Gedenkfeier in der Gedenkstätte KZ Buchenwald für die Rosa-Winkel-Häftlinge
Die Aids-Hilfe Weimar und die Stiftung der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora hatten zur Gedenkstunde und Kranzniederlegung eingeladen. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Gedenkfeier Rosa-Winkel-Häftlinge: gequält und ermordet, weil sie liebten, wen sie liebten

26. Juni 2022, 19:15 Uhr

Auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar ist am Sonntagnachmittag an die Rosa-Winkel-Häftlinge erinnert worden. Mindestens 10.000 Homosexuelle wurden während des Nationalsozialismus in Konzentrationslager deportiert. Etwa die Hälfte von ihnen wurde dort ermordet. Dieser Opfer wurde im Rahmen des Christopher Street Day 2022 mit einer Gedenkstunde und einer Kranzniederlegung gedacht.

Knapp 50 Menschen waren am Sonntag mit Blumen, Kränzen und einer Rgenbogenfahne auf den Ettersberg gekommen, um an die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Homosexuellen zu erinnern. 650 von ihnen wurden zwischen 1937 und 1945 nach Buchenwald und Mittelbau-Dora deportiert und dort gequält, etwa ein Drittel starb. Derzeit wird vom Leiter der Gedenkstätte, Christian Wagner, eine spezielle Ausstellung zu diesem Thema vorbereitet, die ab Herbst gezeigt werden soll.

Gedenkfeier in der Gedenkstätte KZ Buchenwald für die Rosa-Winkel-Häftlinge
Weimars OB Peter Kleine bezeichnete auf der Gedenkfeier Weimar als "offene Stadt". Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine sprach in seinem Grußwort davon, dass "auch die stillen Momente, das Erinnern und Innehalten" zum Christopher Street Day gehören. Am Samstag hatte die Stadt etwa 2.000 Menschen begrüßt, die gemeinsam gefeiert hatten und, so Kleine, "stolz gezeigt haben, wer sie sind".

Kein angstfreies Leben für queere Menschen möglich

Außerdem wurde von allen Rednern darauf hingewiesen, dass Angst, Diskriminierung, Ausgrenzung und Angriffe für viele Homosexuelle, Transgender oder Intersexuelle Menschen noch immer zum Alltag gehören. Jüngstes Beispiel: Der Anschlag von Oslo. Dort waren in der Nacht zu Samstag an mehreren Orten Schüsse gefallen, unter anderem vor einem Nachtclub, der bei Homosexuellen beliebt ist. Mindestens 21 Menschen wurden verletzt. Zwei Personen wurden durch die Schüsse getötet.

Der Rosa Winkel diente während der Zeit des Nationalsozialismus der Kennzeichnung von Häftlingen in den Konzentrationslagern, sofern sie aufgrund ihrer Homosexualität dorthin verschleppt worden waren. Die Stoffaufnäher mussten an der KZ-Häftlingskleidung auf der linken Brust getragen werden.

Bisher keine genauen Opferzahlen erforscht

Die Gesamtzahl der schwulen Männer, die in den Konzentrationslagern gequält und ermordet wurden, ist nach wie vor nicht genau bekannt. Schätzungen sprechen von etwa 10.000 als Homosexuelle Verschleppten bei einer Todesrate von 50 bis 60 Prozent.

Die Anzahl homosexueller Opfer insgesamt – also auch homosexueller Juden, Sinti und Roma, Kommunisten, Zeugen Jehovas usw. – entzieht sich der genauen Kenntnis.

Gedenkfeier in der Gedenkstätte KZ Buchenwald für die Rosa-Winkel-Häftlinge
Im ehemaligen KZ Buchenwald erinnert eine Gedenktafel an die 650 inaftierten Homosexuellen. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Über 100.000 Männer wurden durch die Nazis polizeilich in so genannten "Rosa Listen" erfasst, 50.000 Urteile ergingen aufgrund von §§ 175 und 175a RStGB. Die meisten der späteren "Rosa-Winkel-Häftlinge“ wurden nach Verbüßung einer Gefängnisstrafe nach den §§ 175 oder 175a, manchmal aber auch ohne dass sie gerichtlich verurteilt worden waren, von der Gestapo in Konzentrationslager verschleppt.

Gesetze im Nationalsozialismus verschärft

Die nationalsozialistische Verfolgung schwuler Männer vollzog sich primär über die am 28. Juni 1935 beschlossenen und am 1. September in Kraft getretenen erfolgte entgrenzende Verschärfung des Paragraphen 175 des Reichsstrafgesetzbuches (RStGB).

Im Gegensatz zur preußisch-kaiserlichen Version aus dem 19. Jahrhundert, die nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts "beischlafähnliche Handlungen" für eine Strafbarkeit voraussetzte, reichten nach dem Willen der NS-Gesetzgebung bereits "begehrliche Blicke" für eine Strafverfolgung.

Verfolgung endete nicht nach dem Krieg

Nach 1945 blieb Homosexualität in den meisten europäischen Ländern strafbar, in der Bundesrepublik Deutschland galt sogar der von den Nationalsozialisten verschärfte § 175 StGB bis 1969. Eine Rehabilitierung schwuler NS-Opfer wurde am 6. Dezember 2000 vom Deutschen Bundestag eingeleitet. 2002 hob der Bundestag die NS-Urteile gegen Homosexuelle auf.

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MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 26. Juni 2022 | 19:00 Uhr

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