"Dorfgeflimmer" Von Kinderfilm bis DEFA-Klassiker: Schweina lädt zum Kurzfilmtag
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20. Dezember 2024, 12:47 Uhr
In Schweina haben sich mehrere Vereine zusammengeschlossen, um am 20. Dezember einen Kurzfilmtag anlässlich der längsten Nacht des Jahres zu veranstalten. Sie zeigen sechs Filmprogramme, darunter Filme für Kinder, DEFA-Klassiker, Kurzfilme aus der Region und eine barrierefreie Auswahl.
- Ausgehend von der Kunstschule in Schweina veranstalten mehrere Vereine gemeinsam den Kurzfilmtag "Dorfgeflimmer".
- Mit ihrem bunten, teilweise barriefreien Programm wollen die Aktiven Orte der Begegnung erschaffen und Gemeinschaft stiften.
- Damit schreiben sie den besonderen Geist in dem thüringischen Dorf fort.
In einer Zeit, in der viele Kulturprojekte um ihre Existenz bangen müssen, stellen die Vereine im kleinen thüringischen Dorf Schweina etwas Großes auf die Beine. Erstmals veranstalten sie die lokale Ausgabe des bundesweiten Kurzfilmtages mit, der dieses Jahr zum 13. Mal stattfindet.
Beim "Dorfgeflimmer" am 20. Dezember 2024 können Besucherinnen und Besucher von nachmittags bis spät in den Abend Kurzfilme schauen und dabei von einem Abspielort zum nächsten ziehen. Nur Jena zeigt mit sieben Programmen mehr Kurzfilme in ganz Thüringen.
Man schaut Kinofilme, lange Filme im Fernsehen, aber Kurzfilme schaut man selten. Da sind tolle Filme dabei, die es wirklich wert sind, geguckt zu werden.
Von Kekskino zu Dorfgeflimmer
Vor dem Mauerfall gab es in Schweina sogar ein Kino. Jetzt sind die nächsten Kinos weit weg und die rund 3.000 Einwohnerinnen und Einwohner müssen mit dem Auto fahren, um einen Film zu sehen. Es sei denn, man bringt das Kino ins Dorf, dachte sich Susanne Mechau von der Kinder- und Jugendkunstschule Wartburgkreis.
In Erinnerung schwelgend an "die Laterna magica, bei der man die Filme weiterdreht und die Geschichten dazu vorliest" hat sie zunächst im Kleinen das "Kekskino in der Kunstschule" organisiert.
Die Kunstschule gibt es seit 15 Jahren. Sie ist zu einer Institution im Dorf geworden. Kinder und Jugendliche können hier allerlei Kreativkurse nach der Schule besuchen. Auch erwachsene Schweinaer kennen die Kunstschule von innen, wenn sie beispielsweise zum Aktzeichnen oder zu den wöchentlichen Senioren- und Generationentreffs im schuleigenen Kulturcafé "Frosch" kommen.
Vereine aus Schweina organisieren Kurzfilmtag
Als neue Geschäftsführerin der Kunstschule hat Susanne Mechau sodann alle Vereine im Ort angeschrieben und zu einem Engagement-Stammtisch eingeladen: "Mir war wichtig, den Vereinen zu sagen, wir sind da, wir wollen gerne Gemeinschaft mit euch leben und die Türen aufmachen", erzählte sie MDR KULTUR. Viele Vereine sind der Einladung gefolgt.
Als erste gemeinsame Aktion haben sie beschlossen, den Kurzfilmtag zu veranstalten. Jede Initiative hat ihr eigenes Programm ausgesucht und finanziert den Filmverleih eigenständig. "Wann widmet man sich schon mal dezidiert Kurzfilmen? Man schaut Kinofilme, lange Filme im Fernsehen, aber Kurzfilme schaut man selten. Da sind tolle Filme dabei, die es wirklich wert sind, geguckt zu werden", erzählt Mechau begeistert.
Filme schauen gegen Einsamkeit und Spaltung
Räumlich und konzeptionell haben sich die Schweinaer etwas einfallen lassen. Los geht's mit Filmen für Kinder in der Fröbel-Grundschule. Etwas weiter den Hügel hinab zeigt die Kunstschule DEFA-Klassiker auf einer neuen Leinwand im Café. Das Programm für Erwachsene wird zeitgleich von vier Initiativen präsentiert. Es spielt sich auf dem Gelände der ehemaligen Pfeifen- und Holzfabrik rund um den Markt ab.
Ganz nach dem diesjährigen Motto des Kurzfilmtages "Banden bilden" wollen die Aktiven Orte der Begegnung erschaffen und Gemeinschaft stiften. Im Dorf lebten viele ältere Menschen, während die Jugendquote gering ausfalle. "Es geht zum einen darum die Generationen zusammenzubringen, zum anderen einen Anlass zu schaffen, wo Menschen sich treffen können. Denn es gibt auch Menschen, die einsam sind", erklärt Susanne Mechau.
Es geht zum einen darum die Generationen zusammenzubringen, zum anderen einen Anlass zu schaffen, wo Menschen sich treffen können.
Großer Andrang bei Film über DDR-Punk
Der Vorsitzende des Vereins Stadt in der Stadt Vaiko Weyh hat noch einen anderen Beweggrund: Die Werkstatt des Vereins, in der Jugendliche an Mopeds schrauben, öffnet ihre Türen für Zuschauende. "Manche im Dorf gehen sich aus dem Weg, weil sie gehört haben, dass andere diese und jene Meinung vertreten. Aber wenn sie sich begegnen und miteinander ins Gespräch kommen, dann merken sie: 'Du bist ja eigentlich ein ganz vernünftiger Mensch'".
Der Verein hat bereits gute Erfahrungen mit Filmvorführungen im Ort gemacht. Der Film über die DDR-Punkband "Schleimkeim" sei sensationell angenommen worden. Menschen aus der ganzen Umgebung, selbst aus Erfurt und Sondershausen, seien damals angereist.
Nun bietet die Schrauberwerkstatt ein besonderes Programm: preisgekrönte Filme über Beziehungen – barrierefrei. Die fünf Filme sind mit Audiodeskription, Untertiteln für Hörgeschädigte und Einblendungen in Deutscher Gebärdensprache ausgestattet.
Film über Weihnachten in Schweina im Programm
Das i-Tüpfelchen des Programms kommt von der Stiftung LandCampus und dem Karnevalsverein. Erstere ist seit letztem Jahr daran, das alte Fabrikgelände wiederzubeleben, wo früher Zollstöcke und Tabakpfeifen hergestellt wurden.
Stiftungsleiterin Madeleine Rein hat Filme ausgewählt, die in der Region gedreht wurden und lokale Traditionen vorstellen: die Strohbär-Tradition im benachbarten Steinbach und die Fackelbinder Tradition in Schweina. Außerdem wird ein Film über Weihnachten in Schweina aus den 1980er-Jahren auf die Leinwand gestrahlt.
"Schweina ist ein Gründerdorf"
Das Kurzfilmprogramm unter dem Titel "Heimatgeschichten" ist deshalb nur in Schweina zu sehen. Weyh wohnt schon sein ganzes Leben im Dorf: "Schweina ist einfach ein Gründerdorf. Das hat irgendwann hier mit Fröbel angefangen und dieser Spirit ist noch da". Friedrich Fröbel hat in Schweina die weltweit erste Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen gegründet.
Schweina ist einfach ein Gründerdorf. Das hat irgendwann hier mit Fröbel angefangen und dieser Spirit ist irgendwie noch da.
Diesen Geist lebt auch die Bürgerinitiative Krone. Sie saniert den über 400 Jahre alten Gasthof des Ortes und wurde dafür kürzlich mit dem Deutschen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet. Unter dem Motto "Gemeinsam geht's besser" zeigt sie Filme über ältere Menschen. In dem teils restaurierten Fachwerkhaus gibt es zum Kurzfilmtag ein Novum: Erstmals wird eine Heizung in Betrieb genommen.
Bea Berthold, Mitbegründerin der Kunstschule und in der Bürgerinitiative Krone Schweina aktiv, ist zuversichtlich. "Es ist unser erster Versuch und das Wichtige ist ja, dass wir untereinander als Vereine zusammengekommen sind, um dieses Ding auf die Beine zu stellen. Es wird kein Flop, ich gehe sicher davon aus, dass Menschen kommen werden. Wie viele, da lassen wir uns überraschen".
Redaktionelle Bearbeitung: hro
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. Dezember 2024 | 07:40 Uhr