Bericht Bildungsstätte warnt vor Flut rechter Inhalte bei TikTok
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04. Juni 2024, 19:27 Uhr
Der Hausfrauen-Trend wie #Tradwife oder Fotos, die mit verbotenen SS-Parolen untermalt werden: Immer mehr TikTok-Inhalte werden mit rechten Inhalten versehen. Das zeigt eine Studie der Bildungsstätte Anne Frank. Demnach nutzen rechtsextreme Akteure und viele AfD-Politiker TikTok, um dort ihre Inhalte für junge Menschen zu platzieren. Die Bildungsstätte appelliert anderen Parteien, ihre TikTok-Aktivitäten zu verstärken, um diesen Inhalten keinen Platz zu geben.
Die Bildungsstätte Anne Frank ruft die demokratischen Parteien angesichts vermehrter rechtspopulistischer und rechtsextremer Inhalte auf der Videoplattform TikTok zum Handeln auf. Wie die Direktorin der Bildungsstätte, Deborah Schnabel, am Dienstag in Frankfurt am Main, mitteilte, hat sich auf der Internetplattform ein mediales Paralleluniversum gebildet, das massiv rechtsextreme, menschenfeindliche, rassistische und antisemitische Inhalte verbreitet.
Besonders daran beteiligt ist die AfD. Einem Bericht der Bildungsstätte zufolge ist die Partei auf dem Jugendleitmedium unter den deutschen Parteien führend vertreten. Unter den zehn reichweitenstärksten Politikerkonten seien allein sechs von der AfD. Schnabel sagte, auf TikTok werde extrem rechtes Gedankengut dort als cool präsentiert. Demnach werde ein "Wir-gegen-die-Gefühl" vermittelt und mit der Grenze zu Verbotenem gespielt, was gerade bei Jugendlichen verfangen könne.
Die Bildungsstätte forderte die anderen Parteien auf, ihre TikTok-Aktivitäten zu verstärken. Ihr schwacher Auftritt vermittele den Eindruck, dass sich maßgeblich die AfD um die Belange junger Menschen kümmere. Soziale Plattformen spielten bei deren Meinungsbildung eine zentrale Rolle.
Bildungsstätte fordert mehr Medienkompetenz an Schulen
Erklärvideos und Bildungsinhalte auf TikTok zu stellen, reiche nicht aus. "Jugendliche wollen auch in ihren ästhetischen Haltungen respektiert und auf emotionaler Ebene angesprochen werden", sagte Schnabel. Hier müsse in der politischen Kommunikation umgedacht werden. Dabei dränge die Zeit, da sich die Trends und Plattformen rasch weiterentwickelten und sich dies mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz weiter beschleunige.
Schnabel appellierte daher an bessere Vermittlung der Medienkompetenz und politische Bildungsarbeit an Schulen. Zudem müssten TikTok und andere Plattformen zu einem wirksamen Vorgehen gegen rechte Inhalte verpflichtet werden. So habe die Bildungsstätte im Fall eines aus Emojis gebildeten Hakenkreuzes bei TikTok vergeblich die Löschung beantragt.
AfD nutzt TikTok für Extremismus und Parallel-Universum
Accounts der AfD oder aus dem Umfeld der Partei machten dabei immer wieder mit. Die Masse an rechtsextremen Inhalten sei überwältigend. Inhaltliches Querschnittsthema der Partei sei meist die Migration, während Europa trotz des Wahlkampfes kaum eine Rolle spiele. "Die AfD inszeniert sich auf TikTok als Kümmerer und Versteher der Jugend – darauf haben demokratische Parteien bislang noch keine guten Antworten gefunden", sagte Schnabel.
Die AfD-Chefin Alice Weidel gehöre gemeinsam mit weiteren AfD-Politikern zu den Top-5 der politischen Influencer. Allein Sahra Wagenknecht (BSW) könne mit mehr als 250.000 Fans auf Platz 2 mithalten. Mit mehr als 330.000 liege der sachsen-anhaltische AfD-Politiker Ulrich Siegmund auf dem ersten Platz. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert liege bei rund 11.000 Followern.
Rechte Inhalte auf TikTok
Ein am Dienstag vorgestellter Report der Bildungsstätte führt zahlreiche Beispiele für das Vorgehen rechter Akteure auf TikTok auf. Beispielsweise wird der Hausfrauen-Trend #Tradwife genutzt, um rechte Inhalte auszuspielen. Bei diesem Trend zeigen sich Frauen in 1950er-Outfits bei traditionellen Haushaltstätigkeiten. Außerdem werden Fotos mit verbotenen SS-Liedern untermalt.
dpa, KNA (lmb)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. Juni 2024 | 16:00 Uhr