Unterricht, Lehre, Prüfungen Wie künstliche Intelligenz an Schule und Hochschule helfen kann

05. Oktober 2024, 05:00 Uhr

Seit dem Start von ChatGPT und Co. schwappt die Welle der künstlichen Intelligenz auch über die Schulen und Hochschulen. Doch wie gehen die Einrichtungen damit um? Und wie verändert KI das Lernen, die Lehre und die Prüfungen in Mitteldeutschland?

Ein Schüler Namens Max steht vor der Herausforderung, seine Deutsch-Hausaufgaben rechtzeitig zu erledigen. Um sich die Arbeit zu erleichtern, entscheidet er sich, Künstliche Intelligenz zu nutzen. Mit Hilfe eines KI-gestützten Schreibassistenten kann Max Ideen für seine Aufsätze generieren, Grammatik und Rechtschreibung überprüfen und sogar stilistische Verbesserungen vorschlagen. So wird das Schreiben nicht nur schneller, sondern auch effektiver.

Es stellt sich die Frage, ob sein Lehrer den Einsatz von KI bemerkt. Während die KI Max dabei hilft, seine Gedanken klarer zu formulieren und seine Texte zu optimieren, könnte der Lehrer möglicherweise einige stilistische Unterschiede oder eine unerwartete Verbesserung in der Qualität der Arbeiten bemerken. Wenn Max jedoch die Vorschläge der KI in seine eigenen Worte umsetzt, könnte es schwieriger sein, den Einsatz von KI zu erkennen.

Die zwei ersten Abschnitte dieses Textes sind mithilfe von ChatGPT entstanden. Schüler Max ist eine fiktive Figur, die sich die KI ausgedacht hat. Der Chatbot unterstützt unter anderem dabei, Texte zu formulieren. Anwender der Software können aber auch Fragen stellen und sie als Ideengeber und Inspirationsquelle nutzen. Notwendig dafür ist die Eingabe einer gut formulierten Frage oder Aufgabe – diese wird "Prompt" genannt. Der Prompt für diesen Text lautete so:

Hallo KI-Chatbot, schreibe mir bitte einen kleinen Text, in dem es darum gehen soll, dass ein Schüler seine Hausaufgaben im Fach Deutsch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erledigt. Wie kann ihm KI dabei helfen? Merkt der Lehrer überhaupt den Einsatz von KI? Und hat der Schüler dann bessere und schnellere Ergebnisse? Vielen Dank!

KI ist in Schulen und Unis angekommen

Der künstlich generierte Text liest sich recht gut. Ein Unterschied zu einem Text, der ohne Hilfe von KI geschrieben worden ist, ist nicht leicht zu erkennen. Und genau das ist das Problem, vor dem Schulen und Hochschulen aktuell stehen. Denn Schüler und Studierende nutzen immer häufiger KI – und eine Kontrolle ist mindestens schwierig. Laut aktueller Studien ist künstliche Intelligenz längst in den Bildungseinrichtungen angekommen.

So nutzt laut einer Umfrage des US-Magazins "Nature" rund ein Drittel der weltweit befragten Postdocs künstliche Chatbots für die Arbeit an der Uni. Unter den Ingenieurwissenschaften sind es sogar fast die Hälfte (44 Prozent), gefolgt von den Sozialwissenschaften (41 Prozent). KI wird vor allem zur Verbesserung von Texten verwendet. Genau das bestätigt auch eine Untersuchung der Universität Tübingen, die sich 1,5 Millionen sogenannte Papers angeschaut hat. Bei mindestens jedem zehnten veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel sei KI mit im Spiel gewesen.

Die künstliche Intelligenz verändert die Lehre. So viel ist schon jetzt, rund zwei Jahre nach dem Start von ChatGPT, klar. Die Frage ist, wie die Bildungseinrichtungen damit umgehen. Die Uni Jena hat dazu zusammen mit der TU Ilmenau ein Projekt gestartet. Es nennt sich THinKI – Thüringer Hochschulinitiative für KI im Studium. In dem Projekt sollen Lehrangebote im KI-Bereich erarbeitet, aber auch Studierende an das Thema herangeführt werden.

Mit KI erstellte Texte sind nicht zu erkennen

Einer, der in dem Projekt mitwirkt, ist der KI-Spezialist Oliver Mothes. Er beschäftigt sich mit den Anwendungen für Studierende sowie mit den Möglichkeiten für Lehrende. Für ihn ist es nicht unrealistisch, dass sich zum Beispiel KI-Professorinnen zu einem Thema austauschen und Aufgaben lösen. Dass Studenten KI für das Schreiben ihrer Hausarbeiten nutzen, sei bereits Alltag.

"Wir als Universität wollen das gar nicht verteufeln. Wir wollen im sinnvollen und vernünftigen, reflektierten Umgang damit lehren und vermitteln", sagt Oliver Mothes dem MDR. Allerdings gibt er zu: "Grundsätzlich lässt sich nicht herausfinden, ob etwas KI-generiert wurde oder nicht." Es gebe Anbieter, die versprechen das. "Ich halte davon wenig. Ich habe schon viele Experimente gemacht und sehe, dass es nicht hundertprozentig funktioniert", so Mothes weiter. Wöchentlich aktualisierte Sprachmodelle etwa würden immer besser.

Studierende und Lehrende können von KI profitieren

Prof. Karina Weichold ist Vizepräsidentin der Uni Jena. Für sie ist es wichtig, an der Hochschule einen Rahmen zur Nutzung von KI-Tools zu stecken – was die Uni schon vor einigen Jahren getan hat. Die Hochschule erarbeitete eine sogenannte Freigabeerklärung, die laut Weichold richtungsweisend für die anderen Thüringer Unis gewesen ist.

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Unter anderem könnten Lehrende an der Uni nun selbst entscheiden, welche Programme für ihre Lehrveranstaltungen, Prüfungen und Hausarbeiten erlaubt sind. "Und so können sie auch den Studierenden klar und rechtlich verbindlich sagen, was eingesetzt werden darf und was nicht", sagt Prof. Weichold dem MDR. Die Studierenden wiederum hätten damit eine gewisse Rechtssicherheit und erklären selbst, welche Tools sie genutzt haben und wo sie genutzt worden sind.

Laut Weichold ist es nun die Aufgabe, die Studierenden und auch die Lehrenden für die Nutzung von KI fit zu machen. Einer der nächsten Schritte: "Wir werden in Kürze für alle Studierenden der FSU Jena einen KI-Führerschein anbieten. Das ist ein Selbstlern-Tool, bei dem als Erstes die rechtlichen Rahmenbedingungen der KI-Nutzung erklärt werden und dann auch Kompetenzen vermittelt werden." Neben THInKI gibt es in Jena für die Lehrenden Weiterbildungsprogramme dazu, wie sie KI sinnvoll in Ihre tägliche Arbeit einbauen können. Nach den Vorstellungen der Vizepräsidentin soll künstliche Intelligenz in Zukunft Vorteile bei der Lehre bringen – für Studierende als auch für Lehrende.

Ach ja: Was hat der fiktive Schüler Max eigentlich von der Nutzung der KI?

Wir haben den Chatbot gefragt, der folgendes antwortete: Insgesamt erzielt Max durch die Unterstützung der Künstlichen Intelligenz schnellere und qualitativ bessere Ergebnisse. Er lernt, wie er seine Gedanken strukturieren kann, und erhält wertvolle Rückmeldungen, die ihm helfen, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. So wird die KI zu einem nützlichen Werkzeug, das ihm nicht nur bei den Hausaufgaben hilft, sondern auch seine Lernfähigkeit fördert.

Mit KI über KI Für den MDR-Schwerpunkt "Mit KI über KI" berichten wir über Themen rund um Künstliche Intelligenz. Doch nicht nur das. Wir arbeiten auch selbst mit KI-Anwendungen. So wurden die Interviews für diesen Artikel teilweise mit Hilfe von KI ausgewertet. Feedback senden Sie gern an team-zukunft@mdr.de.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 02. Oktober 2024 | 21:45 Uhr

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