Östrogen, Testosteron und Co. Wechseljahre und Hormonumstellung – Was Männer und Frauen wissen sollten
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04. Juni 2024, 05:00 Uhr
Sowohl bei Frauen als auch bei Männern verändert sich der Hormonhaushalt gravierend. Viele werden von Schlafstörungen geplagt. Was passiert im Körper? Wie kommt man(n) leichter durch den Prozess?
Hormone können uns glücklich oder traurig machen, dick oder dünn – und sie lassen unsere Knochen, Organe und Muskeln wachsen. Je mehr sie im Gleichgewicht sind, desto besser fühlen wir uns. Rund um das 50. Lebensjahr baut sich der menschliche Körper bei Männern und Frauen um. Doch während der Prozess bei Männern ganz langsam und kontinuierlich verläuft, kommt es bei Frauen zu heftigen und schubweisen Veränderungen, auch Wechseljahre genannt.
Die Ursachen für den Hormonwandel sind bei Männern und Frauen verschieden, die Beschwerden dagegen allerdings oft gleich.
So macht sich die Hormonveränderung bemerkbar
Ganz klar – das größte Thema beim Hormonwandel im Erwachsenenalter ist bei Männern und Frauen die Gewichtszunahme. Dazu kommen Schlafstörungen, manchmal Depressionen, schwindende Muskelkraft, abnehmendes sexuelles Verlangen, Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, erhöhter Blutzuckerspiegel oder auch Bluthochdruck.
Gründe bei Männern und Frauen verschieden
Bei Frauen ist unter anderem der sinkende Östrogenspiegel für die Umbauprozesse verantwortlich, bei Männern der sinkende Testosteronspiegel.
Bereits schon in den Dreißigern, ganz gewiss aber ab dem 40. Lebensjahr nimmt der Testosteronspiegel des Mannes kontinuierlich ab – um ein bis zwei Prozent pro Jahr. Das ist allerdings keine krankhafte Veränderung, sondern ein ganz natürlicher Prozess.
Bei Frauen weisen die Östrogenwerte schon in den fruchtbaren Jahren enorme, aber natürliche Schwankungen auf. In der ersten Zyklushälfte gelten Östrogenwerte von 25 bis 95 ng/l im Blutserum gemessen als normal. Während des Eisprungs liegt der Wert bei 75 bis 570 ng/l.
In der Perimenopause, also den Jahren vor der letzten Regelblutung, nimmt die Östrogenproduktion in den Eierstöcken stetig ab. Allerdings kommt es während der hormonellen Veränderungen zunächst zu noch ausgeprägteren Schwankungen, die Amplitude zwischen den höchsten und niedrigsten Werten wird also größer. Das kann für den Körper sehr anstrengend sein.
Nach der Menopause, also nach der letzten Blutung, kommt die Östrogenproduktion dann ganz zum Erliegen. Dieser Östrogenmangel bedeutet eine große Herausforderung für den Körper, da das Hormon in vielen Stoffwechselprozessen eine große Rolle spielt. Die Anpassung des Körpers kann einige Jahre dauern und bringt für viele Frauen Beschwerden mit sich.
Östrogene – wofür brauchen wir sie?
Östrogene werden bei Frauen in den Eierstöcken, in der Nebennierenrinde und der Plazenta gebildet. Auch bei Männern kommen Östrogene vor, welche im Hoden gebildet werden.
Das Hormon ist wichtig für den Knochenstoffwechsel, schützt vor Harnwegsinfektionen und fördert die Gedächtnisleistung. Es ist an der Blutdruckregulation beteiligt, beeinflusst die Zusammensetzung der Fette im Blut sowie den Zuckerstoffwechsel positiv und schützt vor Gefäßverkalkung. In den fruchtbaren Jahren der Frau steuert das Hormon viele Prozesse rund um den Menstruationszyklus und zahlreiche Funktionen der weiblichen Geschlechtsorgane.
Was viele nicht wissen: Ein sinkender Östrogenspiegel führt auch zu Darmträgheit und Verstopfungen.
Testosteron – warum auch Frauen Testosteron brauchen
Testosteron ist "das" männliche Hormon an sich. Aber auch Frauen haben einen geringen Anteil davon im Körper. Es steuert den Sexualtrieb, die Leistungskraft und den Knochenbau.
Während es bei Männern im Hoden produziert wird, wird es bei Frauen in der Nebennierenrinde und während der Schwangerschaft in der Plazenta gebildet.
Haben Frauen zu wenig Testosteron, nimmt das Bauchfett rasch zu und die Muskelmasse schwindet. Bei Männern beeinflusst das Hormon die Entwicklung der Hoden und des Penis, den Bartwuchs und die tiefere Stimme. Es ist gleichzeitig für die Bildung von Spermien verantwortlich.
So wird der Hormonwandel für Männer und Frauen leichter
Sich langsam abbauende Hormonspiegel sind per se nichts Krankhaftes, sondern ein ganz normaler Alterungsprozess des Körpers. Die damit einhergehenden Nebenwirkungen kann man ganz gut mit einem Wandel des Lebensstils abmildern.
Mit Sport Stress abbauen
Zu empfehlen sind Kraftsport und Bewegung. Wer Sport macht, schüttet Hormone aus. Zum einen wird Cortisol produziert, ein Hormon, das dafür sorgt, dass wir besser mit Stress umgehen können und das gegen Entzündungen im Körper wirkt. Zum anderen werden Endorphine gebildet, die reinsten Glückshormone. Deshalb hilft Sport auch gegen Depressionen und Burn-Out. Wenn wir uns bewegen, hellt sich unsere Stimmung auf. Nebenbei wirken Endorphine auch gegen Schmerz.
Testosteron und Östrogene werden ebenso ausgeschüttet. Sie stimulieren den Muskel- und Knochenaufbau.
Ernährung umstellen
Obwohl man nicht mehr als früher isst, nimmt man immer weiter zu. Eine Tatsache, unter der fast alle über 50-Jährigen leiden. Warum ist das so? Im Alter und auch durch den Abbau der Hormone sinkt unser Gesamtenergieumsatz. "Der Körper braucht ungefähr 25 Prozent weniger als in jungen Jahren. Das heißt: Anstelle von beispielsweise 2.200 Kalorien brauchen wir jetzt nur noch 1.800. Esse ich aber nach wie vor 2.200 Kalorien, nehme ich automatisch zu", sagt Ernährungsberaterin Heike Lemberger. Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, muss der Gesamtumsatz minimiert und die Energiezufuhr reduziert werden.
Es ist wichtig, auf eine vollwertige Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten (z.B. Vollkornprodukten, Reis, Obst, Linsen oder Buchweizen), pflanzlichen Fetten mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren und eiweißreichen Produkten umzustellen.
Hormonersatztherapie – ja oder nein?
Bis vor 20 Jahren galt eine Hormonersatztherapie – also die medikamentöse Zuführung von Östrogen – als Standard für Frauen ab 60. Hormone wurden fast als Life-Style-Medikament gehandelt. Hier wurden oft hoch dosierte Östrogene, die aus Pferdeurin gewonnen wurden, sowie synthetische Gestagene eingesetzt. Doch Ende der 1990er-Jahre zeigte eine groß angelegte Studie eine dramatische Zunahme von kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie Brustkrebs. Inzwischen wurden die Ergebnisse von den Autoren der Studie selbst relativiert und neu bewertet, was zu einer Neubewertung der Hormonersatztherapie geführt hat.
Heutzutage gilt die Gabe niedrig dosierter Hormone (Östrogen und Gestagen) als optimale Therapie gegen Beschwerden der Wechseljahre. Es handelt sich hierbei um Stoffe, deren Molekülstruktur den körpereigenen Hormonen identisch ist, also sogenannte bioidentische Hormone.
Eine Einschränkung gibt es: Frauen, die an einem östrogenabhängigen Brustkrebs erkrankt sind, dürfen lebenslang keine Östrogene einnehmen. Allerdings sind lokale Östrogengaben, in Form von Salben oder Cremes bei Scheidentrockenheit auch für diese Frauen möglich. Das Hormon wirkt an Ort und Stelle. Hier wird nicht der Gesamtöstrogenspiegel des Körpers beeinflusst.
Und Männer? Bei gesunden Männern raten Ärzte von einer Hormonersatztherapie ab. Bislang gibt es keine Studien, die einen eindeutigen Vorteil für die Gesundheit durch die Gabe von Testosteron belegen.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 13. Mai 2024 | 06:00 Uhr