Familienspaß
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Psychologie Mythos Lieblingskind: Töchter werden häufiger bevorzugt behandelt als Söhne

21. Januar 2025, 11:47 Uhr

Nicht jedes Elternteil hat ein Lieblingskind, aber wenn, dann ist es meist die Tochter. Außerdem genießen gewissenhafte Kinder tendenziell mehr Bevorzugung durch die Eltern als ihre nicht so gewissenhaften Geschwister. Das sagt zumindest eine Meta-Studie, in der Daten aus Nordamerika und Westeuropa untersucht wurden.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
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Falls Sie Kinder haben: Sind Sie sicher, dass Sie sie gleichbehandeln, oder bevorzugen Sie eines davon, vielleicht auch nur unbewusst? Und falls Sie Geschwister haben: Wurden die von Ihren Eltern genauso behandelt wie Sie? Oder gab und gibt es da vielleicht doch immer das Lieblingskind in der Familie? Diesen Fragen ist Psychologie-Professor Alexander Jensen von der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah gemeinsam mit seiner Kollegin McKell Jorgensen-Wells nachgegangen.

Untersucht haben die beiden 30 Forschungsarbeiten und 14 Datenbanken zum Thema elterliche Ungleichbehandlung. Insgesamt kamen so 19.469 "Teilnehmer" dieser Meta-Studie zusammen. Zwei Drittel davon stammten aus den USA, der Rest aus Westeuropa und Kanada. Das Forscher-Paar ist sich sicher, dass ihre Ergebnisse zumindest für den Kulturkreis der sogenannten westlichen Welt eine Aussagekraft haben, darüber hinaus aber nicht unbedingt.

Töchter werden bevorzugt, auch von Vätern

Die Wissenschaftler waren mit der Hypothese in ihre Arbeit gestartet, dass Mütter eher Töchter bevorzugen und Väter eher Söhne. Aber das stellte sich als falsch heraus. Töchter werden von beiden Elternteilen tendenziell mehr bevorzugt. Erkennbar war dieser Effekt sowohl in Westeuropa, als auch in Nordamerika, dort sogar noch stärker.

Interessant dabei war, dass Kinder selbst das offenbar gar nicht so wahrnehmen. "Es ist möglich, dass sich die Eltern innerhalb der Familie bewusst sind, dass Töchter leichter zu erziehen sind, und dass sie daher implizite Unterschiede in ihrer Erziehung erkennen", vermuten die Wissenschaftler in der Studie. "Da explizite Unterschiede in der Erziehung selten sind, behandeln Eltern ihre Töchter und Söhne möglicherweise nicht so unterschiedlich, dass Geschwister diese Unterschiede erkennen."

Geburtsreihenfolge spielt kleinere Rolle

Auch ob ein Kind das Erstgeborene, das Nesthäkchen oder irgendwo dazwischen ist, kann bei der Behandlung durch die Eltern eine Rolle spielen, allerdings laut Studienerkenntnissen keine homogene. Sprich: jüngere Geschwister werden in anderen Dingen bevorzugt als ältere Geschwister.

Denn die Forscher untersuchten fünf Aspekte der Bevorzugung oder Benachteiligung: allgemeine Behandlung, positive Interaktionen, negative Interaktionen, Ressourcenverteilung (Geld und andere Werte) sowie Kontrolle beziehungsweise Autonomie. In der Analyse der Geburtsreihenfolge kam dann zwar insgesamt eine ganz leichte Bevorzugung jüngerer Kinder heraus. Aber in Bezug auf Kontrolle und Autonomie wurden die älteren bevorzugt behandelt, also nicht so stark von den Eltern kontrolliert.

Anne Bormann, alleinerziehend mit drei Kindern 60 min
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MDR AKTUELL Mo 06.01.2025 08:00Uhr 60:25 min

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Persönlichkeitsmerkmale der bevorzugten Kinder

In der Psychologie gibt es die sogenannten "Big Five", also die fünf großen Persönlichkeitsmerkmale, die bei Menschen verschieden stark ausgeprägt sind und sich in gewisser Weise "messen" oder auf Skalen einordnen lassen. Das sind Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion (umgangssprachlich Extrovertiertheit), Verträglichkeit und Neurotizismus (Emotionskontrolle).

Die Wissenschaftler gingen aufgrund der bisherigen Studienlage mit folgenden Erwartungen in die Untersuchung: Höhere Gewissenhaftigkeit bei Kindern dürfte zu Bevorzugung durch die Eltern führen. Umgekehrt erwarteten sie, "dass Offenheit, Extraversion und Neurotizismus mit einer weniger bevorzugten Behandlung zusammenhängen würden", heißt es in der Studie.

Von diesen Hypothesen bestätigten sich aber nicht alle. In Übereinstimmung mit den Erwartungen neigten die Eltern dazu, gewissenhafte Kinder leicht zu bevorzugen. Diese Bevorzugung zeigte sich nicht nur durch mehr positive Interaktion der Eltern, sondern vor allem durch deutlich weniger negative. Unerwartet war aber auch ein sehr kleiner Effekt beim Persönlichkeitsmerkmal Verträglichkeit zu beobachten. "Ähnlich wie bei gewissenhaften Kindern sind verträgliche Kinder möglicherweise leichter zu erziehen", geben die Autoren als mögliche Begründung an. Und anders als erwartet, konnten keinerlei Effekte bei den Merkmalen Offenheit, Extraversion und Neurotizismus beobachtet werden.

Einmal Lieblingskind, immer Lieblingskind?

Abschließend untersuchten die Forscher noch, ob sich an den Vorlieben der Eltern etwas ändert, wenn die Kinder größer werden. Aber das war nicht zu beobachten. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, "dass sich der kleine Effekt, dass angenehme Kinder bevorzugt werden, von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter nicht unterscheidet. Mit anderen Worten: Die Eltern bevorzugen im Erwachsenenalter dieselben Kinder wie in der Kindheit."

Allerdings betonen die Wissenschaftler mehrere Einschränkungen, die diese Meta-Studie mit sich bringt. Zum einen flossen nur englischsprachige Originalstudien aus der "westlichen Welt" in sie ein. Und zum anderen ist es eine reine Korrelationsstudie, sie sagt also nichts über die Gründe einer eventuellen Bevorzugung aus. Und so konstatieren Jensen und Jorgenson-Wells: "Die Gründe, warum Eltern ihre Kinder unterschiedlich behandeln, sind wahrscheinlich vielschichtiger und gehen über die in dieser Studie untersuchten Faktoren hinaus."

Dennoch seien die Ergebnisse wichtig. Denn in vergangenen Studien sei festgestellt worden, dass weniger begünstigte Kinder zu einer Reihe von schlechteren Entwicklungsergebnissen neigen, wie zum Beispiel einer schlechteren psychischen Gesundheit, mehr Problemverhalten und schlechteren familiären Beziehungen. "Das Verständnis dieser Nuancen kann Eltern und Ärzten helfen, potenziell schädliche Familienmuster zu erkennen", sagt Alexander Jensen. "Es ist wichtig, dass sich alle Kinder geliebt und unterstützt fühlen."

Kinder übereichen einer Frau ein Geschenk. 24 min
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FIGARINOS FAHRRADLADEN Kleine Geschwister

Kleine Geschwister

MDR TWEENS Mo 11.01.2021 13:07Uhr 24:20 min

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 06. Januar 2025 | 08:00 Uhr

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