Schlagloch auf einer kaputten Straße
Es herrscht Sanierungsbedarf auf Deutschlands Straßen. Bildrechte: IMAGO / Bernd März

Marode Straßen und Brücken Städte- und Gemeindebund kritisiert Investitionsstau in Milliardenhöhe

16. Oktober 2023, 05:00 Uhr

Die Verkehrsinfrastruktur ist ein wichtiger Bestandteil der Städte und Gemeinden. Doch seit Jahren müssen Reparaturen an Straßen oder Brücken immer wieder verschoben werden. Was sind die Gründe für den Sanierungsstau und vor welchen Herausforderungen stehen die Kommunen?

Löcher, Risse, Vollsperrungen – wer in Deutschland unterwegs ist, dem fällt immer häufiger auf: Es ruckelt, es holpert und knarzt ganz gewaltig. Straßen, Brücken, Bürgersteige und Radwege müssten dringend saniert werden. Doch seit Jahren werden die Reparaturen verschoben. Meist aus Kostengründen.

Städte- und Gemeindebund kritisiert aktuelle Verkehrsinfrastruktur

Ein unhaltbarer Zustand, findet Timm Fuchs, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, denn ohne funktionierende Infrastruktur geht nichts: "Es ist natürlich wichtig, dass die Infrastruktur in Deutschland funktioniert, denn sie ist die Lebensader für unseren Wohlstand, für unseren wirtschaftlichen Erfolg und da spielen natürlich die Straßen eine ganz zentrale Rolle. Denn man muss eines klar sagen: Wir leben von der Substanz. Die werden zum Teil mehr schlecht als recht zusammengeflickt. Das kann kein Zustand sein. Immer mehr Straßen müssen gesperrt und Verkehre umgeleitet werden. Das geht zulasten der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger."

166 Millionen Euro Investitionsstau

Laut Städte- und Gemeindebund ist das ein bundesdeutsches Problem: "Wir stehen im Moment da, dass der Sanierungsstau im Bereich der kommunalen Infrastruktur immer größer wird. Wir haben jetzt einen Investitionsstau in den Kommunen von 166 Milliarden Euro." Sanierungsstau nennt es der Fachmann, wenn kommunale Bauvorhaben nicht wie geplant umgesetzt werden können und verschoben werden müssen. Kein neues Phänomen. Aber eines, dass sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert hat.

In Merseburg kennt man die Situation nur zu gut. Sebastian Müller-Bahr, Oberbürgermeister der Stadt, macht folgende Rechnung auf, um darzulegen, wie viel Geld fehlt: "Merseburg braucht im Jahr 15 Millionen Euro, um den jetzigen Straßenzustand zu erhalten, damit das nicht mehr schlimmer wird. Wir geben aber bloß sieben Millionen aus. Das darf man den Leuten kaum erzählen. Aber egal, was wir machen: Es wird nie besser, es wird schlimmer, weil das Geld tatsächlich fehlt. Aber das ist etwas, dass die Kommunen schon ewig erzählen. Das Geld für den Straßenbau, für die Infrastruktur reicht nicht mal im Entferntesten aus."

Fachkräftemangel, Ukraine-Krieg und Inflation sorgen für Kostenexplosionen

Vor allem in den vergangenen drei Jahren sorgten die Fachkräftekrise, der Ukraine-Krieg und die Inflation noch einmal für eine Kostenexplosion. In diesem Jahr mussten in Merseburg bereits zwei größere Bauprojekte verschoben werden, weil bei den Ausschreibungen nur Angebote eintrafen, die doppelt so hoch wie die veranschlagten Kosten waren, sagt Oberbürgermeister Müller-Bahr. "Das hatten wir jetzt erst kürzlich. Wir wollten in Beuna und Geusa die Feuerwehren herrichten, sanieren und hatten für beide Wehren ein Budget eingelegt und jetzt ist es so, dass wir beide Budgets für eine Wehr zusammenlegen mussten, um überhaupt weiterbauen zu können. Das ist ein Beispiel. Wenn Sie ein Haushaltsbudget haben und da drin steht: 'Du hast 500.000 Euro zur Verfügung.' Dann kannst du nicht eine Million ausgeben. Das geht nicht."

Timm Fuchs vom deutschen Städte und Gemeindebund warnt daher eindringlich: "Je länger nicht saniert wird, desto größer wird das Problem. Ist die Infrastruktur mittelfristig überhaupt noch aufrechtzuerhalten? 166 Milliarden Euro schieben wir vor uns her. Das kann man nicht kurzfristig abbauen. Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, dann sind wir gerade bei den Straßen und Brücken in der grundhaften Sanierung. Was heißt das? Ich kann das eigentlich nur noch abreißen und neu bauen. Und dann sind die Kosten natürlich noch höher!"

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Oktober 2023 | 06:06 Uhr

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