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Wissen-News Psychedelische Substanzen als Hilfe in der Suchttherapie?

26. August 2024, 16:28 Uhr

Das Ansehen von Psychedelika unterliegt einem Auf und Ab. Nachdem sie lange als gefährliche Partydrogen galten, finden sie nun neue medizinische Anerkennung – und das ausgerechnet in der Suchttherapie. Eine kanadische Forschungsgruppe möchte die Diskussion um solche "bewusstseinserweiternde" Substanzen anregen und mehr Forschung auf diesem Gebiet erreichen.

Psychedelika sind bei der Therapie von Suchterkrankungen auf dem Vormarsch. Zu diesem Schluss kommt eine kanadische Forschungsgruppe, die die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema zusammengetragen hat. Bei Alkohol- und Opioidabhängigkeit sowie einigen anderen Suchtformen führten psychedelisch unterstützte Therapien zu höheren Abstinenzraten als bei konventionellen Therapien allein. Besonders auffällig sei, wie schnell die psychedelisch unterstützte Therapie im Vergleich zur Standardtherapie wirken kann: Bereits nach ein bis drei Therapiesitzungen seien dauerhafte Vorteile festgestellt worden.

Was vielleicht paradox klingt, lässt sich laut Psychiaterin Dominique Morisano vom Zentrum für Sucht und psychische Gesundheit der Universität Toronto erklären. Substanzabhängige Menschen würden in der Regel Drogen nehmen, um sich vor ihren beunruhigenden Gedanken und Gefühlen zu "verstecken", sagt sie. Die psychedelisch unterstützte Therapie scheine dann dazu beizutragen, "den Schleier zu lüften" und den Menschen Einsichten oder einen gewissen Aha-Effekt zu ermöglichen, der die Genesung unterstützt. Die Patienten können laut Morisano zum Beispiel ein neues Gefühl der Selbstwirksamkeit entwickeln, das es ihnen leichter macht, gesündere Verhaltensweisen und Bewältigungsstrategien anzunehmen.

Allerdings betont die Psychiaterin, dass Psychedelika nicht dazu taugen, sich selbst in Eigenregie zu therapieren. Die psychotherapeutische Komponente sei entscheidend: "Viele Menschen sind zu der Annahme verleitet worden, sie könnten sich selbst eine Mikrodosis verabreichen. Aber man kann die Psychotherapie nicht einfach weglassen."

Wie genau Psychedelika den beobachteten positiven Effekt erreichen, ist laut Morisano allerdings noch zu wenig erforscht. Eine Theorie sei, dass sie über "Neuroplastizität" wirken – die Fähigkeit des Gehirns, seine Verdrahtung neu zu organisieren. Es gebe aber immer noch grundlegende offene Fragen, zum Beispiel welche Psychedelika bei welchen Abhängigkeiten am wirksamsten sind. Für solche Forschung, die bislang hauptsächlich aus privaten Quellen finanziert würde, seien größere Mittel erforderlich.

Morisano und ihr Team zeigen sich in den Schlussworten ihrer Studie deshalb gespannt, wie Historiker, Sozialwissenschaftler und Suchtforscher in 100 Jahren über Psychedelika denken werden. Sie schreiben: "Wird die gegenwärtige Ära als eine bahnbrechende Periode betrachtet werden, in der die Entdeckungen im Bereich der therapeutischen Anwendungen Psychedelika zur bevorzugten Behandlung von Süchten machten? Oder wird sie als eine Zeit betrachtet werden, in der eine weitere Modeerscheinung, die auf falschen und illusorischen Beweisen beruhte, aus dem medizinischen Arzneibuch verschwand?"

(rr, pm)

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 15. März 2024 | 17:01 Uhr

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