Einzelhaftraum in der Justizvollzugsanstalt Dueppel in Berlin Zehlendorf
Allen Gefangenen steht ein Einzelhaftraum zu. Bildrechte: picture alliance / photothek | Thomas Trutschel

Ab 2025 Wie mitteldeutsche Gefängnisse auf das Recht auf Einzelzellen vorbereitet sind

20. Dezember 2024, 05:00 Uhr

Ab 2025 haben Gefangene einen Anspruch auf eine Einzelzelle. Um das zu ermöglichen, müssen Gefangene in Mitteldeutschland gegebenenfalls in andere Justizvollzugsanstalten verlegt werden. Allerdings haben die Gefängnisse bestimmte Ermessensspielräume. So entsprechen Einzelzellen manchmal nicht der vorgeschriebenen Mindestgröße.

Ganz neu ist die Regel nicht, dass Häftlingen Einzelunterbringung zusteht. Schon 1973 hatte der Europarat das in seinen europäischen Gefängnisregeln empfohlen. Der Bund hatte es erstmals 1976 ins Gesetz geschrieben. Und auch wenn den Strafvollzug mittlerweile in Landesgesetze regeln – das Recht auf Einzelunterbringung blieb.

Zumindest auf dem Papier, erklärt die Fachanwältin für Strafrecht Julia Hartwig: "Es ist immer im Ermessen der einzelnen Justizvollzugsanstalt, wie die Unterbringung umgesetzt wird. Das heißt, der Ermessensspielraum, der seitens der Justizvollzugsanstalt ausgeübt werden kann, war bisher immer sehr dehnbar."

Mitteldeutsche Gefängnisse müssen umorganisieren

Für ältere Gefängnisse galten zudem Übergangsfristen. Sachsen-Anhalt und Thüringen gaben sich Zeit bis Ende 2024. Bis dahin sollten auch neue Gefängnisse entstehen. Doch weder der Neubau in Halle, noch der in Zwickau, wo Thüringen und Sachsen zusammen eine Justizvollzugsanstalt (JVA) bauen, sind nur annähernd so fortgeschritten wie ursprünglich geplant.

Müssen die Behörden in Mitteldeutschland also reagieren? Das Justizministerium in Thüringen antwortete binnen einer Woche nicht auf eine Anfrage. Der Freistaat Sachsen hat nach eigener Auskunft genug Hafträume.

Ein Vollzugsbeamter öffnet eine Zellentür in einem mit Gittern gesicherten Zellengang. 2 min
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Seit Jahren gibt es besonders viele Selbstmorde in JVAs. Zwischen 2000 und 2022 haben sich mehr als 1.600 Menschen im Gefängnis das Leben genommen. Kritiker fordern deshalb: Der Strafvollzug muss sich ändern.

MDR AKTUELL Sa 16.03.2024 06:00Uhr 02:06 min

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Auch Sachsen-Anhalt schickt Zahlen, die zeigen: Die Gefängnisse sind zwar voll, aber nicht überbelegt. An den JVA-Standorten Volkstedt und Halle (Saale), werde man allerdings umorganisieren, erklärt ein Sprecher schriftlich: "Dort ist vorgesehen, ab 1.1.2025 eine Vielzahl von Doppelhafträumen zur Einzelunterbringung zu nutzen." Dies beinhalte auch, in andere Justizvollzugsanstalten zu verlegen, falls Insassen Einzelunterbringung verlangen.

Gemeinschaftliche Unterbringung nicht unbeliebt

Riesenaufwand werden die Häftlinge der Justiz jedoch nicht verursachen, vermutet Manuel Matzke. Der Bundessprecher der Gefangenengewerkschaft glaubt, dass viele Erstinhaftierte es nicht verkehrt fänden, gemeinschaftlich untergebracht zu sein: "Das macht, glaube ich, die Anfangszeit ein bisschen einfacher. Sollte dann der Bedarf bestehen, in der Einzelunterbringung aus Gründen der Privatsphäre überzugehen und die Einzelzellen sind frei dafür, dann kommen die Anstalten, soweit wie wir das wissen, dem auch nach." Viele Gefangene stimmten der Unterbringung in Zweier- oder Dreierzellen deshalb zu.

Strafrechtsanwältin Hartwig weist zudem auf Ermessensspielraum hin, den Gefängnisse oft bekämen. In der Umsetzung klappe es nicht immer, dass beispielsweise die Einzelunterbringung auch die vorgegebenen neun Quadratmetern groß sei. Gerichte urteilten dann, dass "im Rahmen der Ermessensausübung seitens der Gefängnisleitung alles korrekt erfolgt ist. Der Anspruch ist leider nicht durchsetzbar", sagt Hartwig.

Für Inhaftierte gilt also wie so oft: Einen Anspruch haben und ihn auch bekommen, sind zwei verschiedene Dinge. Der Weg zum Gericht stehe allerdings auch Inhaftierten offen, betont Manuel Matzke. Werde im Einzelfall die Einzelzelle verweigert, könne die Gefangenengewerkschaft bei einer Klage helfen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. Dezember 2024 | 06:09 Uhr

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