Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Konzertbranche unterstützt Schutzmaßnahmen für Besucherinnen

07. Juni 2023, 12:36 Uhr

Nach den Vorwürfen gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann hat Familienministerin Lisa Paus mehr Schutz für Frauen bei Konzerten gefordert. Aus der Branche kommt Zustimmung.

Es ist dieses Konzert in Litauen, das die Irin Shelby Lynn besucht und danach Till Lindemann schwere Vorwürfe gemacht hat. Seitdem melden sich immer mehr Frauen. Ihr Vorwurf: Ein professionell organisiertes Team suche dem Sänger Frauen aus, die zu Aftershowpartys kommen und dort mit ihm Sex haben sollen. Neu ist auch ein Video der Youtuberin Kayla Shyx, das mittlerweile mehr als eine Million Aufrufe hat.

Darin heißt es: "Es ist fucking wahr. Es haben tausende Mädchen das Gleiche berichtet. Die wurden alle in diesem Raum schon vor dem Konzert gesammelt, denen wurden schon Drinks gegeben. Und irgendwann kamen halt Männer rein, unter anderem Till Lindemann. [...] Er hat sich die ganzen Mädchen angeguckt und hat sich ein Mädchen rausgesucht. Sie hat das alles bestätigt und meinte: Jaja, sie wurde ausgesucht, um ihm zwischen den Sets einen zu blasen."

Schutzbereiche für Frauen bei Konzerten

Nach den Vorwürfen hatte sich auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus geäußert. Sie schlage Schutzbereiche für Frauen bei Konzerten vor und den Einsatz sogenannter Awareness-Teams – also Personal, das regelmäßig kontrolliert, was hinter der Bühne passiert. Johannes Everke ist Geschäftsführer des bdkv, der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. Everke unterstützt die Pläne der Familienministerin. Es gebe im Verband auch schon viele Mitglieder, die Projekte gegen sexuellen Missbrauch umsetzen würden.

Everke sagt: "Die Branche nimmt das sehr aufmerksam zur Kenntnis, was an Vorwürfen gerade im Raum steht. Und für uns alle ist enorm wichtig und entscheidend, dass eben das gesamte Publikum ein sicheres und erfüllendes Konzerterlebnis hat. Insofern treffen Vorwürfe dieser Art irgendwie auch ins Mark dieser Branche."

Problem seien Machtgefälle

Trotzdem glaubt Everke nicht, dass es ein branchentypisches, systemisches Problem sei. "Ich glaube, dass es ein generelles, gesellschaftliches Problem ist, dass Machtgefüge oder Machtgefälle immer wieder ausgenutzt werden. Das ist auch nicht neu. Heißt nicht, dass es gut wäre oder zu dulden wäre. Es bedeutet, dass es höchste Zeit ist, sich damit bewusst auseinanderzusetzen. Und das sehen wir ja, dass an allen möglichen Ecken und Enden der Gesellschaft das Thema aktiv bearbeitet wird."

Verantwortung liege nicht bei Veranstaltern

MDR AKTUELL hat verschiedene Konzertveranstalter in Deutschland angefragt – und viele Absagen oder keine Antwort bekommen. Eine Person, die in der Branche arbeitet, hat sich aber gemeldet und möchte anonym bleiben. In einer Mail heißt es:

"Ich kann dazu nur sagen, dass es das, was man Rammstein bzw. Till Lindemann vorwirft, bei uns nicht gibt. Es werden absolut keine Besucher in den Backstage oder in die Künstlerbereiche gelassen. Insofern braucht es bei uns auch keine Awareness-Teams, die im Backstage für die Sicherheit sorgen. Ich habe ehrlich gesagt ein Problem damit, dass die Verfehlungen eines Musik-Stars jetzt zu dem Problem von Veranstaltern gemacht werden. Das, was Lindemann vorgeworfen wird, ist furchtbar und das kann man nur ablehnen, aber ich möchte mich da jetzt nicht an Spekulationen beteiligen, bevor der Fall überhaupt aufgeklärt ist."

Rammstein selbst hatte sich am Samstag auf Instagram gemeldet. Es seien durch die Veröffentlichungen der letzten Tage in der Öffentlichkeit und vor allem bei Fans Irritationen und Fragen entstanden. Die Vorwürfe hätten alle sehr getroffen und man nehme sie außerordentlich ernst.

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 06. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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