Wohnungslosigkeit Schätzungsweise 607.000 Menschen ohne Unterkunft

07. November 2023, 16:18 Uhr

Deutlich mehr als vom Statistischen Bundesamt erfasst: Die Wohnungslosenhilfe schätzt die Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr auf über 600.000.

Die Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland ist nach Einschätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) deutlich höher als in den Daten des Statistischen Bundesamtes angegeben. Demnach sind mindestens 607.000 Menschen im Verlauf des vergangenen Jahres zeitweise wohnungslos gewesen.

Das Statistische Bundesamt hatte zum Stichtag Ende Januar 372.000 wohnungslosen Menschen ermittelt, die in Unterkünften untergebracht waren. Die Wohnungshilfe sieht im Vergleich zu 2021 außerdem eine Zunahme von 58 Prozent.

Wie die Wohnungslosenhilfe weiter mitteilte, erklärt sich der Anstieg insbesondere durch eine große Zahl wohnungsloser Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Organisation betonte, dass es zudem viele gebe, die verdeckt wohnungslos seien, weil sie vorübergehend bei Bekannten oder Freunden lebten. Hinzu käme die Zahl von geschätzt etwa 50.000 ebenfalls nicht erfassten Menschen, die auf der Straße lebten.

Im Gegensatz zum Bundesamt, das nur untergebrachte Menschen zählt, werden von der Wohnungslosenhilfe nach eigenen Angaben auch Wohnungslosen mitgezählt, die bei Freunden und Bekannten unterkommen, sowie Obdachlose, also Menschen ganz ohne Unterkunft.

Schulden, Konflikte, Scheidung

Als Gründe für Wohnungslosigkeit deutscher Staatsbürger ermittelte die Organisation in 57 Prozent der Fälle eine Kündigung der Wohnung. Bei 21 Prozent habe es Miet- und Energieschulden, bei 20 Prozent Konflikte im Wohnumfeld sowie bei 16 Prozent eine Trennung oder Scheidung gegeben. Wohnungslose ohne deutsche Staatsbürgerschaft hatten mehrheitlich in Deutschland noch nie eine Wohnung.

Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Wohnungslosenhilfe, sieht vor allem einkommensarme Ein-Personen-Haushalte, Alleinerziehende und kinderreiche Paare gefährdet. Inflation, gestiegene Kosten und steigende Mieten belasteten einkommensschwache Haushalte in Deutschland.

Des Weiteren kritisierte sie das von der Bundesregierung erhobene Ziel von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr. Zum einen sei das nicht ausreichend, zum anderen seien in den vergangenen Jahren jeweils nur 25.000 neue sozialgebundene Wohnungen entstanden.

Mit Blick auf Menschen, die auf der Straße leben, forderte Rosenke mehr sichere Unterkünfte, die Tag und Nacht geöffnet haben. Dies sei enorm wichtig, damit Wohnungslose nicht morgens wieder auf die Straße und sich abends erneut anstellen müssten. "Man kann auch tagsüber erfrieren", sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND).

Rosenke mahnte, dass die Regierung noch einiges tun müsse, um ihr Ziel, bis 2030 die Obdachlosigkeit zu überwinden, zu erreichen. Es fehlten konkrete Maßnahmen und klare Signale, wer sie dann umsetze. "Da sind Bund, Länder und Kommunen gefragt."

afp, kna, dpa (lik)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. November 2023 | 20:30 Uhr

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