Buchcover zeigt eine Frau, die über eine Brücke läuft, im Hintergrund der Berliner Fernsehturm 4 min
Im Comic geht es um eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte – und um die Situation politischer Häftlinge in Russland. Mehr dazu im Audio von Mareike Wiemann. Bildrechte: Schiler & Mücke
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Jochen Voit, Leiter der Gedenkstätte Andreasstraße, hat einen neuen Comic verfasst. Darin geht es um eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte – und um die Situation politischer Häftlinge in Russland.

MDR KULTUR - Das Radio Do 06.03.2025 14:30Uhr 03:36 min

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Wahre Geschichte Neuer Comic über eine Liebe im Visier der Stasi

07. März 2025, 08:18 Uhr

Es gibt bereits zahlreiche Bücher zu politischer Haft in der DDR. Ein neuer Comic verbindet nun die Schicksale von politischen Gefangenen in der DDR mit denen im heutigen Russland. Jochen Voit, der Leiter der Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt, hat die Liebesgeschichte über "Rose und Robert" geschrieben, die auf wahren Ereignissen beruht. Die Zeichnungen stammen von der russischen Künstlerin Lilya Matveeva, die in Deutschland im Exil lebt.

Die Graphic Novel "Rose und Robert" handelt von zwei jungen Menschen, die sich verlieben. Bei einem Urlaub in Ungarn am Plattensee. Das Problem ist nur: Rose kommt aus der DDR, Robert aus der BRD. Ihre Liebe steht deswegen unter keinem guten Stern. Autor Jochen Voit fasst zusammen: "Er ist zurück nach Westdeutschland, sie ist zurück nach Ostdeutschland." Dann fangen sie an, sich Briefe zu schreiben.

Jochen Voit
Der Erfurter Historiker und Gedenkstättenleiter Jochen Voit hat bereits mehrere Comics verfasst. Bildrechte: MDR/Mareike Wiemann

Stasi fängt Liebesbriefe zwischen Ost und West ab

Die Geschichte des Comics basiert auf der wahren Biografie von Rosel Schatz aus Suhl, die man in der Erfurter Gedenkstätte Andreasstraße kennenlernen kann. Die Stasi habe die Kommunikation des Paars überwacht, erzählt Voit. "Und zwar so lange, bis sie einen Spionagevorwurf konstruieren konnte." Rosel Schatz sei zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden und kam dann in das berüchtigte Frauengefängnis nach Hoheneck.

Comic zeigt Hände, die das Wort "Help"auf Stoff sticken
Die Illustration des Comics hat die Künstlerin Lilya Matveeva geschaffen. Bildrechte: Schiler & Mücke

Russische Künstlerin zeichnet Comic im Exil

In der Graphic Novel brechen die bunten Bilder vom Balaton-Urlaub in diesem Moment ab. Es folgen schwarz-weiße Gefängnisszenen, deprimierend und düster. Gezeichnet hat diese Szenen die 36-jährige Lilya Matveeva, die früher in ihrer Heimat Russland für die Menschenrechtsorganisation Memorial gearbeitet hat. Seit drei Jahren lebt sie in Berlin.

Es gibt so viele politische Häftlinge in Russland. Mit meinen Zeichnungen und diesem Buch will ich Aufmerksamkeit wecken und erinnern. Dass diese Menschen nicht vergessen werden.

Illustratorin Lilya Matveeva

Matveeva sagt, die Arbeit an dem Comic habe ihr über die erste Zeit des Ankommens hinweg geholfen: "Ich habe mich in Russland schon mit Verfolgung politischer Häftlinge beschäftigt. Gleichzeitig hatte ich in dieser schweren Zeit ein großes Bedürfnis nach Liebe. Ich hatte das Bedürfnis, mich mit starken Frauen zu beschäftigen und mit Widerstand."

Porträt von Lilya Matveeva
Lilya Matveeva ist freischaffende Künstlerin und arbeitet für NGOs und Menschenrechtsorganisationen. Bildrechte: MDR/Mareike Wiemann

Mehr als eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte

So entführt dieses Buch in heitere Sommerabende, genau so wie in die dunklen Zellen von Hoheneck. Soweit ist es wohl eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte, wie sie schon öfter mal erzählt worden ist. Neu ist, dass Voit und Matveeva noch eine Ebene darüberlegen: Denn hier gibt es eine Ich-Erzählerin, die wir auf ihrer Recherchereise zu Rose und Robert begleiten. Diese Erzählerin ist, angelehnt an Lilya Matveeva, auch eine Illustratorin, die aus Russland geflohen ist.

Sie beschreibt das Buch deswegen als eine Art Autobiografie: "Ich wollte mich so einerseits mit der deutschen Geschichte verbinden, andererseits war es mir sehr wichtig, meinen eigenen Migrationsprozess und meine Einsamkeit zu dokumentieren. Ich habe einfach gemalt, wie ich mich fühlte, in den ersten Monaten in Deutschland", sagt Matveeva.

Comic zeigt eine Person am Schreibtisch, die zeichnet
Mit den Zeichnungen hat die russische Illustratorin ihre eigene Flucht und das Ankommen in Deutschland verarbeitet. Bildrechte: Schiler & Mücke

Buch zeigt Parallelen zwischen Russland und DDR

Man verfolgt im Comic das Ankommen der Ich-Erzählerin im fremden Land. Ständig schweifen ihre Gedanken ab, driften in Richtung Heimat und kommen dann wieder zurück zur eigenen Verlorenheit. Diese Passagen wechseln sich ab mit der Rekonstruktion der Geschichte von Rose und Robert. Auch, wenn die beiden Erzählstränge auf den ersten Blick sehr weit voneinander entfernt sind, fließt alles ineinander.

Gerade diese Mischung macht das Buch sehr besonders, und bietet völlig neue Perspektiven. Das gilt auch für Autor Jochen Voit: "Wir sind mit unserer deutschen Geschichte ja sehr vertraut und haben da vieles schon gesehen und gehört. Aber Lilya Matveeva hat noch mal einen ganz eigenen Blick. Und sie fühlte sich wirklich an Verhältnisse im heutigen Russland erinnert. Das war mir gar nicht bewusst, was das auslösen kann."

Comic zeigt Memorial-Mitarbeiter im Gefängnis
Der Comic handelt auch von Mitgliedern der russischen Menschenrechtsorganisationen Memorial, die sich in poltischer Haft befinden. Bildrechte: Schiler & Mücke

Berührender Comic mit politischem Anspruch

Matveeva ergänzt: "Es gibt so viele politische Häftlinge in Russland. Mit meinen Zeichnungen und diesem Buch will ich Aufmerksamkeit wecken und erinnern. Dass diese Menschen nicht vergessen werden." Ein politischer Anspruch, unter dem der Inhalt aber nicht verloren geht. "Rose und Robert" berührt, vor allem über seine zwei Erzählebenen. Dieses Buch weitet unseren Blick auf die eigene Vergangenheit.

Mehr Informationen zum Buch

"Rose + Robert. Liebe in Zeiten der Kriege"
Von Lilya Matveeva und Jochen Voit
Schiler & Mücke, 2025
156 Seiten
ISBN: 9783899304749
25 Euro

Redaktionelle Bearbeitung: vp, hr

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 06. März 2025 | 12:15 Uhr

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