Der Redakteur | 05.03.2024 Die Initiative "Herz für Erzeuger": Hält sie, was sie verspricht?
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05. März 2024, 13:00 Uhr
Regionale Produkte sind im Trend, doch was bedeutet eigentlich "von hier"? Die Initiative "Herz für Erzeuger" verspricht zehn Cent Aufschlag für deutsche Landwirte. Doch kommen diese wirklich bei den Bauern an?
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Die meisten Begriffe, die auf Verpackungen und in der Werbung verwendet werden, sind nicht geschützt und werden von uns unterschiedlich interpretiert. Die Stiftung Warentest hat 2012 in einer repräsentativen Studie ermittelt, was wir beispielsweise unter "regional" verstehen.
Regionale Produkte aus der Rhön
Etwa ein Viertel der Befragten dachte an einen begrenzten Naturraum wie das Allgäu oder die Rhön, ein weiteres Viertel an den Landkreis und ein weiteres Viertel sogar an das Bundesland. Der Rest verteilte sich zwischen dem direkten Wohnumfeld bis hin zu ganz Nord- oder Süddeutschland.
Die Verbraucherzentralen bezeichnen das Thema als "hoch emotional" und warnen davor, sich von unbestimmten Werbebegriffen wie "aus der Region" oder "von hier" täuschen zu lassen. Sie bemängeln zudem das Fehlen unabhängiger Verifizierungen oder Studien, vager Aussagen und unklarer, missverständlicher Begriffe sowie unseriöser oder selbst erfundener Labels ohne Aussagekraft. Ein Beispiel hierfür ist die Frage: Was genau bedeutet "Premiumqualität"?
Kommen die zusätzlichen 10 Cent wirklich bei den Bauern an?
"Herz für Erzeuger" ist eine Unternehmensinitiative des Discounters Netto. Die Pressestelle teilt auf Anfrage mit, dass die Initiative seit 15 Jahren existiert. Sie umfasst Produkte aus allen Bereichen der Landwirtschaft, nicht nur Obst und Gemüse. Der Aufschlag von zehn Cent gehe zu 100 Prozent an die teilnehmenden Erzeuger in Deutschland, erklärt Christina Stylianou, Leiterin Unternehmenskommunikation. Bisher seien so 45 Millionen Euro ausgezahlt worden.
Was sagen die Begünstigten?
Für Jens Stechmann, Vorsitzender des Bundesausschusses Obst und Gemüse im Deutschen Bauernverband, ist es ein Zeichen der Wertschätzung, doch er wünscht sich mehr davon. Unsere Nachfragen bei Erzeugern in Thüringen waren nicht sehr ergiebig. Teilweise kannten sie die Initiative nicht und wenn doch, wollten sie aus Vertragsgründen nicht darüber sprechen.
Jens Stechmann, selbst Obstbauer im Alten Land rund um Hamburg, rechnet jedoch vor, dass ein Obstbauer oder seine Vermarktungsgesellschaft an mehrere Händler oder Großhändler liefert, wodurch der Anteil der Ware, die von den zehn Cent profitiert, deutlich reduziert wird. Zudem sind oft nicht alle Apfelsorten betroffen, sodass es wirtschaftlich betrachtet nicht wirklich relevant ist.
Es ist ein positives Zeichen, wenn es um Wertschätzung und die Förderung der deutschen Produktion geht.
Lebensmittel landen in der Tonne
Saisonale und regionale Produkte sind zwar in aller Munde, aber doch zu selten auf unseren Tellern. Hinzu kommt, dass knapp 60 Prozent aller weggeworfenen Lebensmittel erst beim Verbraucher entsorgt werden. Insgesamt gehen ein Drittel unserer produzierten Lebensmittel auf dem Weg vom Erzeuger zum Verbraucher verloren. Wenn wir bedarfsgerechter einkaufen und dafür etwas mehr zahlen würden, hätten wir persönlich vielleicht nicht einmal Mehrkosten.
Tipp: Saisonal essen
Für den Landwirt bliebe dann rechnerisch deutlich mehr übrig als nur dieses Zehn-Cent-Stück. Warum funktioniert der saisonale Einkauf hierzulande eigentlich nur beim Spargel und ein wenig bei Erdbeeren? Wir sollten als Gesellschaft wieder dorthin zurückkehren, sagt Obstbauer Stechmann und wirbt dann noch ein wenig für saisonales Essen aus seiner Region.
Hier in Hamburg gibt es jetzt Birnen, Bohnen und Speck oder Grünkohl und es ist doch immer wieder ein Highlight, sich saisonal zu ernähren.
MDR (ifl)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 05. März 2024 | 16:40 Uhr