Schock für Eigentümer Gericht ordnet Abriss von Schwarzbauten in Steinbach-Hallenberg an
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26. April 2025, 19:37 Uhr
Mutmaßliche Schwarzbauten in einem Naherholungsgebiet in Steinbach-Hallenberg beschäftigen Justiz und Behörden schon seit Jahren. Jetzt hat das Meininger Verwaltungsgericht ein Urteil gesprochen – mit weitreichenden Konsequenzen für die Grundstücksbesitzer.
Das idyllische Areal, um das es geht, liegt oberhalb von Steinbach-Hallenberg an einem Hang. Etwa 140 DDR-Bungalows stehen in dem „Naherholungsgebiet Hallenburg“. Zumindest war das mal so. Ein kleiner Spaziergang durch das Areal zeigt: Auf einigen Grundstücken ist von dem ursprünglichen Bungalow fast nichts mehr zu erahnen. Anstelle dessen stehen dort zum Teil zweistöckige Häuser mit allerlei Anbauten. Für viele vor Ort ist es schon lange ein offenes Geheimnis, dass hier seit der Wende vielfach ohne Genehmigung an- und weitergebaut wurde.
Grundstückseigentümer hatten gegen Abrissverfügung geklagt
Die Behörden wurden offenbar durch eine Anzeige unter Nachbarn auf das Areal aufmerksam – so zumindest wird es hier erzählt. Seit 2020 prüft die Bauaufsicht des Landkreises Grundstück für Grundstück, ob für bauliche Eingriffe Genehmigungen vorliegen. In einigen Fällen wurden schon Abrissanordnungen verhängt. Mehrere Grundstückseigentümer klagten dagegen. Zwei Fälle wurden nun vom Meininger Verwaltungsgericht entschieden. Und zwar zu Ungunsten der Kläger. Heißt: Die Abrissanordnungen waren laut der Richter rechtmäßig. In den zwei konkreten Fällen geht es unter anderem um einen Pavillon und ein neu errichtetes Nebengebäude. Laut dem Gericht ist derzeit ein Dutzend weiterer Prozesse anhängig. Zudem ist der Prüfprozess der Bauaufsicht noch im vollen Gange. Laut dem Landratsamt wurden von insgesamt zwölf Sektoren bisher zwei Sektoren bearbeitet.
Gericht definiert das Areal als „Außenbereich“
Auch wenn das Gericht angibt, jeder Fall müsse einzeln bewertet werden, enthält das nun gefällte Urteil doch eine richtungsweisende Grundsatzentscheidung, die auf den Ausgang der weiteren Prozesse Einfluss haben wird. Denn Knackpunkt ist, dass das Areal vom Gericht nicht als städtisches Gebiet, sondern als sogenannter "Außenbereich" verstanden wird.
Mit dieser Definition ist dort abseits des Bestandsschutzes baulich extrem wenig überhaupt genehmigungsfähig. Zumal das Gericht außerdem davon spricht, dass bauliche Veränderungen in dem Gebiet öffentliche Belange verletzen. Konkret ist die Rede von "Zersiedelung", die vor allem dann unerwünscht sei, wenn sie "eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt". Sprich: Nachahmer haben könnte.
Naherholungsverein lehnte Gespräch ab
Es ist davon auszugehen, dass die betroffenen Grundstückseigentümer geschockt sind. Offenbar haben sie das Risiko ohne Genehmigung zu bauen, unterschätzt. Aus dem Urteil geht hervor, dass in den zwei konkreten, nun entschiedenen Fällen zum Teil nach einem ersten durch die Bauaufsicht verhängten Baustopp dennoch weiter gebaut wurde.
MDR THÜRINGEN hat mit dem Anwalt und dem Vorstand des Naherholungsvereins gesprochen, auch ein Treffen war anberaumt. Letztlich wurde das Treffen kurzfristig abgesagt und untersagt, jegliche Inhalte aus den Gesprächen zu zitieren. Aus dem Urteil geht jedoch hervor, dass sich die betroffenen Grundstückseigentümer mit dem Argument verteidigen, es habe einen DDR-Bauplan für das Gebiet gegeben, der nur nie in bundesdeutsches Recht überführt worden sei. Dieser Argumentation nach besitzt das Gebiet den Status eines faktischen Wochenendgebiets - wo baurechtlich gesehen deutlich mehr erlaubt wäre. Einen Einwand, den das Meininger Verwaltungsgericht nicht gelten ließ.
Grundsätzlich erklärt sich eine konsequente Ahndung illegaler Bauprojekte durch die allgemeine Verpflichtung Gesetzesverstöße zur Anzeige zu bringen. Zumal eine Duldung auch den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen würde. Die Bauaufsichtsbehörde verweist außerdem auf Sicherheitsaspekte. So müsse etwa gewährleistet sein, dass es ein Durchkommen für Feuerwehr und Rettungswagen gibt. Darüber hinaus spielten etwa im Zusammenhang mit der Abwasserthematik Umweltaspekte eine Rolle.
Bürgermeister wünscht sich verträgliche Lösung
Steinbach-Hallenbergs Bürgermeister Markus Böttcher (parteilos) hätte auch gerne eine andere Lösung als Abriss. Das Naherholungsgebiet sei ein Herzensprojekt der Steinbach-Hallenberger, viele würden das Areal noch aus ihrer Kindheit kennen. Zumal es dort auch gewerbliche Vermieter gebe, die der Stadt Touristen bringen. Auch deshalb sei die Stadt bestrebt, eine Lösung zu finden. Der Naherholungsverein hat in der Vergangenheit immer wieder auch öffentlich von der Stadt gefordert, das Problem mit einem nachträglichen Bebauungsplan zu heilen. Die Stadt ist laut Bürgermeister Markus Böttcher grundsätzlich bereit dazu, einen Bebauungsplan in die Wege zu leiten - wobei hier letzlich der Stadtrat zu entscheiden hat. Für den Bürgermeister sind die Kosten der zentrale Knackpunkt.
Finanzierungskonzept für möglichen Bebauungsplan fehlt
Allein die Erstellung eines Bebauungsplans koste geschätzte 100.000 Euro. Weitaus teurer wäre jedoch die Pflicht zur Erschließung des Areals, die mit einem bewilligten Bebauungsplan einhergehen würde. Alles die Allgemeinheit zahlen zu lassen, sei nicht fair und rufe das Gerechtigkeitsbewusstsein der restlichen Steinbach-Hallenberger auf den Plan, so Bürgermeister Böttcher. Zumal der Naherholungsverein sich auch darüber einig werden müsste, was für ein Gebiet gewollt ist.
Wochenendwohnen wäre wohl deutlich günstiger, weil mit einem geringeren Erschließungsgrad verbunden als ein Ferienhausgebiet. Laut dem Bürgermeister wird gerade geprüft, ob vielleicht auch ein Mischplan möglich wäre, damit privates Wochenendwohnen und touristische Übernachtungen erlaubt wären. Solange sich der Verein jedoch nicht belastbar dazu äußert, inwiefern sich die Mitglieder an den Kosten beteiligen, bleibt die Lage wohl verzwickt und der Abriss - dem jüngsten Urteil folgend - unvermeidbar. Ob der Verein möglicherweise eigene Ideen zur Finanzierung hat, ist unklar. Ebenso, ob die zwei Grundstückseigentümer gegen die nun geurteilt wurde, Berufung einlegen wollen.
MDR (nis)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 26. April 2025 | 19:00 Uhr
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