
Shopping im Livestream Neuer TikTok Shop: Mögliche Konkurrenz für Onlinehändler und Datenschutz-Bedenken
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12. April 2025, 05:00 Uhr
Seit Ende März können Nutzer von TikTok über das soziale Netzwerk einkaufen. Der sogenannte TikTok Shop ist direkt in die App mit eingebunden. Live-Shopping ist ein Trend im Onlinehandel, bei dem Produkte in Livestreams vorgestellt werden. Ob TikTok damit anderen Anbietern wie Amazon Konkurrenz machen kann, bleibt abzuwarten. Kritiker äußern Bedenken in Bezug auf den Datenschutz.
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Seit Ende März ist es möglich, über das soziale Netzwerk TikTok zu shoppen. Der sogenannte TikTok Shop ermöglicht es Händlern, ihre Produkte direkt in der App zu verkaufen. Das geschieht über einen speziellen Knopf, der bei entsprechenden Videos oder Livestreams eingeblendet wird. Zudem soll es einen extra Reiter geben. Käufer müssen dann ihre Adresse und die Zahlungsdaten bei TikTok angeben. In anderen Ländern, wie den USA oder Großbritannien, gibt es den Shop schon länger.
Trend zum Live-Shopping
Durch die neue Funktion müssen Nutzer nicht mehr erst den Onlineshop eines Händlers aufsuchen, wenn sie etwas bei TikTok gesehen haben, was sie kaufen möchten. Nach eigenen Angaben von TikTok hat die App 24,2 Millionen regelmäßige Nutzer in Deutschland.
Live-Shopping simuliere, dass Kunden ein lokales Geschäft aufsuchen und mit einem Verkäufer interagieren, obwohl sie eigentlich Zuhause sind, erläutert Lars Hofacker, Leiter des Forschungsbereichs E-Commerce des Handelsforschungsinstituts EHI auf MDR-Anfrage. "Diese Verbindung von persönlicher Interaktion und digitalem Einkaufserlebnis wird durch Entertainment-Elemente ergänzt, was das gesamte Erlebnis unterhaltsamer und ansprechender macht", sagt er. Für Kunden sei es ein Vorteil, dass sie die Produkte in Echtzeit entdecken, sich über deren Funktionen informieren und in Live-Shopping-Formaten direkt Fragen stellen könnten.
Was ist Live-Shopping und welche Bedeutung hat es? Beim sogenannten Live-Shopping werden nach Angaben des EHI Mechanismen und Vorteile von Teleshopping, Onlineshopping, Conversational Commerce und Livestreaming kombiniert. "Laut einer EHI-Studie sehen viele Händler in den kommenden fünf Jahren großes Potenzial für Live-Shopping-Geschäftsmodelle. Der interaktive und personalisierte Ansatz dieser Modelle, unterstützt durch KI, kann das Einkaufserlebnis revolutionieren, indem es eine noch direktere und auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnittene Art des Online-Einkaufs bietet", sagt Lars Hofacker, Leiter des Forschungsbereichs E-Commerce des Handelsforschungsinstituts EHI.
Experte warnt vor Impulskäufen
E-Commerce-Experte Lars Hofacker vom EHI gibt Hinweise, worauf Nutzer bei Online-Shopping-Plattformen achten sollten, um sicher und verantwortungsbewusst einzukaufen: "Dazu gehören die Seriosität der Verkäufer, der Schutz persönlicher Daten sowie klare und transparente Produktinformationen." Zudem sei es ratsam, sich bewusst gegen potenzielle Kaufanreize wie Sonderaktionen oder Impulskäufe zu wappnen. Dafür könnte man die zahlreichen Vergleichsmöglichkeiten im Netz, etwa durch Vergleichsportale und andere Onlineshops, nutzen. Auch vertrauenswürdige Gütesiegel könnten als Orientierungshilfe dienen.
"Der Einstieg von TikTok Shop in den deutschen Markt ist ein entscheidender Schritt, da TikTok als äußerst einflussreiche Plattform nicht nur Trends setzt, sondern auch Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflusst", so Hofacker. Zudem könnte sich laut dem Experten durch das direkte Einbinden der Shopping-Funktion in die Plattform das Kaufverhalten der Nutzer verändern und das Wachstum von Live-Shopping und Video-Commerce in Deutschland beschleunigen.
Neue Konkurrenz im Onlinehandel?
Mit seinem Shop steigt das soziale Netzwerk, das zum chinesischen Konzern Bytedance gehört, neu in den deutschen Onlinehandel ein. Aber kann TikTok eine ernstzunehmende Konkurrenz für bereits etablierte Anbieter wie Amazon sein? Wie verschiedene Medien berichten, gehe es bei TikTok eher um spontane Kaufentscheidungen – man hatte zuvor also gar nicht vor, das Produkt zu kaufen.
Lars Hofacker vom EHI denkt, dass die Plattform besonders in trendaffinen Kategorien wie Fashion, Beauty und Technik mitmischen kann. "Ob daraus eine nachhaltige Marktposition entsteht, hängt davon ab, ob TikTok über das soziale Momentum hinaus ein zuverlässiges Einkaufserlebnis und stabile Partnerschaften mit Händlern und Marken etablieren kann", sagt er.
Neben Umsatz durch Spontankäufe und der Möglichkeit, die Produkte per Video live zu präsentieren, ist für Händler sicherlich auch interessant, dass TikTok derzeit fünf Prozent Provision verlangt. Zum Vergleich: Beim Konkurrenten Amazon hängt die Gebühr von der Produktkategorie ab und kann bis zu 45 Prozent betragen.
Sorge um Datenschutz und junge Nutzer
Die Social Media-Plattform ist vor allem bei Jüngeren beliebt und darf laut Nutzungsbedingungen ab 13 Jahren genutzt werden. Für den Shop gibt es allerdings eine andere Altersgrenze. Sie liegt bei 18 Jahren. "Wenn wir feststellen, dass jemand nicht in der richtigen, altersgerechten Erfahrung ist, schränken wir den Zugang zu den Funktionen, einschließlich Shop, ein", schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. Ob sich immer verhindern ließe, dass Jugendliche nicht über den Shop einkaufen, ist nach ZDF-Berichterstattung fraglich.
Parsya Baschiri von der Verbraucherzentrale Bremen erklärt gegenüber Radio Bremen, dass TikTok für Jüngere zur Schuldenfalle werden könnte. Sie müssten für einen Einkauf nicht mehr die App verlassen, sondern könnten schnell und unkompliziert viele verschiedene Produkte kaufen, erläutert der Experte im Artikel.
Immer wieder ist auch von kritischen Stimmen zum Thema Datenschutz bei TikTok zu hören, sodass sich die Frage der Sicherheit der Daten auch beim neuen Shop stellt. Wie die Tagesschau berichtet, warnt Gerit Heinemann, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Niederrhein, vor Risiken: "Die Kundendaten werden bei chinesischen Unternehmen gespeichert, möglicherweise sogar auf chinesischen Servern. Wir haben keine Kontrolle darüber, was mit diesen Daten passiert." Beim ZDF sagt der Chef von TikTok-Shop Deutschland Max Burianek über die Datenspeicherung hingegen: "Die findet schon jetzt nur in Irland, Norwegen und den USA statt." Es sei eine ausschließliche Speicherung in der EU geplant.
Im Tagesschau-Artikel von Ende März 2025 heißt es weiter, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den Datenschutz vor dem Start von TikTok Shop noch nicht bewerten konnte. Trotz der großen Chancen empfehle der vzbv, beim Einkauf über TikTok Shop Vorsicht walten zu lassen.
MDR (jvo)
Dieses Thema im Programm: Eine Minute Geld auf TikTok | 09. April 2025 | 15:00 Uhr