Solaranlagen Balkonkraftwerk-Zuschuss: Warum ist der Antrag in Sachsen so kompliziert?
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07. September 2023, 07:00 Uhr
Das Umweltministerium in Sachsen will den Ausbau von Solaranlagen vorantreiben und hat deshalb ein Förderprogramm für Balkonkraftwerke aufgelegt. Eigentümer oder Mieter können einmalig einen Zuschuss von 300 Euro beantragen. Das Interesse am Fördertopf ist groß. Doch die Beantragung ist kompliziert und überfordert viele Menschen, hat MDR SACHSEN festgestellt.
- Geduld, Nerven und Online-Kompetenz sind wichtig, um Antrag zu stellen.
- Antrag geht über App - die macht Probleme, weiß auch die Sächsische Aufbaubank.
- Lange Liste mit Voraussetzungen für das Fördergeld.
Wer für ein Balkonkraftwerk in Sachsen die 300 Euro Zuschuss beantragt, braucht Geduld und Nerven. Das berichten uns Nutzerinnen und Nutzer, die schon so einen Antrag bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) gestellt haben. Vor allem ältere Menschen kommen damit schwer zurecht. Eine 79 Jahre alte Frau, die nicht genannt werden will*, hat seit vergangener Woche mehrfach versucht, ihren Antrag bei der SAB einzureichen und scheiterte immer wieder an der App für das Legitimationsverfahren.
Sohn darf bei Authentifizierung nicht helfen
Auch ihr Sohn* durfte ihr beim komplizierten Verfahren nicht helfen. "Ich verstehe nicht, warum da kein Zweiter dabei sein darf", ärgert sich die Seniorin. Hinzu komme, dass die Mitarbeiter oft nur schlecht Deutsch sprächen und deshalb schwer verständlich seien. Die Frau hat inzwischen aufgegeben, nachdem sie etwa vier Stunden Zeit und Nerven investiert habe. "Das ist mir zu kompliziert." Jetzt will sie an Umweltminister Wolfram Günther schreiben und fragen, warum das nicht einfacher geht.
Ich verstehe nicht, warum da kein Zweiter dabei sein darf.
SAB: App von Verimi mit "Kinderkrankheiten"
Dass das Legitimationsverfahren über die App des Dienstleisters Verimi Schwierigkeiten bereitet, räumt auch SAB-Sprecher Volker Stößel ein. Man arbeite daran, dies zu verbessern, teilte er auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Inzwischen könne man auch Anträge in dem Verfahren stellen, wenn keine verifizierte Telefonnummer hinterlegt wurde.
"Zudem konnten Fehlerquellen beim Legitimationsverfahren im Zusammenhang mit sehr langen Ortsbezeichnungen oder dem Auftreten des Buchstabens 'ß' beseitigt werden." Auch ein zeitweise fehlerhaftes Verhalten im Signierprozess sei behoben worden. Die SAB arbeite zudem daran, eine weitere Identifikationsmethode über die BankID zu ermöglichen.
Zudem konnten Fehlerquellen beim Legitimationsverfahren im Zusammenhang mit sehr langen Ortsbezeichnungen oder dem Auftreten des Buchstabens "ß" beseitigt werden.
Mittlerweile hat die Förderbank die Hinweise zur Antragstellung aktualisiert und weist auf mögliche Hürden bei dem Verfahren hin.
Lange Liste von Voraussetzungen für Zuschuss
Doch die Verimi-App ist nicht die einzige bürokratische Hürde, die man für einen Solaranlagen-Zuschuss nehmen muss: Zunächst darf die "Stecker-PV-Anlage" nicht vor dem 22. Juni 2023 bestellt worden sein. Sie muss aber bei Beantragung schon installiert sein. Außerdem muss sie beim Netzbetreiber und im Markstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert werden. Die Belege dafür müssen vorliegen. Will ein Mieter ein Balkonkraftwerk beantragen, muss er außerdem die Genehmigung vom Eigentümer oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einholen.
Große Nachfrage - Fördertopf aber noch voll
Hinzu kommt, dass die Beantragung nur online möglich ist. Die Aufbaubank begründet das damit, man wolle ein "schlankes Verfahren für die Förderung" anbieten. "Das reduziert den Verwaltungsaufwand und damit -kosten, die in der Höhe als Fördermittel zur Verfügung stehen können," so die SAB.
Immerhin haben es nach einer Woche schon rund 2.650 Menschen, vor allem Eigentümer von Wohnungen oder Häusern, geschafft, ihre Anträge einzureichen. "Mehr als 1.000 haben schon das Geld auf dem Konto", sagt SAB-Sprecher Volker Stößel. Die Leute seien positiv überrascht, dass dies so schnell gehe.
Mehr als 1.000 haben schon das Geld auf dem Konto.
Dass bei den Anträgen dennoch Luft nach oben ist, zeigt das Fördervolumen: 6,5 Millionen Euro hat das sächsische Umweltministerium für die Balkonkraftwerke bereitgestellt - für Eigentümer und Mieter jeweils die Hälfte. Mehr als 8.000 Anlagen könnten so noch für Eigentümer bewilligt werden und mehr als 9.000 für Mieter. Im Fördertopf für die kleinen Solaranlagen liegen noch fünf Millionen Euro.
Was ist ein Balkonkraftwerk?
- Ein Balkonkraftwerk besteht aus kleinen Solarmodulen, die auf dem Balkon angebracht werden können.
- Nach der Montage werden diese per Steckdose mit dem Stromnetz verbunden.
- Trifft Sonne auf die Anlage, wird Energie erzeugt, die direkt ins Hausnetz fließt. Die angeschlossenen Geräte ziehen zuerst den vom Balkonkraftwerk erzeugten Strom, dadurch verbrauchen Haushalte weniger vom Strom des Energieversorgers aus der Leitung.
Bund will Bürokratie-Hürden für Solaranlagen abbauen
Wer es etwas einfacher mag, muss sich noch etwas gedulden. Auch die Bundesregierung hat das Problem erkannt und ein Gesetz vorgelegt, das ab Januar weniger Bürokratie verspricht und das Verfahren vereinfachen soll. So fällt dann die Anmeldung beim Netzbetreiber weg. Und es müssen weniger Angaben im Marktstammdatenregister gemacht werden. Auch Balkonkraftwerke mit bis zu 800 Watt sind dann erlaubt. Bisher darf jeder mit einer solchen kleinen Solaranlage maximal 600 Watt Strom produzieren.
*Die Namen sind der Redaktion bekannt.
MDR (kbe)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 01. September 2023 | 19:00 Uhr