Urteile der Woche Polizeianwärter muss trotz Schlaganfalls in Ausbildung eingestellt werden
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22. Februar 2025, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Polizeianwärter muss trotz eines Schlaganfalls in der Ausbildung eingestellt werden
Bundesverwaltungsgericht (Az. 2 C 4.24)
Polizeianwärter Thoralf Thormann* ist Beamter auf Probe. Während seiner Ausbildung bekommt er einen Schlaganfall. Er setzt deshalb längere Zeit aus, wird aber wieder vollkommen gesund. Nun kann er sein Studium an der Polizeihochschule erfolgreich abschließen. Das Bundesland will ihn aber nicht in den Polizeidienst einstellen. Er sei nicht mehr uneingeschränkt polizeidienstfähig, heißt es zur Begründung. Das zuständige Verwaltungsgericht weist dennoch das Land an, ihn einzustellen. Laut medizinischem Sachverständigen habe der Kläger ein Risiko von 35 Prozent noch einen weiteren Schlaganfall zu erleiden.
Das Bundesverwaltungsgericht stimmte letztlich zu: "Für einen Polizisten gilt kein anderer Maßstab als bei Bewerbern für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Wenn der Bewerber aktuell voll dienstfähig ist, kann seine gesundheitliche Eignung nur unter bestimmten Umständen angezweifelt werden. Das gilt dann, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass er vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig wird." Diese große Wahrscheinlichkeit liegt bei 35 Prozent nicht vor, der Polizist muss also eingestellt werden.
Online-Reisevermittler muss auf notwendiges Durchreise-Visum hinweisen
Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 6 U 154/24)
Familie Palmenwind* bucht ihre Reise diesmal über eine Online-Buchungsplattform. Es geht um einen Flug von Zürich ins neuseeländische Auckland. Geplant ist ein Zwischenstopp in der US-Metropole Los Angeles. Dort benötigt die Familie für die Durchreise eine Genehmigung – das sogenannte Esta. Auf der Buchungsplattform wird auf die notwendige Sicherheitsüberprüfung aber nicht hingewiesen. Beim Abflug in Zürich darf die Familie deshalb nicht in die Maschine nach Los Angeles einsteigen. Ihr Rechtsvertreter macht dafür die Online-Plattform verantwortlich. Sie hätte bei der Buchung auf das benötigte Esta hinweisen müssen.
Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main stimmte man dem zu: "Die Online-Plattform war verpflichtet bei der Buchung alle für die Auswahl wichtigen Informationen bereitzustellen. Die nötige Genehmigung für einen Zwischenstopp ist genau eine solche wesentliche Information. Wegen der dafür anfallenden Kosten spielt sie eine wichtige Rolle bei der Auswahl und Entscheidung für die eine oder andere Flugroute." Auf dem Online-Portal muss der entsprechende Hinweise nun auftauchen.
Keine Mithaftung von nicht angeschnalltem Mitfahrer
Oberlandesgericht Köln (AZ: I-3 U 81/23)
Edgar Edicke* ist Fahrer einer größeren Limousine. Mit Alkohol im Blut gerät er bei stark überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn. Dort stößt er mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen. Die Beifahrerin in diesem Wagen wird sehr schwer verletzt. Eine weitere Mitfahrerin auf der Rückbank war beim Aufprall nicht angeschnallt. Auch sie verletzt sich schwer. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers kommt selbstverständlich für die Schäden der verletzten Beifahrerin auf. Bei der nicht angeschnallten Mitfahrerin sieht es anders aus: Sie habe durch das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts die Verletzungen der Beifahrerin mitverursacht, heißt es zur Begründung.
Am Oberlandesgericht Köln war man anderer Ansicht: "Grundsätzlich kann der Verstoß gegen die Gurtpflicht dazu führen, dass eine Mithaftung für den Unfall begründet ist. Im vorliegenden Fall tritt allerdings diese Haftung hinter das schwerwiegende Verschulden des Unfallverursachers zurück. Dieser hat durch seine rücksichtslose Fahrweise den Unfall in besonders schwerwiegender Weise verschuldet – und auch die damit verbundenen Verletzungen." Die nicht angeschnallte Mitfahrerin wird also von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers entschädigt.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Februar 2025 | 08:23 Uhr