Eine stilisierte Hand hält einen Kompass. Daneben liegt eine Mappe und der Titel steht darüber: In Bildern erklärt. Warum Wahlberichterstattung ein Konzept braucht. 2 min
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Journalistisch unabhängig informieren – als Orientierung für den Wähler – und zugleich über alle Parteien angemessen berichten: Wie das umgesetzt wird, steht im Wahlberichterstattungskonzept.

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Wahlberichterstattungskonzepte der Öffentlich-Rechtlichen Hauptsache nachvollziehbar

02. August 2021, 09:37 Uhr

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist verpflichtet, ausgewogen, fair und überparteilich zu berichten. Das bedeutet: Er darf keine Partei bevorzugen oder Wahlempfehlungen abgeben. Das ist bei anderen Medien wie der Presse anders. Vor Wahlen legen die öffentlich-rechtlichen Programme deswegen die genauen Regeln für ihre Berichterstattung fest. Der MDR macht sein "Wahlberichterstattungskonzept" sogar komplett im Vorfeld öffentlich.

Im Wahlberichterstattungskonzept des MDR wird aufgelistet, was an Beiträgen und Berichterstattung im Fernsehen, im Radio und Online geplant ist. Natürlich kann diese Liste aktuell immer ergänzt werden, um auf neue Entwicklungen und Unvorhergesehenes zu reagieren. Auch die anderen ARD-Anstalten, das ZDF, der Ereigniskanal phoenix und die Deutschlandfunk-Programme im Radio bereiten sich mit ähnlichen Konzepten auf die Berichterstattung über den Wahlkampf und die Wahlen selbst vor.

Große Unterschiede in der ARD

Dabei kommt es in der ARD mit ihren neun regionalen Landesrundfunkanstalten auch darauf an, ob es sich um eine Landtags- oder Bundestagswahl und um eine geplante Berichterstattung im Fernsehen oder im Radio handelt. Die nationale TV-Wahlberichterstattung bei Bundestagswahlen läuft nämlich ganz überwiegend im Ersten. Und dafür sind dann neben den neun Landesrundfunkanstalten auch das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin und die ARD-Fernsehchefredaktion in der Programmdirektion des Ersten in München zuständig. Anders sieht es beim Hörfunk aus: Da es keine ARD-Radiowelle für die gesamte Bundesrepublik gibt, sondern regionale Radioprogramme für das jeweilige Sendegebiet, haben auch viele Radiowellen eigene Wahlberichterstattungskonzepte.

Ganz generell gibt es hierbei aber große Unterschiede. Doch der Trend ist klar erkennbar - hin zur Transparenz.

Sender wollen sich ihre Flexibilität bewahren

Der Saarländische Rundfunk (SR) beispielsweise hat seine Wahlkonzepte bislang nicht veröffentlicht. "Es handelt sich bei unseren Konzepten um 'living documents', die auch auf Grund der gebotenen Aktualität in der Berichterstattung regelmäßig angepasst werden", sagt SR-Sprecher Peter Meyer. Änderungen könnten so bis unmittelbar vor dem Sende- oder Publikationstermin erfolgen. "Daher hat sich der SR bislang dafür entschieden, living documents nicht in Gänze zu veröffentlichen", so Meyer. Allerdings informiere der SR über die wichtigsten Sendungen wie die "Elefantenrunde" und andere Wahlsondersendungen oder Web-Dossiers zur Wahl per Pressemitteilungen und mit Hinweisen oder Trailern im SR-Programm und Online.

Ähnlich argumentiert der Norddeutsche Rundfunk (NDR). Seine Konzepte zur Wahlberichterstattung beinhalten unter anderem die Vorwahl- und Wahlberichterstattung, Interviewplanungen und Sonderformate, wobei alle Ausspielwege - also TV, Radio und Online - berücksichtigt werden. Dazu gehört bei Landtagswahlen auch eine crossmediale Übersicht der geplanten Sendungen und Angebote. "Für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 26. September 2021 ist neben der Abbildung von Wahlprogrammen, Porträts der Spitzenkandidaten und Trends in den Regelsendungen u.a. ein Feature für das NDR Fernsehen geplant." Am Wahltag selbst sowie am Tag danach werde es Sondersendungen auf allen Ausspielwegen geben, so die NDR-Pressestelle. Die kompletten Konzepte zur Wahlberichterstattung würden aber bislang nicht veröffentlicht, da sie "regelmäßig den aktuellen Entwicklungen angepasst werden". Der NDR informiert seine Nutzerinnen und Nutzer über die wichtigsten Sendungen und Veröffentlichungen in Pressemitteilungen und mit Hinweisen oder Trailern im NDR-Programm und Online.

Beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) heißt es ebenfalls, es gebe für jede Wahl ein redaktionelles Gesamtkonzept, das konkrete Planungen zu Einzelsendungen und Online-Angeboten enthält. "Sie dienen in erster Linie dazu, Kriterien zu entwickeln, anhand derer die Berichterstattung geplant wird", so die WDR-Pressestelle. Dabei gehe es vor allem darum sicherzustellen, dass das Programm in seiner Gesamtheit dem Grundprinzip der abgestuften Chancengleichheit der Parteien entspricht, also keine Partei bevorzugt oder benachteiligt wird. Dabei handele es sich aber um "redaktionsinterne Überlegungen, die zudem auch nicht statisch sind, sondern regelmäßig den aktuellen Entwicklungen angepasst werden", so der WDR: "Aus diesem Grund eignen sich die Konzepte aus unserer Sicht nicht für eine Veröffentlichung."

Wahlberichterstattungskonzept als nachträglicher Beleg im Streitfall

Bei Radio Bremen gibt es zwar Wahlberichterstattungskonzepte, die aber ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Sie dienten "mehr der eigenen Vergewisserung" und "für den Justiziar im Falle von Kritik als Beleg dafür, wie die Programme die Wahl abbilden", so Radio Bremen. "In der Veröffentlichung sehen wir keinen Mehrwert, wobei zu überlegen wäre, Einzelaspekte daraus tatsächlich transparent zu machen, um nachvollziehbar zu belegen, warum wir wie berichten."

Auch der Bayerische Rundfunk (BR) ist bei den vergangenen Wahlen wie die meisten Landesrundfunkanstalten vorgegangen. Im Vorfeld der Wahlberichterstattung wurde über die Formate in einer ausführlichen Pressemitteilung informiert. Zu einzelnen Sendungen wie Wahlarenen oder TV-Duell wurde im Vorfeld kommuniziert, auf Grund welcher Überlegungen die Sendungen jeweils zusammengestellt wurden. Alle Wahlsendungen wurden per Social Media begleitet – dort wurden entsprechende Fragen direkt beantwortet. "Auch für die Bundestagswahl 2021 wird der BR ein redaktionelles Gesamtkonzept erarbeiten. Rechtzeitig vor der heißen Wahlkampfphase werden die Grundüberlegungen und die geplanten Formate veröffentlicht", so BR-Pressechef Markus Huber.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) veröffentlicht ebenfalls kein Wahlkonzept. Bei der Landtagswahl in Brandenburg 2019 informierte eine ausführliche Pressemitteilung über die geplanten Sendungen.

SWR und HR sind auf dem Weg zu mehr Transparenz

Der Hessische Rundfunk (HR) will mit Blick auf die Bundestagswahlen im September 2021 dagegen bei der Transparenz eine Schippe drauflegen. "Wir hatten bei der Landtagswahl 2018 zwei Artikel dazu auf hr.de veröffentlicht, wo alles Wichtige kompakt zu lesen war", so die Pressestelle des Senders auf MDR MEDIEN360G-Anfrage. Für die Bundestagswahl wird es jetzt noch ein bisschen mehr. Im Konzept des hr ist zum Beispiel zur Vorwahlberichterstattung die "WählBar“ geplant. "Statt einer klassischen 'Elefantenrunde' der hessischen Spitzenkandidaten werden die Listenführer aller Parteien eingeladen, die im Bundestag vertreten sind und eine gute Chance haben, auch im Herbst wieder in das Parlament einzuziehen", so die hr-Pressestelle: "In der „WählBar“, einem von uns so genannten Gießener Lokal, werden wir versuchen, ihnen in einem lockeren Ambiente persönlich und politisch näher zu kommen."

2018 hatte der HR unter anderem erklärt, wer wie oft mit Wahlwerbespots vorkommt und warum dies sich von Partei zu Partei unterscheidet. Außerdem wurde erläutert, nach welchen Kriterien die Redaktionen Politikerinnen und Politiker in Vorwahlzeiten in ihre Sendungen einladen.

Einen Schritt hin zu mehr Transparenz bereits umgesetzt hat der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR). Zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 14. März dieses Jahres wurden die wesentlichen Grundsätze der SWR-Wahlberichterstattung in einer publikumsnahen Form veröffentlicht. Im Fokus hätten dabei weniger juristische Aspekte, als Interesse und Relevanz für die Nutzerinnen und Nutzer gestanden. "Damit legen wir die Grundsätze für unsere Entscheidungen offen und sorgen gleichzeitig dafür, dass sie verständlich und nachvollziehbar sind", so die SWR-Pressestelle. Dieses Angebot wird jetzt für die Bundestagswahl aktualisiert. Komplett veröffentlichen wird der SWR sein Wahlberichterstattungskonzept aber nicht.

tagesschau.de mit neuer Transparenz-Seite zur Bundestagswahl

tagesschau.de plant für die Homepage und die tagesschau-App ein umfangreiches Multimedia-Paket rund um die Bundestagswahl. Hier werden Wahlprogramme verglichen, die kleinen Parteien vorgestellt; es gibt Porträts der Kandidatinnen und Kandidaten, aber auch Informationen zu Briefwahl und Wahlrecht. Zuständig für dieses Angebot ist der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der darin auch über die Grundsätze der ARD-Wahlberichterstattung informieren wird. Die genaue Form und der konkrete Veröffentlichungstermin stehen im Moment allerdings noch nicht fest.

ZDF, Deutschlandradio und phoenix informieren breit, aber nicht alles

Der öffentlich-rechtliche Ereigniskanal phoenix plant umfangreiche Wahlberichterstattung zu allen anstehenden Wahlen im Superwahljahr. "Dabei gelten die rechtlichen Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", so die Pressestelle. Die Öffentlichkeit werde im Vorfeld umfassend über die Wahlberichterstattung informiert, die Veröffentlichung eines "Wahlkonzepts" analog zum MDR sei aber nicht geplant.

Die Erstellung oder Veröffentlichung eines "Wahlkonzepts" für die Programme des Deutschlandradios/Deutschlandfunks "ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht geplant", informiert die Pressestelle des nationalen Hörfunks. "Die Grundsätze für die publizistische Arbeit in den Deutschlandradio-Programmen gelten auch für die Wahlberichterstattung". Informationen über dieses journalistische Selbstverständnis finden sich im Netz.

Das ZDF plant neben etablierten Formaten wie aktuellen Nachrichtensendungen und -magazinen, Talkrunden sowie zahlreichen Dokumentationen auch verstärkt Formate, die vor allem auf die digitale Nutzung zugeschnitten sind. Eine komplette Veröffentlichung aller Angebote im Detail ist aber nicht geplant. Das Informationsangebot zur Bundestagswahl will das ZDF unter anderem auch über das ZDF-Presseportal und die ZDF-Unternehmensseiten im Netz kommunizieren.

Rundfunk, Presse und Politik

Im Hintergrund sitzt eine Person. Sie ist nicht erkennbar. Im Vordergrund ist ein Mikrofon zu sehen.
Lokaljournalisten, die in Dörfern und Kleinstädten arbeiten, laufen Gefahr, dass sich ihr Berufsleben auch auf ihr Privatleben auswirkt. Sie haben Sorge vor Übergriffen, weil nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Wohnorte oder Autos häufig bekannt sind. Bildrechte: MDR MEDIEN360G
Stilisierte Grafik zur ARD-Reform mit dem ARD-Logo am Haken eines Krans und einem grafisch dargestellten Baugerüst mit einem Bauarbeiter sowie Geldscheinen im Bildhintergrund. mit Video
Was soll der Öffentlich-Rechtliche leisten? Was soll er kosten? Darüber wird derzeit viel diskutiert. Dass es Reformbedarf gibt, das ist weitgehend Konsens. Nicht nur in der Politik, auch in den Rundfunkanstalten selbst. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Medien im Fokus

Ein Mann ist in drei Situationen abgebildet: in nachdenkender Pose, mit einem Tablet in der Hand, mit einer Kamera in der Hand. Im Hintergrund ist eine Fernsehregie zu sehen.
Reporter wie Olaf Nenninger arbeiten oft unter Zeitdruck, damit ein Nachrichtenbeitrag noch am selben Tag gesendet werden kann. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Foto: Daniela Dufft
Eine Person hat ein Smartphone in den Händen. An den Handgelenken ist die Person mit einer Kette gefesselt.
Ob Bahnticket oder Arzt- und Behördentermin – ohne Smartphone und Internet geht fast nichts mehr. Wer sich dem verweigert, läuft Gefahr, abgehängt zu werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Ein Mann im Rollstuhl spricht in eine Kamera auf einem Stativ.
Aus dem digitalen Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen mit einer Krankheit machen, können Betroffene Hoffnung und Mut schöpfen. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia

Sicher in der digitalen Welt

Ein Politiker steht vor Mikrofonen, lächelt in die Kamera und reckt beide Daumen nach oben. Das Foto hat mehrere digitale Bildfehler.
Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen meint, Desinformation gefährde die Demokratie. Manche Experten halten die Angst vor Fake News für übertrieben. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Kinder arbeiten im Unterricht auf ihren Tablets.
Ab dem nächsten Schuljahr werden Schulkinder in Thüringen im neuen Fach Medienbildung und Informatik unterrichtet. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services
Ein Mann und eine Frau posieren mit ihrem Säugling für ein Selfie.
Bevor Kinder fünf Jahre alt sind, sind bereits durchschnittlich 1500 Bilder von ihnen im Netz, so eine Studie. Und einmal online, haben die Eltern keine Kontrolle mehr darüber, wie die Bilder verwendet werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Zwei Kleinkinder sitzen nebeneinander und haben ein Smartphone und ein Tablet in der Hand.
Der Medienkonsum von Kindern kann mittels verschiedener Apps besser von den Eltern kontrolliert werden. Bildrechte: Panthermedia | MDR MEDIEN360G