Auf dem Balkon der Mieter Kathrin Kother (v.l.) und Swen Bruske in Taucha stehen Wolfram Günther (Grüne), Umweltminister in Sachsen, Franziska Schubert, Fraktionsvorsitzende der Grünen im sächsischen Landtag, und Daniel Näser, Sächsische Aufbaubank.
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Bundestagsbeschluss Mieter haben künftig einen Anspruch auf Balkonkraftwerke

11. Juli 2024, 21:55 Uhr

Man sieht sie auf Dächern, Fassaden oder an Balkonwänden: Kleine Solar-Anlagen oder Balkonkraftwerke. Mieter wollen mit ihnen eigenen Strom produzieren, dabei Geld sparen und das Klima schützen. Doch nicht jeder Vermieter oder Eigentümer stimmt der Anbringung der Mini-Solaranlage zu. Ein Bundestagsbeschluss soll nun die Hürden für Balkonkraftwerke abbauen. Das Gesetz muss jedoch noch den Bundesrat passieren.

Lina Bartnik
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Mieter haben künftig einen Anspruch darauf, ein Balkonkraftwerk anbringen zu dürfen. Der Bundestag verabschiedete letzte Woche eine Gesetzesänderung des Miet- und im Wohnungseigentumsrechts, der dies ermöglicht. Diese soll die Anbringung von den sogenannten Steckersolargeräten erleichtern. Das Gesetz muss jedoch noch den Bundesrat passieren.

Bundestag genehmigt Balkonkraftwerke für alle

Mit der geplanten Reform sollen Balkonkraftwerke als privilegierte Maßnahme im Mietrecht verankert werden. Damit werden die sogenannten Steckersolargeräte in den Katalog jener baulichen Veränderungen aufgenommen, auf deren Genehmigung die Mieter einen rechtlichen Anspruch haben. 

Privilegierte Maßnahme Privilegierte Maßnahmen sind bauliche Veränderungen, die von Vermietern und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nicht einfach blockiert werden können - etwa Umbauten für Barrierefreiheit oder Einbruchschutz.

Vermieter können den Wunsch dann nur noch in Ausnahmefällen ablehnen. Bislang brauchen Mieter die ausdrückliche Zustimmung ihres Vermieters beziehungsweise die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft. Diese kann bisher ohne sachlichen Grund verweigert werden.

Balkonkraftwerke boomen in Deutschland

Balkonkraftwerke sind immer beliebter. Neuesten Daten der Bundesnetzagentur zufolge überschritt die Zahl der beim Marktstammdatenregister (MaStR) registrierten Steckersolaranlagen am Netz im Juni die Marke von 500.000. Allein in den ersten sechs Monaten 2024 waren es mehr als 200.000 angemeldete Anlagen.

Das ist ein gewaltiges Plus von über 50 Prozent zum bisherigen Rekordhalter, dem Jahr 2023. Hier wurden rund 270.000 Anlagen in Betrieb genommen. Ein großer Sprung zu 2022 mit rund 62.000 Anlagen. 2021 waren es 9.058 und 2020 rund 1.600 Mini-Kraftwerke.

Dabei dürfte die Dunkelziffer noch höher sein, da es eine mehrwöchige Nachmeldefrist gibt und manche Anlagen schlicht nicht angemeldet werden. Auch in Mitteldeutschland stieg die Zahl der Balkonkraftwerke.

Anzahl der Balkonkraftwerke in Mitteldeutschland steigt

Dem Thüringer Umwelt- und Energieministerium zufolge sind im Freistaat seit 2020 bis zum 8. Juli insgesamt 13.910 Balkonkraftwerkeanlagen mit einer Gesamtnettonennleistung von 8.840 kWp in Betrieb. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 6.051 Anlagen registriert.

Damit sind im Land 2024 schon nach sechs Monaten fast genauso viele neue Kraftwerke in Betrieb gegangen, wie im gesamten Vorjahr: Im Jahr 2023 wurden etwas mehr als 6.200 Balkonkraftwerke installiert. 2022 waren es noch 1.369 Anlagen, 2021 nur 228 und 2020 lediglich 32. Derzeit befinden sich 412 Anlagen in Planung.

In Sachsen-Anhalt wurden seit 2020 bis Anfang Juli 2024 insgesamt 14.389 steckerfertige Solaranlagen in Betrieb genommen. Davon allein im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 6.500 Anlagen. Weitere 475 Anlagen sind der Energieagentur des Landes (LENA) zufolge in Planung. Auch hier ist eine deutliche Steigerung zu den Vorjahren erkennbar. 2023 waren es rund 6.000 Anlagen, 2022 rund 1.580 Anlagen und 244 Kraftwerke für 2021. Im Jahr 2020 waren lediglich 46 Anlagen in Betrieb.

In Sachsen wurden im ersten Halbjahr 2024 bereits rund 10.500 Anlagen in Betrieb genommen. 2023 wurden mehr als 20.700 Anlagen angemeldet. 2023 war das Land im Verhältnis zur Einwohnerzahl sogar deutschlandweit Spitzenreiter beim Zubau von Balkonkraftwerken. 2022 waren es 3.335, 2021 nur 505 und 2020 lediglich 70. Insgesamt wurden im Zeitraum von 2020 bis 2024 rund 35.200 Balkonkraftwerke angemeldet.

Tipps rund um die Anschaffung und Installation eines Balkonkraftwerkes

Braucht man eine Erlaubnis des Vermieters oder Eigentümers?

Durch den Beschluss des Bundestages ist eine offizielle Genehmigung vom Vermieter theoretisch nicht notwendig. Zwar sollen Vermieter und die WEG immer noch ein Mitspracherecht besitzen, wenn es darum geht, wie genau ein Steckersolargerät am Haus angebracht wird. Ob so eine Anlage überhaupt installiert werden darf, wäre dann aber nicht mehr grundsätzlich strittig. Jedoch muss der Beschluss den Bundesrat passieren.

Ist eine Installation trotz Denkmalschutz möglich?

Die Installation an einem denkmalgeschützten Gebäude ist nicht ganz unkompliziert. Laut LENA-Sprecher wird aufgrund der juristischen Zuständigkeit im Einzelfall durch den Gebäudeeigentümer mit der zuständigen Denkmalbehörde entschieden. Das bestätigt auch der Landeskonservator des thüringischen Landesamts für Denkmalpflege. MDR AKTUELL sagte er, dass hierbei der Einfluss auf die denkmalkonstituierenden Eigenschaften ausschlaggebend ist. Dies werde stets entsprechend der rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft.

Grundlage stelle hierfür das EEG §2 sowie dem 1 Thüringer Denkmalschutzgesetz (ThürDSchG). Da die Installation von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen Kulturdenkmale oder Teile umgestaltet und in ihrem äußeren Erscheinungsbild verändert, "bedarf jede Anbringung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis." Das gilt vor allem, wenn das ästhetische Erscheinungsbild des Kulturdenkmals gravierend verändert bzw. beeinflusst wird.

Die Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern hat sich bei der Regelung auf einheitliche Kriterien geeinigt.

Wo und wie müssen Balkonkraftwerke angemeldet werden?

Die Anmeldung eines Balkonkraftwerkes ist verpflichtend. Es ist relativ einfach digital möglich. Eine Online-Anmeldung im Marktstammregister der Bundesnetzagentur ist mittlerweile ausreichend. Die zuvor notwendige Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt komplett. Neben Personendaten müssen folgende Fakten angegeben werden:

  • Leistung der Module
  • Leistung des Wechselrichters
  • Standort
  • Inbetriebnahmedatum und Stromzählernummer


Ohne Anmeldung im Marktstammdatenregister kann ein Bußgeld drohen.

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Wie viele Solarmodule dürfen installiert werden?

Momentan darf der Mieter Solarmodule mit einer Leistungsobergrenze bis 600 Watt installieren. Das kann auf mehrere Module aufgeteilt sein. Die Grenze soll auf 800 Watt mit Wechselrichterleistung angehoben werden. Allerdings muss der Verband Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) dem noch zustimmen und eine entsprechende Norm schaffen. Diese wird bis zum Ende dieses Jahres erwartet. Jedoch sind Änderungen gegenüber dem Entwurf noch möglich.

Balkonkraftwerke, deren Wechselrichter grundsätzlich 800 Watt Leistung haben, sind bislang noch auf 600 Watt gedrosselt.

Laut Bundesregierung ist zudem vorgesehen, dass Balkonkraftwerke künftig über eine normale Steckdose ans Stromnetz angeschlossen werden können. Auch das ist bislang noch Zukunftsmusik. "Hierzu muss noch eine Norm mit den Verbänden erarbeitet werden", so die Bundesregierung zu den Plänen auf ihrer Homepage. "Ein Balkonkraftwerk darf nach den aktuell gültigen Regeln nicht an eine herkömmliche Haushaltssteckdose angeschlossen werden."

Es gibt zwei Möglichkeiten: Ein Anschluss ist entweder mit einer Energiesteckvorrichtung erlaubt, für die eine spezielle Energiesteckdose vorhanden sein muss, oder eine Elektrofachkraft muss das Balkonkraftwerk direkt verdrahten", erklärt der VDE." Die Anlagen können nun auch mit alten Stromzählern (Ferraris-Zähler) in Betrieb genommen werden, wenn sie noch keine Rückwärtslaufsperre besitzen.

Wo kann das Mini-Kraftwerk installiert werden?

Der Ort für ein Balkonkraftwerk ist für die Gesamtleistung der Mini-Solaranlage entscheidend. So sollte es möglichst wenig im Schatten liegen und die einzelnen Solarmodule müssen im richtigen Neigungswinkel ausgerichtet sein.

Die Anlage muss nicht unbedingt auf einem Dach installiert werden. Ein Südbalkon ist ideal, bei einer Ost- und Westausrichtung lohnt sich die Anschaffung auch, beim Nordbalkon nicht. Denkbar ist jeder Ort, der genug Sonne abbekommt und an dem eine sichere Befestigung möglich ist. Das können Terrassen, Außenwandflächen, Garten, Garagen oder ein Carport sein.

Ungeeignete Orte sind unter anderem hinter der Balkonbrüstung in der Balkonnische, an der Wand unter dem Balkon des darüber liegenden Stockwerks, Schattenplätze oder Flächen mit Ausrichtung zwischen Nordost und Nordwest.

Was kostet ein Balkonkraftwerk?

Die Kosten liegen zwischen 500 und etwa 1.000 Euro pro Anlage. Günstige 300-Watt-Anlagen kosten um die 400 Euro, für 600 Watt muss man 600 Euro oder mehr zahlen. Der Preis hängt vor allem davon ab, ob die Pakete mit einem oder zwei Modulen ausgestattet sind.

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Man sollte auch darauf achten, welche Befestigungsmaterialien schon enthalten sind. Komplettpakete mit Standard-Modulen können im Handel und Online erworben werden. Diese wiegen etwa 20 Kilogramm, sind mit Steckern, Leitungen, Wechselrichter sowie Montagematerial ausgestattet.

Lohnt es sich?

Balkonkraftwerke sind eine einfache Möglichkeit für Mieter sowie Eigentümer und Vermieter einen Teil ihres Stroms selbst zu produzieren und zum Umweltschutz beizutragen. Wie eine Beispielrechnung der Thüringer Energieagentur ThEGA zeigt, können bei einer 600 Watt-Anlage Stromkosten von etwa 190 Euro im Jahr eingespart werden. Durch die überschaubaren Anschaffungskosten können sich Balkonkraftwerke bereits nach wenigen Jahren finanziell rentieren. Sie lohnt sich daher vor allem für das individuelle Stromnutzungsverhalten beispielsweise von Haushaltsgeräten.

Viele Bundesländer, darunter auch Mitteldeutschland, fördert die Installation von Mini-Solaranlagen. Dadurch verkürzt sich die Amortisationszeit (Betriebsdauer von drei – sechs Jahren) entsprechend zusätzlich.

Zudem sind Module seit 1. Januar 2023 von der Mehrwertsteuer befreit. Ein weiter Vorteil ist Langlebigkeit von bis zu 25 Jahren.

Gibt es eine Förderung?

Eine bundesweite Förderung von Balkonkraftwerken gibt es derzeit nicht. Die Bundesregierung unterstützt die Anschaffung durch Erlass der Mehrwertsteuer.

Die Förderung in Sachsen erfolgt dem Energieministerium zufolge pauschaliert. Das Land fördert seit August 2023 die Anschaffung von Balkonkraftwerken mit einmalig 300 Euro. Anträge können Bürger mit Erstwohnsitz in Sachsen bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) stellen. Dafür muss die Anlage nicht nur gekauft, sondern auch erfolgreich in Betrieb genommen worden sein.

In Thüringen fördern vereinzelt Kommunen und Städte die Anschaffung eines Mini-Kraftwerkes. Der ThEGA zufolge startete die Stadt Jena ein Förderprogramm für Balkon-PV in Höhe von 50.000 Euro. Der Umfang der jeweiligen Förderung richtet sich nach der Bedürftigkeit der Antragsstellenden. In der Gemeinde Dornheim aus dem Ilm-Kreis können Bürger 500 Euro-Zuschuss erhalten.

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In Sachsen-Anhalt existiert eine Förderung durch Zuschüsse laut Landesenergieagentur nicht.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 10. Juli 2024 | 09:11 Uhr

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