Zahlreiche Menschen nehmen mit Plakaten an der Demonstration eines Bündnisses «Wir sind die Brandmauer» für Demokratie und gegen Rechtsextremismus teil.
Zahlreiche Menschen nehmen mit Plakaten an der Demonstration eines Bündnisses "Wir sind die Brandmauer" für Demokratie und gegen Rechtsextremismus teil. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Berlin Mindestens 150.000 Menschen bei Demo gegen Rechtsextremismus in Berlin

03. Februar 2024, 22:23 Uhr

In Berlin haben mindestens 150.000 Menschen ein Zeichen für Demokratie gesetzt. Hinter der Aktion steht das Bündnis "Hand in Hand". Auch in Mitteldeutschland demonstrierten viele Tausende, etwa in Dresden und Halle.

  • Mehr als 150.000 Menschen sind in Berlin gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen, die Teilnehmer bildeten eine Menschenkette.
  • Aufgerufen hatte das Bündnis "Hand in Hand", zu dem etwa Sozialverbände, Gewerkschaften und kirchliche Einrichtungen gehören.
  • Auslöser der Proteste waren Recherchen des Medienhauses "Correctiv" über ein Treffen radikaler Rechter.
  • Auch in Dresden und anderen mitteldeutschen Städten protestierten zahlreiche Menschen für Demokratie.

Trotz Sprühregens haben sich deutlich mehr als die angekündigten 100.000 Menschen in Berlin zu einer Demonstration gegen die AfD und gegen Rechtsextremismus versammelt. Mehr als 150.000 Menschen seien aktuell vor Ort, schrieb die Polizei am Samstagnachmittag auf der Plattform X. Die Veranstalter sprachen von rund 300.000 Teilnehmern. Symbolisch bildeten Teilnehmer eine Menschenkette unter dem Motto "Wir sind die Brandmauer".

Viele der Sprechchöre und Plakate richteten sich gezielt gegen die AfD und deren Vertreter. Unter den Teilnehmern waren ältere Menschen ebenso wie Familien mit Kindern, aber zum Beispiel auch Fans von Hertha BSC. Angesichts der vielen Menschen vor Ort gaben Einsatzkräfte alle vorgesehenen Zusatzflächen in der Umgebung frei, damit sich die Menge verteilen konnte. 700 Polizisten waren laut einem Behördensprecher im Einsatz.

Bündnis "Hand in Hand" mit mehr als 1.800 Organisatoren

Hinter der Aktion steht ein Bündnis namens "Hand in Hand" mit mehr als 1.800 Organisationen. Dazu gehören unter anderem Sozial- und Umweltverbände, Gewerkschaften, migrantische Initiativen, Menschenrechtsorganisationen und kirchliche Einrichtungen. "Die Zivilgesellschaft gibt die Antwort, die uns politisch Verantwortliche bisher schulden. Rechten Forderungen, rechten Narrativen und rechter Politik muss entschieden entgegengetreten werden", sagte Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von Pro Asyl und Mitinitiator laut einer Mitteilung. "Wir alle, die hier heute gemeinsam auf die Straße gehen, wollen Gefährdungen unserer Demokratie abwenden", sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Defaa am Rande der Kundgebung. Auch die Caritas zählt zu den Mitinitiatoren der Kundgebung.

Politische Parteien zählen nicht zu den Organisatoren, allerdings nahmen viele Politiker an der Kundgebung teil. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), die ebenfalls unter den Teilnehmenden war, erklärte: "Auch dort, wo es richtig Mut kostet, gegen Demokratiefeinde auf die Straße zu gehen, gerade dort sind in den vergangenen Wochen so viele Menschen aufgestanden wie kaum zuvor – in Chemnitz, Jena oder Stralsund, und natürlich auch heute hier in Berlin."

Seit gut drei Wochen gehen überall in Deutschland immer wieder Zehntausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße, auch in vielen mitteldeutschen Groß- und Kleinstädten. Auslöser der Proteste war ein Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen hat. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

Zigtausende in Dresden auf der Straße

Auch in Dresden haben am Samstag Zigtausende für Demokratie und gegen Rechtsextremismus demonstriert. Rund 30.000 Menschen kamen nach Veranstalterangaben zusammen. "Heute stehen wir hier zusammen, um das zu verteidigen, was uns ausmacht und verbindet – gegen jedes Fremdheitsgefühl: Wir sind gleich, weil wir alle Menschenkinder sind", sagte der Bischof der evangelischen Landeskirche Tobias Bilz. Zu der Großkundgebung hatten über 120 Organisationen aufgerufen. Der AfD seine Stimme zu geben, bedeute, "Rechtsextreme und Rassisten wieder salonfähig zu machen", warnte ein Vertreter der Jüdischen Gemeinden unter Verweis auf die Geschichte. Es brauche den massenhaften Widerstand der Zivilgesellschaft, damit sich die Untaten des Nationalsozialismus nie wiederholten.

Jahrelang hatte sich auf dem prominenten Theaterplatz in der Altstadt die islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bewegung versammelt. Am vorletzten Januar-Wochenende waren dort bis zu 40.000 Menschen unter dem Slogan "Zusammen gegen Rechts" auf die Straße gegangen.

Proteste auch in Halle, Eisenach, Jena und Suhl

Auch in anderen mitteldeutschen Städten gab es Kundgebungen gegen Rechtsextremismus. In Halle versammelten sich nach Angaben der Polizei rund 1.300 Menschen auf dem Marktplatz und bildeten eine Menschenkette. Sie demonstrierten auch für eine bessere Bildungs- und Integrationspolitik, wie die Polizei mitteilte. Im thüringischen Eisenach protestierten rund 1.200 Menschen gegen Rechtsextremismus. Sie zogen vom Marktplatz zum Karlsplatz und zurück, wie die Stadtverwaltung in Eisenach mitteilte. An der Demonstration nahm auch Oberbürgermeisterin Katja Wolf (BSW) teil. In Jena versammelten sich laut Polizei rund 4.000 Menschen, in Suhl 2.500.

dpa/afp/epd (mze)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. Februar 2024 | 16:00 Uhr

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