung noch nicht herumgesprochen, dass sich mit den geeigneten Vorsorgeuntersuchungen eine Krebserkrankung des Gebärmutterhalses verhindern lässt", sagt Hösemann.
Der jährliche Abstrich als IGeL-Leistung
HPV, also die Viren, die Krebs im Gebärmutterhals verursachen, können beim ungeschützten Sex sehr leicht übertragen werden. Bereits kleine Mengen virushaltiger Körperflüssigkeiten oder winzige Hautschüppchen reichen für eine Weitergabe aus, wenn sie auf verletzte Haut oder auf Schleimhäute gelangen. Wer sicher gehen will, überlegt deshalb vielleicht, den Abstrich als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) "dazuzubuchen". Der Test kostet dann 40 Euro oder mehr.
Kondome sind kein absoluter Schutz, reduzieren aber das Risiko der Übertragung.
Dr. Kristina Richardt ist seit über zehn Jahren Fachärztin für Gynäkologie und Geburthilfe. Sie sagt: "Ich rate nur Menschen mit wechselnden Geschlechtspartnern zu IGeL-Abstrichen, denn hier ist die Wahrscheinlichkeit einer Neuinfektion höher und damit auch das Risiko von Zellveränderungen im Intervall. Kondome sind kein absoluter Schutz, reduzieren aber das Risiko der Übertragung."
Richardt sagt über die Krebsvorsorge für Frauen: "Ich glaube, wir haben eine gute Vorsorge für Gebärmutterhalskrebs. Wer an der Früherkennung teilnimmt, ist bestens versorgt. Aufklärung, Motivation zur Früherkennung, Impfung und Prävention sind sicher die Grundpfeiler. Die Nachweisverfahren für die Viren sind sehr gut. Schwierig ist es aber, wenn Viren nachgewiesen werden und keine Zellveränderungen vorliegen."
Spezialsprechstunden bei auffälligen Werten
Diese Menschen würden mit der neuen Abklärung eher "pathologisiert", meint Richardt. In diesem Fall wird nach einem Jahr wieder ein Abstrich und ein Virentest gemacht. Meist blieben die Viren, sagt sie. Die Menschen müssen sich in einer Spezialsprechstunde vorstellen, um sicher ausschließen zu können, dass es nicht doch schon höhergradige Zellveränderungen gibt.
Diese Vorgehensweise ist unbequem für die Betroffenen: Sie bekommen nicht mehr alles aus einer Hand, müssen im Zweifel immer wieder zur Kontrolle und zur Spezialsprechstunde, die oftmals eben nicht in ihrer gewohnten Frauenarztpraxis stattfindet.
"Viele Kolleginnen und Kollegen haben die Untersuchungen zwar früher gemacht, die Zulassung ist aber sehr aufwendig. Diese Spezialsprechstunden werden sehr hoch vergütet und machen die neue Vorsorge teuer. Viel Wissen und Erfahrung darf nicht mehr angewandt werden", sagt die Frauenärztin. Sie verstehe, dass das für manche deprimierend sei.
Impfung gegen Krebs
Die ersten Auswertungen, ob das Programm zur Verbesserung der Gebärmutterhalskrebsvorsorge beigetragen hat, müssten Anfang des kommenden Jahres vorliegen, schreibt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV). Dr. Hösemann geht von einer aussagekräftgen Nachbetrachtung nach zwei Benachrichtigungswellen, also frühestens ab 2026, eher 2027, aus.
Cornelia Hösemann betont im Gespräch mit MDR AKTUELL, wie wichtig die Impfung gegen HPV-Viren (vor dem ersten Sex) sei: "Viel besser wäre es meiner Meinung nach gewesen, das viele Geld und den Aufwand in die Aufklärung zur Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs für junge Menschen von neun bis 18 Jahren zu investieren."
Sie erklärt weiter: "Es gibt leider viele, die sich bei Google statt bei Ärztinnen und Ärzten informieren." Die Beratung in der Praxis sei elementar wichtig und nicht zu ersetzen. Es müsse weiterhin über das Thema Gebärmutterhalskrebs, die HPV-Impfung und die Krebsvorsorgemöglichkeiten aufgeklärt werden.
Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen HPV für Kinder und Jugendliche in einem Alter von 9 bis einschließlich 14 Jahren. Nicht geimpfte Jugendliche können sich bis einschließlich 17 Jahren kostenlos nachimpfen lassen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. Juli 2023 | 07:30 Uhr
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