Meinung von Kristin Schwietzer zur Landtagswahl Brandenburg - Dietmar Woidke, SPD
Die SPD hat in Brandenburg einen knappen Wahlsieg errungen. Doch was bedeutet das Ergebnis der Landtagswahl für die Ampel-Koaltition in Berlin? Bildrechte: Collage: picture alliance/ASSOCIATED PRESS|Markus Schreiber / ARD-Hauptstadtstudio/Reiner Freese

Nach Landtagswahl in Brandenburg Woidkes Sieg verschafft dem Kanzler eine Verschnaufpause

23. September 2024, 22:41 Uhr

Nach der Landtagswahl in Brandenburg schauen nun alle auf den Bund. Wieviel Rückenwind ist das tatsächlich für den Kanzler? In der FDP rumort es einmal mehr, die an der Basis und bei den eigenen Anhängern unbeliebte Ampel, schnellstens zu verlassen. Doch so einfach geht es nicht.

Dietmar Woidke ist der Sieger. Daran kann es keinen Zweifel geben. Die Entweder-Oder-Frage hat Brandenburgs Ministerpräsidenten einen Wahlsieg beschert. Der SPD im Bund dürfte das aber nur eine kurzfristige Verschnaufpause verschaffen. Woidkes Wahlsieg zeigt, dass die SPD mit einem starken Kandidaten Wahlen gewinnen kann. Allerdings in diesem Fall vor allem, weil die Bundes-SPD gar nicht anwesend war. Kanzler und SPD-Spitze waren in Brandenburg unerwünscht. Dazu ein zugespitzter Wahlkampf, in dem Woidke sich selbst in den Wind gestellt hat. Er oder die AfD – das Ergebnis ist denkbar knapp und macht es dem Ministerpräsidenten künftig nicht wirklich leicht.

Die AfD hat mit ihrem Ergebnis eine Sperrminorität im künftigen Parlament. Wann immer die Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament braucht – bei Änderungen der Landesverfassung etwa – kann die AfD das blockieren. Dazu kommen auf die SPD im Land schwierige Koalitionsverhandlungen zu, einzige Mehrheit, ohne AfD ist eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht. Die neu gegründete Partei startet auch hier durch. Eine Regierungsbeteiligung dürfte sich das BSW aber etwas kosten lassen.

Heißer Herbst in der Ampel

Und im Bund? Für Bundeskanzler Olaf Scholz heißt das erstmal durchatmen. Hektische Debatten über den Kanzlerkandidaten sind mit dem Wahlsieg von Woidke vorerst auf Eis gelegt. Doch lange dürfte es in der Ampel nicht ruhig bleiben. Die kleinen Partner schnappen nach Luft. Die Grünen sind raus aus dem Parlament. Die FDP hat es mal wieder nicht rein geschafft. Jetzt beginnt die Drohgebärde auf allen Seiten. Wenn nicht, dann… FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht von einem Herbst der Entscheidungen.

FDP-Chef Christian Lindner nennt die Bedingungen: erkennbare Verbesserungen der Wirtschaftslage in Deutschland und einen Haushalt, der sich streng an die Schuldenbremse hält. Die Vorgabe heißt Sparen. Und drittens solle die Migrationsfrage schnellstens im Sinne der FDP gelöst werden. Die Antwort kommt prompt aus der SPD. Parteichef Lars Klingbeil appelliert an die gemeinsame Verantwortung. Er hoffe, dass niemandem auf den letzten Metern die Puste ausgehe.

Wie lange hält die Koalition?

Raus aus der Ampel – daran haben SPD und Grüne kein Interesse. Die Grünen können sich selbst bei der schlechtesten Performance im Bund auf ihre Kernwählerschaft verlassen. Das Thema Klimaschutz bleibt ein Alleinstellungsmerkmal der Grünen. Die SPD steht schlecht da. Aber auch hier weiß man um eine gewisse Wählerschaft. Ganz fallen können auch die Sozialdemokraten nicht.

Nur die FDP braucht einen wirtschaftsstarken Partner. Die Überlegung, aus der Ampel auszutreten, ist nachvollziehbar, aber schwierig. Dafür bräuchten die Freien Demokraten schon einen treffenden Grund, um nicht am Ende von den Wählern erst recht abgestraft zu werden. Die Frage ist, ob SPD und Grüne den auch liefern werden. Und so bleibt das von Kubicki ausgerufene Herbst-Ultimatum vorerst eine Drohgebärde. Die allerdings sollten die Koalitionspartner ernst nehmen. Eine einmal mehr mit sich ringende Ampel-Koalition dürfte vor der Bundestagswahl keiner Ampel-Partei wirklich helfen.

Schlechter Start für Merz

Der heute frisch gekürte Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, hätte sich wohl auch einen besseren Start gewünscht. Das Ergebnis in Brandenburg hat dem CDU-Chef die Freude über seine Kanzlerkandidatur leicht verhagelt. Die Zuspitzung auf Woidke und die AfD hat der CDU in Brandenburg den Wind aus den Segeln genommen. Denn zwischendurch war man in den Umfragen schon mal auf Augenhöhe mit der SPD. Doch am Ende war der Kandidat nicht stark genug.

Dazu gab es am Montag in der Parteispitze einiges zu besprechen. Dass sich der sächsische Ministerpräsident, Michael Kretschmer, in einem Doppelinterview mit Dietmar Woidke in der FAZ wohlwollend für eine weitere Amtszeit des SPD-Ministerpräsidenten ausgesprochen hatte, kam im engsten Führungskreis der Partei nicht gut an. Wunden lecken bei der CDU. Lange dürfte das aber kaum dauern. Hier fokussieren sich jetzt alle auf den Bundestagswahlkampf und auf die Frage, wie sich die SPD dafür aufstellt. Das wollen die Sozialdemokraten auf ihrer Klausur im Oktober klären.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. September 2024 | 16:11 Uhr

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