Ein Mann berührt in einem Büro die Schulter seiner Arbeitskollegin (gestellte Szene). 3 min
Audio: In den Urteilen der Woche geht es um sexuelle Belästigung, die Kosten für eine Krebstherapie und Anspruch auf Hinterbliebenengeld. Bildrechte: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Urteile der Woche Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Nicht jede Kündigung ist gerechtfertigt

22. März 2025, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Kündigung bei sexueller Belästigung nicht in jedem Fall gerechtfertigt

Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Az. 7 TaBV 67/23)

Falko Falkenstein ist auf einer Betriebsfeier sichtlich angetrunken. Auf dem Weg zur Tanzfläche schlägt er einer Arbeitskollegin mit der flachen Hand auf den Hintern. Später gibt er an, seine geringe Alkoholtoleranz und Medikamente hätten dazu geführt, dass er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Allerdings hatte er sich noch am selben Abend mündlich bei der Kollegin entschuldigt und dies am Folgetag auch in einer E-Mail wiederholt. Trotzdem sieht sein Arbeitgeber eine schwere Pflichtverletzung. Er  beantragte gerichtlich, den Mitarbeiter außerordentlich zu kündigen.

Am Landesarbeitsgericht Düsseldorf sah man es anders: "Zwar kann eine sexuelle Belästigung einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Es muss jedoch immer zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers abgewogen werden. So ist die lange, beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen und die Tatsache, dass es sich um den ersten Vorfall dieser Art handelte. Auch die aufrichtige Reue des Arbeitnehmers in der Entschuldigung nach dem Vorfall und in der E-Mail am Folgetag muss berücksichtigt werden."

Das Gericht hielt in diesem Fall eine Abmahnung für ausreichend.


Sozialamt muss einer Besucherin aus dem Ausland nicht die Brustkrebstherapie bezahlen

Sozialgericht Hannover (Az. S 4 SO 334/24 ER)

Siruna Sinkan kommt aus einem außereuropäischen Land und ist mit Besuchsvisum in Deutschland. Vor ihrer Einreise hat sie eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Da sie an Brustkrebs leidet, beginnt sie eine Therapie an einem Krankenhaus in Deutschland. Die Leistungen der Versicherung reichen dafür nicht aus. Also beantragt sie eine Kostenübernahme von 80.000 Euro durch die Sozialhilfe. Die Behörde allerdings lehnt ab.

Der entsprechende Eilantrag am Sozialgericht Hannover bliebt ohne Erfolg: "Die Antragsstellerin ist hier mit einem Besuchsvisum nach Deutschland eingereist. Sie ist schon deshalb von Sozialleistungen ausgeschlossen, weil sie nicht über ein festes Aufenthaltsrecht verfügt und auch kein Härtefall vorliegt. Außerdem sind die Kosten einer solchen Krebsbehandlung absehbar – die Frau  hätte sich vorab in höherem Umfang absichern können. Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Behandlung in Deutschland und nicht in ihrem Heimatland stattfinden sollte.

Der Eilantrag auf Erstattung der 80.000 Euro für die Brustkrebsbehandlung wurde abgelehnt.


Sohn hat nach dem Mord an der Mutter Anspruch auf Hinterbliebenengeld 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az: 3 U 103/24)

Heiner Heinemann muss einen schrecklichen Mord verarbeiten: Der frühere Lebenspartner seiner Mutter hat diese erschossen. Der Täter erhält vom zuständigen Strafgericht eine 12-jährige Haftstrafe. Nun geht es um den  Anspruch auf Hinterbliebenengeld. Der Sohn ist der Meinung, dass ihm das Geld zusteht.

Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main bekam er Recht: "Der Kläger hat Anspruch auf Hinterbliebenengeld, da er zum betreffenden Zeitpunkt in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis zu seiner Mutter stand. Ein solches Näheverhältnis zwischen Eltern und Kindern wird auch gesetzlich vermutet. Bei der Höhe des Hinterbliebenengeldes handelt es sich um einen angemessenen Durchschnittsbetrag, der dem seelischen Leid des Klägers und dem Grad des Verschuldens des Beklagten Rechnung trägt."

Der Sohn erhält 10.000 Euro.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. März 2025 | 08:24 Uhr

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