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Diskriminierung Wann aus einem Kompliment eine Belästigung wird

25. Juli 2023, 13:52 Uhr

Der Schutz vor Diskriminierung und vor Rassismus ist ein fundamentales Menschenrecht. Aber welche Strafen drohen bei Missachtung? Und wie können sich Betroffene erfolgreich gegen Diskriminierung, Hass und Hetze wehren? Rechtsexperte Gilbert Häfner gibt Antworten auf diese in der Politik stark debattierten Fragen.

MDR um 4 Rechtsexperte Gilbert Häfner, Experte zum Thema "Alles rechtens?".
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Welche Strafe droht, wenn man auf "die Juden" schimpft?

Je nach Inhalt und äußeren Umständen einer ehrverletzenden Äußerung können die Tatbestände der Beleidigung (§ 185 des Strafgesetzbuchs - StGB), der verhetzenden Beleidigung (§ 192a StGB), der üblen Nachrede (§ 186 StGB), der Verleumdung (§ 187 StGB) oder der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 StGB) erfüllt sein. Im letztgenannten Fall droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Bei den übrigen in Betracht kommenden Delikten liegt der Strafrahmen niedriger; dort kann statt einer Freiheitsstrafe auch Geldstrafe verhängt werden.

So mancher ist der Ansicht, dass jüdische Organisationen zu viel Einfluss auf politische Entscheidungen hätten. Weil er im Rahmen eines dazu geführten öffentlichen Diskurses den Vorsitzenden einer Jüdischen Gemeinde unter anderem als "frechen Juden-Funktionär" bezeichnet hatte, wurde der mehrfach einschlägig vorbestrafte Bundesvorsitzende einer rechtsextremen Kleinstpartei im Jahr 2020 rechtskräftig wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Wird nicht die Meinungsfreiheit zu sehr eingeschränkt, wenn man seine Auffassung nicht mehr in pointierter Weise öffentlich kundtun darf?

Vor dem Reichstag wird ein Grundgesetz gehalten.
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Art. 5 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet die Freiheit der Meinung als Geistesfreiheit unabhängig von der inhaltlichen Bewertung ihrer Richtigkeit oder Gefährlichkeit. Insoweit darf – und soll – die öffentliche Auseinandersetzung offen geführt werden. Es muss dabei aber, wie von § 130 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, der öffentliche Frieden gewahrt bleiben.

Maßgeblich dafür, ob eine Äußerung als nicht mehr friedlich in diesem Sinne zu qualifizieren ist, ist nicht nur deren Wortlaut, sondern auch der Kontext einer Äußerung. In dem konkreten Fall haben die Gerichte die zum Tatvorwurf erhobene Äußerungen als ein Aufstacheln zum Hass gegen die jüdische Bevölkerung bewertet; sie haben dies aus der Verwendung von Begrifflichkeiten, die in der nationalsozialistischen antisemitischen Propaganda benutzt wurden ("frecher Jude"), aus einem zugleich abgegebenen Lob auf "Männer der Waffen-SS" und aus dem unmittelbar an die Äußerung angeschlossenen Boykottaufruf gegenüber der vom Betroffenen geleiteten jüdischen Gemeinde gefolgert. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 07. Juli 2020, Az. 1 BvR 479/20) hat die darauf gestützte strafrechtliche Verurteilung als verfassungsgemäß angesehen und deswegen die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Verurteilten nicht zur Entscheidung angenommen. 

Ist das Leugnen der Existenz nationalsozialistischer Konzentrationslager und des dort begangenen Völkermords an Juden vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt?

Das öffentliche Billigen, Leugnen oder Verharmlosen von unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen ist, wenn es in einer zur Störung des öffentlichen Friedens geeigneten Weise geschieht, als Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 3 StGB im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Insoweit besteht für das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, das auch und gerade für mit der Wirklichkeit unvereinbare Überzeugungen Einzelner gilt, ebenfalls eine Schranke. Diese findet ihre Rechtfertigung insbesondere im Schutz der über den Tod hinausreichenden Menschenwürde der Opfer.

Gibt es einen Schutz vor Diskriminierung im Wirtschafts- und Arbeitsleben?

Seit nunmehr 15 Jahren gilt in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sein Ziel ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Das AGG findet Anwendung auf Arbeitsverhältnisse sowie auf zivilrechtliche Massengeschäfte und Vertragsverhältnisse über privatrechtliche Versicherungen.

Darf eine der Katholischen Kirche unterstehende Bildungseinrichtung, die einen neuen Leiter sucht, in der Stellenausschreibung die katholische Konfession des Bewerbers zur Bedingung erheben oder werden hierdurch Mitbewerber anderer Glaubensrichtungen zu Unrecht benachteiligt?

Das Verbot einer unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung hat Ausnahmen. Insoweit bestimmt § 9 AGG, dass bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften oder deren zugeordnete Einrichtungen eine Ungleichbehandlung zulässig ist, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht oder die Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Die Kirche hat daher das Recht, die Zugehörigkeit ihrer Mitarbeiter zu einer bestimmten Religion zur beruflichen Anforderung zu erheben, und zwar auch dann, wenn Tätigkeiten in Rede stehen, die keine Nähe zu ihrem Verkündigungsauftrag haben.

Verstößt eine Stellenausschreibung mit dem Zusatz "Frauen werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt" gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Geschlechter?

Frauen begünstigende Ungleichbehandlungen sind als positive Maßnahmen im Sinne des § 5 AGG bei der Stellenvergabe nur unter engen Voraussetzungen zulässig: Zum einen müssen sie der Beseitigung tatsächlicher Defizite, etwa der Unterrepräsentation von Frauen in einer bestimmten Berufsgruppe, dienen. Ist das der Fall, darf eine weibliche Bewerberin auch nur dann gerade wegen ihres Geschlechts vorgezogen werden, wenn sie gegenüber den männlichen Mitbewerbern tatsächlich (mindestens) gleich qualifiziert ist. 

Ist es schon eine sexuelle Belästigung, wenn ein Vorgesetzter seiner Kollegin am Arbeitsplatz auf den Ausschnitt starrt?

Mann bedrängt Frau
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Alle unerwünschten Annäherungen am Arbeitsplatz sind nach dem AGG unzulässig. Hierzu gehören nicht nur Berührungen der Kollegin, etwa das unerwünschte Massieren des Nackens oder ein Klaps auf den Po, sondern auch sonstige Handlungen mit sexuellem Bezug, zum Beispiel das auffällige Starren auf den Ausschnitt oder entsprechende Bemerkungen, etwa über die Figur oder gar Brust der Kollegin.

Muss sich eine Mitarbeiterin damit abfinden, dass die männlichen Kollegen im gemeinsamen Büro häufig Witze mit sexuellen Anspielungen erzählen?

Nein. Schlüpfrige Bemerkungen und Witze mit sexuellem Gehalt muss niemand gegen seinen Willen am Arbeitsplatz über sich ergehen lassen. Allerdings wird die Grenze zwischen einer lustigen flapsigen Bemerkung und einer Belästigung durch einen Witz manchmal persönlich unterschiedlich empfunden. Deshalb sollte, wer sich von so genannten Herrenwitzen gestört fühlt, dies unmissverständlich deutlich machen. Hier genügt oft bereits ein deutliches Wort gegenüber den Kollegen.

Quelle: MDR um 4

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 28. Oktober 2021 | 17:00 Uhr

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