Hörer machen Programm Wie falsche Partnervermittlungen Senioren abzocken
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22. Dezember 2022, 05:00 Uhr
Gerade zu Weihnachten drückt es aufs Gemüt, wenn man allein ist und sich einsam fühlt. Auf der Suche nach der großen Liebe bieten viele Kontaktagenturen ihre Hilfe an. Dazu gehört auch die Firma "Freundschaftskreis GmbH" mit Sitz in Halle. Eine MDR-AKTUELL-Hörerin aus Leipzig, deren Mutter sich bei der Firma gemeldet hatte, wurde jedoch skeptisch. Denn die Firma wollte ziemlich schnell Geld. Sie zahlte nicht, eine andere Hörerin hatte jedoch weniger Glück.
- Falsche Partnervermittlungen ziehen Rentern das Geld aus der Tasche.
- Oft ähnliche Vorgehensweise ködert aber auch junge Menschen, die teure Verträge unterschreiben.
- Das Geschäft boomt, Verbraucherschützer mahnen zur Vorsicht.
- Vermittelte Kontakte verlaufen zudem oft ins Leere.
Es war Anfang März dieses Jahres, als ein Mitarbeiter der Freundschaftskreis GmbH in einer altersgerechten Wohnung bei Zwickau auftauchte. Er vertiefte eine Seniorin in ein längeres Gespräch über Liebe und Freundschaft. Am Ende legte er der 89-Jährigen einen Vertrag vor. 2.000 Euro sollte sie zahlen, in Raten. Eine Anzahlung in bar sei sofort fällig. Im Gegenzug bekäme sie fünf Kontakte von Männern zum Kennenlernen. Die Rentnerin unterschrieb.
Ob sich der Vorfall wirklich genau so abspielte, lässt sich nicht mehr sagen. Denn die Frau war damals schon leicht dement, sagt ihre Schwiegerenkelin, die ihren Namen nicht nennen will. "Wenn sie das gewusst hätte, was sie da macht, hätte sie das nicht gemacht, weil sie beim Geld immer sehr kontrolliert und auch bedacht war. Ich hab sie dann irgendwann darauf angesprochen und hab gesagt: Oma, was hast du denn hier gemacht?"
Die Schwiegerenkelin meint weiter, dass sie dachte, sie helfe jemandem und geht davon aus, dass die Frau einfach nicht gewusst habe, was sie da tatsächlich unterschreibe.
Falsche Annoncen: Junge und Alte zugleich geködert
MDR AKTUELL hat mit mehreren Betroffenen gesprochen. Die Vorgehensweise der Freundschaftskreis GmbH ist oft dieselbe. Sie wendet sich meist an Senioren. Mitarbeiter kommen direkt zu ihnen nach Hause oder die Firma versucht mit Zeitungssannoncen Kunden zu ködern. Auch jüngere Leute sind Ziel der Firma. In einer Annonce in der "Leipziger Volkszeitung" heißt es:
"Sehr einsame Janina, 33 Jahre, mit schlanker, kurvenreicher Figur, langen Haaren, blauen Augen, ohne Kinder, romantisch, häuslich, ordentlich und mag die Natur. Ich habe einen Beruf, den ich liebe, fahre gern Auto und bin sehr bodenständig."
Unter der Anzeige - eine Telefonnummer. Wer dort anruft, wird die Person aus der Annonce aber nie zu Gesicht bekommen, stattdessen kommt ein Mitarbeiter der Freundschaftskreis GmbH zuhause vorbei und legt einen Vertrag vor.
Geschäftsmodell: Falsche Partnervermittlungen boomen
Der Verbraucherzentrale Sachsen ist die GmbH bekannt. Und nicht nur sie. Es habe zuletzt mehrere Beschwerden gegeben. Der Polizei lagen in den letzten beiden Jahren in Sachsen 36 Anzeigen gegen verschiedenste Partnervermittlungen vor.
Beim Blick auf den Vertrag zweifelt Micaela Schwanenberg von der Verbraucherzentrale an dessen Wirksamkeit.
"Wir können sicherlich übereinstimmend feststellen, dass diese GmbHs, diese Agenturen, sich die Kontaktvermittlung fürstlich bezahlen lassen. Und wenn ich da jetzt in Relationen setze, dass insgesamt die Vermittlung von fünf Freundschaftskontakten 2.000 € kosten soll, dann ist das sicherlich ein sehr sehr teures Geld."
Ich würde jedem Verbraucher, jeder Verbraucherinnen da zu Vorsicht, Obacht und Prüfzeit raten, wenn der Gedanke an den Abschluss eines solchen Vertrages da ist."
Vermittelte Kontakte laufen ins Leere
Das Geschäftsgebaren ist nicht immer illegal. Moralisch aber ist das Vorgehen zweifelhaft. So auch im Fall unserer Hörerin aus der Nähe von Zwickau. Ihre Schwiegeroma erhielt von der Freundschaftskreis GmbH tatsächlich fünf Kontakte. MDR AKTUELL rief bei einem an - der 86 Jahre alte Mann erklärte, nie von der Firma gehört zu haben.
Die Freundschaftskreis GmbH ließ alle Anfragen unbeantwortet. Die Hörerin konnte den Vertrag mit der Firma letztlich kündigen, bis dahin hatte die Schwiegeroma aber schon 350 Euro gezahlt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Dezember 2022 | 06:00 Uhr