Kinopremiere Stasi-Komödie: DDR-Spione retten den Sozialismus auf Kuba
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23. Januar 2025, 09:22 Uhr
2017 schickte Regisseur Robert Thalheim ein Rentnerteam aus ehemaligen DDR-Spionen ins Rennen. Die rasante Agenten-Klamotte, die den euphemistischen Begriff "Kundschafter des Friedens" aufgriff, sollte durch befreiendes Lachen Ost und West zusammenbringen und natürlich Genre-Freunde beglücken. Es wurde ein Erfolg an der Kinokasse. Sieben Jahre später hat Thalheim die "ostdeutschen Oceans 11" wieder zusammen getrommelt. Auf Kuba sollen sie den Sozialismus retten. Kann man darüber noch lachen?
- In "Kundschafter des Friedens 2" verschlägt es ein Team gealterter Ex-Stasi-Agenten nach Kuba – um den Sozialismus zu retten.
- Mit Henry Hübchen, Thomas Thieme und Winfried Glatzer sind im Film bekannte Gesichter des Defa-Films versammelt.
- Die DDR-Nostalgie des Films rutscht allerdings in Kitsch und Täter-Opfer-Umkehr ab, findet unser Kritiker.
Die Geschichte, die zu Beginn des Filmes auf einer Beerdigung erzählt wird, klingt natürlich aberwitzig – und das soll sie auch. Für seine Lebensverdienste, behauptet die Tochter des Verstorbenen, soll ihrem Vater nach dem Untergang der DDR von Fidel Castro persönlich eine kubanische Halbinsel überschrieben worden sein.
Kurioses aus der DDR-Geschichte
Das kubanische Eiland mit dem Namen Ernst-Thälmann-Insel gibt es allerdings wirklich. Castro widmete es dem kommunistischen Anführer bei seinem Staatsbesuch in Ost-Berlin 1972 und benannte einen Strand nach der DDR. Ein symbolischer Akt, der heute kurios wirkt – und deswegen gut in den Film passt.
"Kundschafter des Friedens 2" breitet auf solchen historischen Fundstücken seine skurrile Spionage-Story aus. Der besagte Vater namens Fuchs, dem die Insel bis zu seinem Tod gehörte, war früher der Chef und Mentor jenes Agenten-Teams, das wir bereits aus dem ersten Teil kennen. Jetzt ist seine Tochter Helene (Corinna Harfouch) aus Kuba nach Berlin zurückgekehrt, weil sich angeblich eine Erbschleicherin in das Testament geschmuggelt hat.
Ein kubanischer Geheimdienstler bestätigt sogleich ihre Version der Geschichte: Fuchs' junge Witwe sei von einer Gruppe von Exil-Kubanern auf ihn angesetzt worden. Und wenn diese Insel erst mal an ihre Hintermänner gerate, werde sie zum Brückenkopf für die Amerikaner. Doch dafür wurde die Revolution nicht erkämpft, sind sich die Kundschafter einig.
Stasi-Agenten fühlen sich um ihre Lebensleistung gebracht
Womit auch das zentrale Thema anklingt: Lebensverdienste. Um die fühlen sich die pensionierten Stasi-Agenten nämlich betrogen. Doch jetzt wittern sie ihre Chance. Erst auf Kuba den Kapitalismus abwehren und dann im sozialistischen Paradies den wohlverdienten Lebensabend genießen. All inclusive – das ist ihre Bedingung. Großspurig wie sie sind, halten sie sich für unverzichtbar.
Nach dem Motto "Wenn hier einer den Sozialismus rettet, dann ja wohl wir" geht es also nach Kuba, um das Testament vor seiner Eröffnung noch rechtzeitig auszutauschen. Dafür werden wieder ausgebuffte Pläne im Stile der Olsen-Bande entwickelt. Die Alten haben es – klar – immer noch drauf, auch wenn sie grundsätzlich mit mehr Glück als Verstand ans Ziel gelangen.
Dreamteam des Defa-Filmes
Henry Hübchen, Thomas Thieme und Winfried Glatzer sind wieder dabei. Der verstorbene Michael Gwisdek wurde durch Katharina Thalbach ersetzt, die als geniale Technikerin nun ganz klar im Film den Ton angibt. Corinna Harfouch als Helene ist die würdige Antagonistin, womit ein Dream-Team des Defa-Filmes versammelt wäre.
Außerdem kommen verschiedene Produkte made in GDR zum Einsatz – allesamt unkaputtbar. Die werden unter anderem aus dem DDR-Museum im ehemaligen Präsidentenpalast von Havanna geklaut und zweckentfremdet. Und wenn es hilft, wird auch mal ein altes Motorrad der Marke MZ mit der Vodka-Marke "Blauer Würger" betankt.
Eine Kuriosität am Rande sind die Drehorte. Gedreht wurde der Film nicht auf Kuba, sondern auf den Kanarischen Inseln, in Berlin und in Altenburg. So entstand im Stadtschloss von Altenburg das Revolutionsmuseum von Havanna. Und in einer verlassenen Barockvilla die ehemalige DDR-Botschaft.
Henry Hübchen als James Bond des Realsozialismus
Dazu kommen wieder musikalische Zitate aus der Serie "Das unsichtbare Visier" und jede Menge Anspielungen an die James-Bond-Filme – goldener Colt inklusive. In einer Szene taucht Falk (Henry Hübchen) als 007-Verschnitt im weißen Smoking in Helenes Villa auf – und kommt dabei ihrem doppelten Spiel auf die Schliche. "Spionage ist ein königliches Spiel, wie Schach", philosophiert er sich durch das Gespräch. "Und wenn man es richtig spielt, gewinnt am Ende immer die Dame", entgegnet sie.
Täter-Opfer-Umkehr im Dienste des Klamauks
Ein königliches Spiel? Nun ja. Für Genre-Fans sicher. Doch was sich vor sieben Jahren noch weglachen ließ, erscheint im Licht der angespannten und rückwärtsgewandten Weltlage heute schon ganz anders. Mit großer Harmlosigkeit geht Regisseur Robert Thalheim aber weiter über alles hinweg, was einer kritischen Nachfrage wert wäre. Sozialismus retten – fein.
Aber sollen das wirklich die alten Stasi-Agenten tun? Und wenn der von Glatzeder verkörperte Romeo-Agent nun klagt, dass er selbst durch seinen großen Einsatz für das Land seine eigenen Bedürfnisse nie erfüllen konnte, gibt es dann ein passenderes Wort als Opfer-Täter-Umkehr?
Gemeint ist die ganze DDR-Nostalgie natürlich ironisch. So auch die Castro-Zitate wie "Ideen brauchen keine Waffen, wenn sie die großen Massen überzeugen können", vorgetragen mit leuchtenden Augen. Die Agenten finden sich auf Kuba zu ihrem eigenen Entsetzen bald in einem sozialistischen Disney-Land wieder. Sie müssen sich im Hotel, wo sie entspannt ihre Rente genießen wollen, ihre Liege am Pool erkämpfen. Längst zur Ware geworden ist auch die ganze Revolutionsromantik. Und doch passen all diese Sprüche auch wieder ganz gut – und vollkommen unironisch – ins BSW-Wahlprogramm.
Das trotzige "Wir waren besser" der alten Garde klingt jedenfalls gar nicht mehr lustig. Vielleicht ist einfach die Zeit der Ironie vorbei. Das befreiende Lachen fällt aus.
Redaktionelle Bearbeitung: tis
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 22. Januar 2025 | 17:40 Uhr