Buchenwald Klage der AfD gegen Gedenkstättenstiftung großteils zurückgewiesen
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08. November 2024, 19:29 Uhr
Es geht um einen Brief im Vorfeld der Thüringer Landtagswahl. Die AfD hatte beim Verwaltungsgericht Weimar einen Antrag auf Unterlassung gestellt. Doch dem Gericht zufolge sind die in dem Brief aufgeführte Sachverhalte zutreffend. Der Absender - die Stiftung Buchenwald - darf allerdings nicht direkt dazu aufzufordern, die AfD nicht zu wählen.
Im Streit um einen Brief der Gedenkstättenstiftung Buchenwald und Mittelbau Dora an Thüringer Haushalte ist die AfD vor Gericht in großen Teilen gescheitert.
Das Verwaltungsgericht Weimar gab dem Antrag der Partei auf Unterlassung nur in einem der Punkte Recht. Danach darf die Stiftung nicht direkt dazu aufzufordern, die AfD nicht zu wählen und muss auch den entsprechenden Text auf ihrer Internetseite löschen.
Laut Gericht verstößt die Textpassage mit der entsprechenden Aufforderung gegen die Neutralitätspflicht und ist nicht vom Stiftungszweck gedeckt.
Brief ist laut Gericht vom Stiftungszweck gedeckt
In allen übrigen Punkten haben die Richter den Antrag der AfD zurückgewiesen. Wie aus dem am Mittwoch gefassten Beschluss hervorgeht, war der an 350.000 Haushalte verschickte Brief im Vorfeld der Thüringer Landtagswahl vom Stiftungszweck gedeckt.
Dazu gehöre es unter anderem, die Gedenkstätten als Orte der Trauer und der Erinnerung an die zahllosen Opfer zu bewahren. Auch Äußerungen im Zuge der Wahl seien erlaubt. Dem Gericht zufolge sind im Brief aufgeführte Sachverhalte zutreffend, Wertungen und Interpretationen beruhten auf Tatsachen.
Wahlbrief enthielt Kritik an der AfD
Die AfD hatte beim Verwaltungsgericht Weimar beantragt, den Wahlbrief und einen dazugehörenden Beitrag zu löschen und nicht wieder zu verwenden. Zudem wollte die Partei klären lassen, inwieweit sich die Stiftung überhaupt zu politischen Parteien, besonders im Wahlkampf, äußern durfte.
In dem Brief hatte sich der Stiftungsdirektor und Historiker Jens Christian Wagner an Thüringer über 65 Jahre gewandt und darin seine Sorge vor der Landtagswahl im September geäußert. Er kritisierte die AfD scharf und rief die Menschen dazu auf, demokratische Parteien zu wählen.
Wagner verschickte insgesamt 350.000 Schreiben an thüringische Haushalte. Damit wollte er vor allem jene Menschen erreichen, die nicht in sozialen Netzwerken aktiv sind.
Wagner: KZ-Gedenkstätte kann nicht unpolitisch sein
Professor Jens-Christian Wagner, der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, konstatiert: "Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes Weimar ist von grundsätzlicher Bedeutung für alle Gedenkstätten in Deutschland, da er ihre gesellschaftliche Funktion bestätigt, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus auch in den politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart zu bewahren."
Eine KZ-Gedenkstätte könne nicht unpolitisch sein, so Wagner weiter. "Sie muss ihre Stimme erheben, wenn Geschichte verfälscht und die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus missachtet wird. Gegenüber der Holocaust-Verharmlosung gibt es für uns keine Neutralität. Das hat das Verwaltungsgericht Weimar bestätigt."
Gegen die Entscheidung des Gerichts ist eine Beschwerde an das Thüringer Oberverwaltungsgericht möglich. Ein Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.
MDR (jhe/gh)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 08. November 2024 | 18:00 Uhr