Ältere Menschen schauen auf einen Vertrag.
Wer im fortgeschrittenen Stadium Demenz hat, versteht die Tragweite seiner Handlungen nicht mehr. Vertragsabschlüsse sind daher unwirksam. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox.de

Servicestunde | 10.03.2025 Was gilt, wenn ein dementer Angehöriger Verträge abschließt?

10. März 2025, 10:43 Uhr

Wer an Demenz leidet, ist mit komplexen Verträgen oft überfordert. Betrüger nutzen das mitunter für böswillige Abzocke aus. Was sollten Angehörige dann tun? Dürfen sie Verträge einfach widerrufen oder kündigen? Das besprechen wir in der Servicestunde bei MDR THÜRINGEN – das Radio.

Es kommt vor, dass Vertreter älteren Menschen leichtfertig Kaufverträge oder Abos mit langer Laufzeit aufschwatzen. Doch wenn eine beginnende Demenz im Spiel ist, kann das zum echten Problem werden.

Denn die Betroffenen können die langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen nicht mehr abschätzen, und hinter Lockangeboten verstecken sich so manch zusätzliche Kosten. Grundsätzlich hat jeder Vertrag eine Widerrufsfrist von 14 Tagen. Aber was, wenn Angehörige Verträge erst einige Zeit später in einer Schublade finden? Welche Möglichkeiten haben sie dann?

Grundsätzlich gilt:  Wer nicht mehr versteht, worum es in einem Vertrag oder bei einem Kauf geht, ist geschäftsunfähig, weil er oder sie nicht mehr in der Lage ist, die Tragweite seines oder ihres Handelns richtig einzuordnen. Er ist dann nicht mehr einsichts- und urteilsfähig. Ein geschlossener Vertrag ist somit ungültig.

Geschäftsunfähig oder nicht?

Angehörige können geschlossene Verträge anfechten, kündigen oder bestellte Ware stornieren, wenn sie der Meinung sind, dass der Unterzeichner zum Zeitpunkt der Unterschrift unter einem Vertrag aufgrund einer Demenz nicht wusste, er tut. Er wäre dann geschäftsunfähig.

Die Geschäftsunfähigkeit muss von einem medizinischen Gutachten und einem Gericht festgestellt werden. Dann tritt ein Betreuer an die Seite des Demenzkranken und schließt Verträge in seinem Namen ab. Dadurch werden Demenzkranke davor geschützt, durch nicht notwendige Verträge in finanzielle Notlagen zu geraten. Dieser Betreuer kann auch ein naher Angehöriger sein.

Was aber, wenn die Geschäftsunfähigkeit noch nicht eindeutig bescheinigt ist? Dann wird es schwierig, zu beweisen, dass der Erkrankte zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung nicht in der Lage war, sein Handeln zu verstehen.

Tochter und Mutter schauen besorgt 10 min
Bildrechte: IMAGO/YAY Images
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Normale Vergesslichkeit im Alter oder schon Demenz? Wer dann einen Vertrag abschließt, versteht die Folgen seines Handelns nicht mehr. Was Angehörige dann tun können.

MDR THÜRINGEN - Das Radio Mo 10.03.2025 11:10Uhr 09:43 min

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Demenz bescheinigen durch Ärztliches Attest

In diesem Fall kann zunächst ein ärztliches Attest helfen. Oft zeigen sich die Vertragspartner dann kulant und stornieren den Vertrag - aber das gilt nicht für alle.

Im Falle eines Gerichtsprozesses würden Gegner gerne mit sogenannten "lichten Momenten" des Unterzeichners argumentieren, schreibt das Ratgeberportal "Wegweiser Demenz".

Es gibt weitere Möglichkeiten, die Interessen eines älteren Menschen zu wahren, wenn sich Demenz oder andere Erkrankungen erst langsam ankündigen: die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung. Beide können unabhängig voneinander aufgesetzt werden.

Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung - Was ist das?

Kinder sollten sich schon frühzeitig mit ihren Eltern über eine Vorsorgevollmacht unterhalten. Mit dieser Vollmacht darf sich die darin bestimmte Person um alle rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten des oder der Demenzkranken kümmern.

Eine Vorsorgevollmacht kann verfasst werden, so lange noch Geschäftsfähigkeit vorhanden ist. Also so lange die erkrankte Person noch verstehen kann, was diese Vollmacht bedeutet.

Papier mit Text "Vorsorgevollmacht"
Eine Vorsorgevollmacht überlässt Angehörigen die Entscheidung, welche Verträge geschlssen werden dürfen. Bildrechte: IMAGO / photothek

In einer Betreuungsverfügung legt der Unterzeichner fest, welche Person das Gericht als Betreuer einsetzen soll, wenn es um das Thema Geschäftsunfähigkeit geht. Diese Verfügung bietet sich an, wenn keine Verwandten oder Vertrauenspersonen vorhanden sind. Der Unterzeichner äußert zwar nur einen Wunsch, wer ihn künftig betreut - das Gericht folgt diesem Wunsch in der Regel.

Der Betreuer wird vom Gericht kontrolliert. Bei einer Vorsorgevollmacht kann das Gericht hingegen nicht kontrollieren, ob die Interessen gewahrt sind.

Spezielle Formulare für beide Vollmachten sind nicht notwendig. Wichtig ist nur, dass sie unterschrieben sind. Das Bundesjustizministerium bietet kostenlose Formulare zum Ausdrucken an:

Tipps für Angehörige von Demenzkranken

Angehörige sollten gemeinsam mit dem Senior die Verträge durchgehen, besonders das Kleingedruckte und die oftmals im Juristendeutsch formulierten Kündigungsklauseln.

Menschen schauen auf Dokumente
Gehen Sie mit Ihren Eltern die wichtigsten Papiere durch. Bildrechte: IMAGO/Pond5 Images

Viele Vertragskündigungen verlagern sich mittlerweile ins Internet. Für ältere Menschen ist die Online-Welt aber verwirrend und beängstigend, weil sie nicht mit ihr vertraut sind. Kinder sollten ihre Eltern dabei unterstützen und kontrollieren, ob auch alle notwendigen Informationen digital übermittelt werden.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag | 10. März 2025 | 11:10 Uhr

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