Debatte um Bürgergeld für Ukrainer Was ukrainische Flüchtlinge in Deutschland am Jobeinstieg hindert
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25. Juni 2024, 10:08 Uhr
Seit zwei Jahren bekommen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Bürgergeld. Das ist mehr Geld, als Geflüchtete nach dem sogenannten Asylbewerberleistungsgesetz bekommen. Die CSU im Bundestag hat nun gefordert, Ukrainer ohne Arbeit in Deutschland zurück in ihre Heimat zu schicken. Zuletzt hatten mehrere Länderinnenminister verlangt, kein Bürgergeld mehr an Ukrainer zu zahlen. Ist das Bürgergeld wirklich der Grund, dass Ukrainer in Deutschland nicht arbeiten?
- Die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine wollen in Deutschland nicht vom Bürgergeld abhängig sein, sondern arbeiten.
- Aus Sicht des Unternehmerverbands Thüringen ist ein Hindernis für den Jobeinsteig der Flüchtlinge vor allem Bürokratie.
- Menschen aus der Ukraine werden laut Unternehmerverbands Thüringen als Fachkräfte gebraucht.
Flüchtlinge aus der Ukraine erhalten in Deutschland Bürgergeld. 103 Euro mehr pro Monat bekommen Menschen mit Bürgergeld im Vergleich zu Flüchtlingen, die Asylbewerberleistungen beziehen. Sind es diese 103 Euro mehr, die Geflüchtete aus der Ukraine in der Sozialhilfe festhalten, wie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt es formuliert?
Studie: Fast alle ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland wollen arbeiten
Kseniia Gatskova aus dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung widerspricht: "Über 90 Prozent der Geflüchteten wollen einen Job in Deutschland haben." Das habe eine repräsentative Umfrage des Instituts ergeben. Doch 80 Prozent der erwachsenen Ukrainer in Deutschland seien Frauen, etwa die Hälfte mit Kindern und gezwungenermaßen ohne Partner.
Das bestätigt Rüdiger Erben, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt, etwa für seinen Heimatlandkreis, den Burgenlandkreis: "Da ist ja eine sehr große Zahl von ukrainischen Flüchtlingen in der Stadt Zeitz. Ich habe mich jüngst mit ihnen unterhalten, es waren ausschließlich Frauen. Und da kamen natürlich vor allem die Probleme, die die Kinderbetreuung betreffen, zur Sprache."
Diskussion um Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete ist "Phantom-Debatte"
Gerade alleinerziehende Mütter sind auf staatliche Betreuung angewiesen – für Sprachkurse und einen Job. Doch an Betreuungsplätzen in Krippen, Kindergärten und Horten fehle es in Deutschland, so das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung.
SPD-Politiker Erben hält die Debatte, ob das Bürgergeld Flüchtlinge aus der Ukraine ausbremst, sich um Arbeit zu bemühen, für eine Phantom-Debatte. Die Ukrainer seien mittlerweile so lange in Deutschland, dass sie sowieso längst Bürgergeld beziehen würden, sagt Erben.
Bürokratie erschwert Flüchtlingen den Jobeinstieg
Der Geschäftsführer des Unternehmerverbands Thüringen, Friedrich Schmitz, hält die Bürgergeld-Debatte für populistisch und erklärt sie sich mit den anstehenden Landtagswahlen. Er sieht das Problem in der deutschen Bürokratie. In Dänemark und in den Niederlanden sei ein wesentlich höherer Prozentsatz der Ukrainer bereits in Arbeit. "Die Anerkennung von entsprechenden Abschlüssen ist auch bei uns ein Thema", sagte Schmitz.
Schauen Sie sich Dänemark oder die Niederlande an. Da ist ein wesentlich höherer Prozentsatz der Ukrainer in Arbeit.
Die Anerkennung von Berufsabschlüssen ist häufig Aufgabe der Landesbehörden. Dafür müssen sich also die Landesregierungen an die eigene Nase fassen, sagt SPD-Politiker Rüdiger Erben.
Unternehmerverband Thüringen: Sind auf die Fachkräfte angewiesen
Friedrich Schmitz vom Unternehmerverband Thüringen unterstützt seit zwei Jahren selbst eine Ukrainerin dabei, in Arbeit zu kommen: "Wenn sich jeder die Mühe machen würde, einen Menschen, der aus den Kriegsgebieten kommt, in welcher Form auch immer zu betreuen – ich glaube, dann wären wir schon einen ganzen Schritt weiter." Das könnte alles beschleunigen. "Wir brauchen Fachkräfte hier in Deutschland", sagt Schmitz.
Deutsch lernen, den eigenen Abschluss anerkannt bekommen und die Bürokratie bewältigen – all das braucht Zeit und Unterstützung.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 25. Juni 2024 | 06:00 Uhr