Urteile der Woche Post-Covid-Syndrom: Unfallversicherung muss Verletztenrente zahlen
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01. Februar 2025, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Post-Covid-Syndrom bei Pfleger als Berufskrankheit anerkannt
Sozialgericht Heilbronn (Az. S 2 U 426/24)
Beni Bessert arbeitet als Krankenpfleger in einem Klinikum. Ende 2020 steckt er sich mit Corona an. Er leidet zunächst unter grippeähnlichen Beschwerden. Im Laufe der Zeit verschlimmern sich die Symptome. 2021 dann die Diagnose: Post-Covid-Syndrom mit deutlichen Einschränkungen bei den kognitiven Fähigkeiten. Herr Bessert macht eine Reha. Es folgen die Wiedereingliederung im Job, eine weitere Reha. Die Beschwerden bleiben und gipfeln schließlich in einer schweren Depression. Herr Bessert ist kaum noch belastbar und beantragt 2023 bei der Unfallversicherung die Verletztenrente. Das wird abgelehnt mit der Begründung, bisher liege über wesentliche Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion kein gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand vor.
Unterschied zwischen Long Covid und Post-Covid-Syndrom
Long Covid ist ein Sammelbegriff für Symptome, die länger als vier Wochen nach einer Covid-19-Infektion andauern.
Post-Covid-Syndrom bezeichnet speziell Beschwerden, die länger als 12 Wochen nach der Infektion bestehen und nicht durch eine andere Diagnose erklärt werden können.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention
Beni Bessert klagt vor dem Sozialgericht Heilbronn und das stellte fest: "Das beim Kläger vorliegende Fatigue-Syndrom und die kognitiven Störungen sind häufig bis sehr häufig auftretende Symptome eines Post-Covid-Syndroms. Ferner liegt zu den Folgen einer Covid-19-Erkrankung inzwischen eine Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften vor."
Nach aktuellem Stand muss die Unfallversicherung dem Krankenpfleger eine Verletztenrente zahlen. Allerdings hat die Versicherung Berufung eingelegt.
Wer Verkehrsschilder nicht versteht, sollte erst recht langsam fahren
Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 2 Orbs 4/25)
Armin Ampler ist mit dem Pkw auf der Autobahn unterwegs. Im Bereich einer Lkw-Kontrolle ist die Höchstgeschwindigkeit aus Sicherheitsgründen mit 60 km/h angegeben. Ein weiteres Klappschild zeigt ein Überholverbot für Lkws und Busse an. Herr Ampler fühlt sich nicht angesprochen und passiert die Kontrollstelle mit 146 km/h. Dafür soll der Autofahrer später zahlen. Das Amtsgericht Fulda verurteilt ihn wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung von 86 Kilometern pro Stunde außerorts zu einer Geldbuße von 900 Euro und einem Fahrverbot von drei Monaten.
Armin Ampler legt Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein und erklärt, die Beschilderung auf der Autobahn sei völlig verwirrend gewesen. Die Richter sehen das anders. "Wer Verkehrsschilder nicht versteht oder verstehen will, handelt vorsätzlich, da er sich bewusst gegen die Rechtsordnung stellt. Dass der Betroffene bereits diese klar verständliche Anordnung nicht versteht, begründet vielmehr die Notwendigkeit der Überprüfung, ob der Betroffene noch kognitiv in der Lage ist, am Straßenverkehr teilzunehmen."
Der Autofahrer muss das Bußgeld also zahlen.
Anspruch auf Leihwagen trotz überzogener Prüfplakette
Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 117/24)
Roland Rollert wird schuldlos in einen Autounfall verwickelt. Sein Wagen ist danach nicht mehr brauchbar: Totalschaden. Herr Rollert nimmt sich zunächst für zwei Wochen einen Leihwagen und beantragt die Kostenübernahme bei der gegnerischen Unfallversicherung. Es geht um 1.025 Euro. Die Versicherung stellt aber fest: Die TÜV-Prüfplakette von Rollerts Auto war zum Unfallzeitpunkt seit sechs Wochen abgelaufen. Der Geschädigte bekommt kein Geld zurück und klagt deshalb vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.
Das stellt sich auf die Seite der Versicherung und begründet, ohne Prüfplakette hätte Herr Rollert das Fahrzeug gar nicht nutzen dürfen. Der Bundesgerichtshof schätzte den Fall nun anders ein: "Der Kläger war ohne den Unfall nicht bereits aus Rechtsgründen an der Nutzung seines Fahrzeugs gehindert. Das Fahren mit überzogenem Prüftermin ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit. Zwar kann die Zulassungsstelle die weitere Nutzung des Autos untersagen, das ist hier aber nicht geschehen."
Das Landgericht muss nun also noch einmal prüfen, ob die Unfallversicherung doch für den Leihwagen zahlen muss.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Februar 2025 | 06:00 Uhr