Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen und FDP-Parteivorsitzender, gibt nach einem Treffen seiner Fraktion mit Wirtschaftsverbänden im Reichstagsgebäude auf der Fraktionsebene des Bundestags eine Pressekonferenz.
FDP-Chef Christian Lindner (Archivbild) distanziert sich vom "D-Day"-Strategeipapier seiner Partei. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

"D-Day"-Strategiepapier Lindner will von "D-Day"-Papier nichts gewusst haben und schließt Rücktritt aus

30. November 2024, 12:23 Uhr

FDP-Chef Christian Lindner hat sich vom sogenannten "D-Day"-Strategiepapier der Liberalen zum Ausstieg aus der Ampel-Koalition distanziert. Zuvor hatte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai seinen Rücktritt erklärt. In dem internen Strategiepapier hatte die FDP mehrfach Begriffe wie "D-Day" oder "offene Feldschlacht" verwendet.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ist auf Distanz zum Strategiepapier der Liberalen für den Ausstieg aus der Ampel-Koalition gegangen. "Das öffentlich gewordene Papier des Genscher-Hauses war lediglich ein Entwurf", heißt es in einer Erklärung Lindners. Der scheidende Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann habe bestätigt, dass es auf Mitarbeiterebene erstellt und nur dort diskutiert worden sei. Er habe es "nicht zur Kenntnis genommen und hätte es auch nicht gebilligt", erklärte der FDP-Chef weiter.

Unabhängig davon bestätigte Lindner, dass es "angesichts des Streits in der Koalition und des Stillstands im Land notwendig" gewesen sei, "das mögliche Ausscheiden der FDP aus der Ampel zu durchdenken". Sein Vorschlag an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei aber gewesen, "als Koalition gemeinsam Neuwahlen herbeizuführen, wenn in der Sache keine Einigung mehr möglich ist".

Im ZDF-Interview am Freitagabend schloss Lindner selbst einen Rücktritt aus. Er habe seiner Partei das Angebot gemacht, sie als Spitzenkandidat "in die Bundestagswahl zu führen", sagte Lindner.

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai tritt zurück

Zuvor waren FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Reymann zurückgetreten. Sie reagierten damit auf das Bekanntwerden des sogenannten "D-Day"-Papiers. Darin hatte die FDP den Tag des Ausstiegs aus der Koalition mit SPD und Grünen entworfen und mehrfach als "D-Day" bezeichnet.

Was der Begriff "D-Day" eigentlich bedeutet

Der Begriff "D-Day" (engl. Decision Day, deutsch: Tag der Entscheidung) bezeichnet den Stichtag militärischer Operationen. Ein vergleichbarer deutscher Begriff ist "Tag X". In vielen Sprachen steht "D-Day" für den 6. Juni 1944 als dem Beginn der Landung alliierter Truppen (USA, Großbritannien, Kanada, Frankreich) in der Normandie im Zweiten Weltkrieg zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus.

Djir-Sarai erklärte, er habe "unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert". Dies sei nicht seine Absicht gewesen, da er "selbst keine Kenntnis von diesem Papier hatte". Dafür übernehme er die politische Verantwortung, "um Schaden von meiner Glaubwürdigkeit und der der FDP abzuwenden."

Noch am 18. November hatte Djir-Sarai Medienberichte, wonach der Begriff "D-Day" verwendet worden sei, noch zurückgewiesen. Nach der Veröffentlichung des Papiers hatte der 48-Jährige auch keinen Grund für einen Rücktritt gesehen. "Das Papier ist auf Ebene der Mitarbeiter entstanden. Niemand aus der Führung der FDP kannte das Papier", sagte er der "Welt".

Kemmerich sieht Djir-Sarai als Bauernopfer

Thomas Kemmerich
Kemmerich: Djir-Sarai ist "Bauernopfer". Bildrechte: IMAGO/Metodi Popow

Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich bezeichnete Djir-Sarai nach dessen Rücktritt als "Bauernopfer". Zugleich kritisierte er, dass keine zukunftsorientierte positive Kommunikationsstrategie vorhanden sei. Die Parteispitze forderte er zum Handeln auf. Die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte auf X die Wortwahl des Papiers. Diese sei "der Sache nicht dienlich, eine Verschriftlichung mit dieser Tonalität nicht nachvollziehbar". Die Auseinandersetzung mit möglichen Ausstiegsszenarien sei jedoch folgerichtig gewesen.

Die FDP-Bundesgeschäftsführung teilte in einer Pressemitteilung mit, man habe sich entschieden Transparenz herzustellen, um "falschen Eindrücken zum Charakter des Papiers vorzubeugen". Demnach habe FDP-Chef Lindner ein Koalitions-Aus auch öffentlich nicht ausgeschlossen, "falls es keine Verständigung auf eine Wirtschaftswende gibt".

SPD und Grüne kritisieren Wortwahl

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warf der FDP-Führung vor, die Öffentlichkeit wiederholt getäuscht zu haben und forderte eine Entschuldigung von Parteichef Christian Lindner. Es sei "zynisch", dass die FDP in dem Papier das Wort "D-Day" benutzt und den nachfolgenden Wahlkampf als "offene Feldschlacht" bezeichnet habe, sagte Miersch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Auch Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann kritisierte die Wortwahl des Papiers: "Ein Parlament ist kein Schlachtfeld, und das Ringen um die besten Ideen und Konzepte gehört zu unserer lebendigen Demokratie", teilte Haßelmann auf X mit.  "Diese FDP sollte keine Verantwortung für unser Land übernehmen."

Achtseitiges Strategiepapier zum Ampel-Aus

In dem am Donnerstag veröffentlichten achtseitigen Papier beschreibt die FDP mögliche Szenarien zum Ausstieg aus der Ampel-Regierung. Darin schreibt die Partei, dass der "ideale Zeitpunkt" für einen "avisierten Ausstieg" aus der Koalition zur Mitte der 45. Kalenderwoche zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte. Am 6. November kam es tatsächlich zum Koalitionsbruch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) FDP-Chef Lindner als Finanzminister entließ.

dpa/AFP(mbe,dni)

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 29. November 2024 | 06:30 Uhr

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