Geschwindigkeitsbegrenzung Tempo 30 in den Städten – wann kommt der Durchbruch?
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10. Januar 2023, 14:19 Uhr
Die Stadt Leipzig richtet 40 neue Tempo-30-Abschnitte ein. Bislang gelten dafür hohe Hürden: Auf Hauptverkehrsstraßen muss die Maßnahme gut begründet sein. Eine Initiative will mehr rechtliche Beinfreiheit schaffen. Doch es gibt auch Zweifel: Der ADAC befürchtet, Tempo 30 könne zu unerwünschten Verkehrsverlagerungen führen und viele Wege verlängern.
- In Leipzig sollen bis Ende des Jahres 40 neue Tempo-30-Abschnitte entstehen.
- Fast 400 Kommunen wollen die hohen Hürden für die Einrichtung von 30er-Zonen nicht länger hinnehmen und organisieren sich in einer Initiative.
- Das Bundesverkehrsministerium zeigt keine Eile und verweist darauf, einen Beschluss der Verkehrsminister der Länder zu prüfen.
Die Stadt Leipzig will langsamer werden: 40 neue Abschnitte mit Tempo 30 für den Autoverkehr sollen noch in diesem Jahr entstehen. Baubürgermeister Thomas Dienberg macht Tempo bei der Entschleunigung: "Ich glaube, dass es für den Kfz-Verkehr auch was bringt, nämlich weniger Stress. Das hat auch positive Auswirkungen auf die Autofahrer. Aber es hat vor allem positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit derer, die keine Knautschzone haben, die nur einen Helm aufhaben oder als Fußgänger gar nichts haben."
Helsinki als Vorbild
Städte wie Helsinki zeigen, dass Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit die Zahl der schweren Unfälle deutlich verringert. Außerdem sinke die Lärm- und Schadstoffbelastung, erzählt Janna Aljets von der Denkfabrik Agora Verkehrswende: "Die Schadstoffbelastung geht vor allem dann zurück, wenn die Qualität des Verkehrsflusses beibehalten werden kann. Im Moment haben wir ja ein Stop-and-go und einen Schilderwald. Mal ist Tempo 30, dann 50. Mit Tempo 30 wäre natürlich ein gleichmäßigerer Verkehrsfluss gegeben."
In Wohngebieten gilt beinahe flächendeckend Tempo 30. Auf Hauptverkehrsstraßen aber muss die Maßnahme gut begründet sein: Kitas und Schulen sind gute Gründe, Unfallschwerpunkte und Lärmbelastung auch. Doch von der Erfassung des Lärms bis zur Anordnung von Tempo 30 dauert es mitunter Jahre, und die erforderlichen Gutachten sind teuer. Fast 400 Kommunen wollen die Hürden nicht länger hinnehmen und organisieren sich in der Initiative Lebenswerte Städte und Gemeinden.
Bundesverkehrsministerium zeigt keine Eile
Das Ziel der Initiative sei nicht, flächendeckend Tempo 30 statt 50 einzuführen, sagt Thomas Dienberg, der auch Sprecher der Initiative ist: "Unser Ziel ist, rechtlich die Beinfreiheit zu bekommen, auf Hauptverkehrsstraßen – das darf man heute nicht – auch Tempo 30 anzuordnen, und zwar auch dort, wo ich mal gerade vielleicht keine große Lärmbelästigung habe."
Das Bundesverkehrsministerium zeigt bislang keine Eile. In einer Antwort an MDR AKTUELL verweist es darauf, einen Beschluss der Verkehrsminister der Länder vom November des vergangenen Jahres zu prüfen. Die Länder hatten in diesem Beschluss das Bundesministerium aufgefordert, zügig das Straßenverkehrsrecht zu reformieren – also das umzusetzen, was bereits im Koalitionsvertrag steht.
"Die Verkehrsministerkonferenz begrüßt die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, Straßenverkehrsgesetz (StVG) und Straßenverkehrsordnung (StVO) anzupassen und neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung zu berücksichtigen, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen", heißt es in dem Beschluss.
ADAC befürchtet Verkehrsverlagerungen
"Blockieren tut da leider das aktuelle Verkehrsministerium, obwohl das eine sehr kostengünstige und gewinnbringende Maßnahme wäre", kritisiert Janna Aljets von Agora Verkehrswende. Der ADAC befürchtet: Tempo 30 könne zu unerwünschten Verkehrsverlagerungen führen und viele Wege verlängern. Modellrechnungen des Umweltbundesamtes zeigen: Bei durchgängigem Tempo 30 sind Autofahrende im Mittel eine Minute länger unterwegs.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 10. Januar 2023 | 06:00 Uhr