Parteilogo bei dem AfD-Bundesparteitag
Aus Sicht des Juristen Kyrill-Alexander Schwarz hat es sich bei dem Treffen in Potsdam nicht um eine private Veranstaltung gehandelt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Carsten Koall

Jurist zu "Correctiv"-Recherche AfD-Politiker können sich nach Geheimtreffen nicht auf Privatssphäre berufen

23. Januar 2024, 15:15 Uhr

Politiker von AfD und CDU treffen sich mit Rechtsradikalen und sprechen über Pläne, Millionen von Menschen ausländischer Herkunft aus dem Land zu zwingen. Das hat das Recherchenetzwerk "Correctiv" aufgedeckt. Die AfD geht in Verteidigungshaltung. Sie argumentiert, dass die Anwesenden als Privatpersonen teilgenommen haben. Doch wann sind Politiker rein privat unterwegs und wann nicht?

Wenn sich Olaf Scholz und Christian Lindner über ihre liebsten Eissorten austauschen oder wenn Robert Habeck Friedrich Merz per Brief ein Kompliment für dessen Krawatte macht, dann sind diese Informationen geschützt – durch das Recht auf Privatsphäre, das Briefgeheimnis, das Mediengeheimnis.

Ganz anders sieht das bei dem Treffen in Potsdam aus, erklärt Kyrill-Alexander Schwarz, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Würzburg. "Gerade bei einem politisch motivierten Gesprächskreis ist es natürlich irgendwie denkbar absurd zu behaupten, es handele sich dabei um ein privates Zusammentreffen."

AfD will Geheimtreffen herunterspielen

Der Schutz der Privatsphäre werde hier nur vorgeschoben, tatsächlich sei das Interesse, etwas Konspiratives geheimzuhalten. So ordnet das auch der Politikwissenschaftler Oliver Lembcke von der Ruhr-Universität Bochum ein. Die AfD versucht sich zu schützen, sagt er.

"Zuvor war man von einem Umfragehoch zum nächsten gesegelt, und jetzt ist man Fokus eines Delegitimierungsprozesses. Die Zivilgesellschaft empört sich und wendet sich jetzt ab oder macht jedenfalls Druck dagegen." Die AfD nutze die Behauptung, dass es sich um ein privates Treffen handele auch, um einem Parteiverbot zu entgehen. Man wappne sich mit der Aussage, dass es nicht repräsentativ sei für die Partei, erklärt Lembcke weiter.

Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen. 5 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Jens Kalaene

Die AfD versuche jetzt, die Sache herunterzuspielen und davon abzulenken. Deshalb – und weil die Sachlage so klar sei – wäre es für sie auch eine denkbar schlechte Idee, einen Rechtsstreit gegen das Recherchenetzwerk Correctiv anzufangen, da sind sich der Jurist und der Politikwissenschaftler einig.

Politiker sind Personen der Öffentlichkeit

Bei dem Treffen in Potsdam war auch Ulrich Siegmund, Co-Fraktionsvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt, dabei. Auch er angeblich als Privatperson. Vor dem Ältestenrat hat er das inzwischen so ausgeführt: Er sei nicht im Auftrag von jemandem dort gewesen und die Einladung sei direkt an ihn persönlich gegangen. Allerdings sei ihm durchaus bewusst, dass er das nicht von seiner Funktion trennen könne.

Auf die Privatsphäre zu pochen, wenn es brenzlig wird – das ist kein neues Muster in der Politik. Gebracht habe es aber noch nie etwas, sagt Politikwissenschaftler Lembcke.

"Politiker sind immer Politiker, es gibt keinen "Von-9-Bis-17-Uhr-Politiker". Es mag eine zulässige Schonfrist geben in den ersten 50 oder 100 Tagen. Aber wenn man in der Politik ist, da muss man es auch aushalten, dass man von allen Seiten ständig beobachtet wird."

Das gelte auch aus rechtlicher Sicht, erläutert Jurist Schwarz. Allerdings ist die Trennung zwischen privat und öffentlich nicht immer so einfach wie in diesem Fall. Wo fängt der Schutz der Privatsphäre wirklich an? Das sei auch in der Rechtsprechung eine Grauzone.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 22. Januar 2024 | 06:08 Uhr

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