Zwei Männer in einem Gewächshaus.
Wim Schwerdtner und Frederik Langner (rechts) würden im Gewächshaus der FH Erfurt neben Tomaten und Weihnachtssternen gerne auch Cannabis anbauen. Bisher ist ihnen aber nicht einmal nicht-berauschender Industriehanf erlaubt. Bildrechte: MDR/Florian Girwert

Bürokratie An der FH Erfurt wächst kein Gras: Fachbereich kämpft mit Cannabis-Gesetz

20. Oktober 2024, 13:07 Uhr

Die Teil-Legalisierung von Cannabis in Thüringen kommt nur zäh voran. Die acht in Thüringen gemeldeten Social Clubs, die für ihre Mitglieder legal Cannabis anbauen dürfen, warten laut "Thüringer Allgemeine" bisher noch alle auf eine Genehmigung. Ähnlich ist das Problem an der Fachhochschule Erfurt, die durch Cannabis im Lehrplan jedoch schon deutlich mehr Gartenbau-Studierende anlocken konnte.

Im Fachbereich Gartenbau der FH Erfurt ist der Studiengang '"Gärtnerischer Pflanzenbau" mit Lehrinhalten zum Cannabis-Anbau ab diesem Wintersemester aufgepeppt worden. Doch im Gegensatz zu Privatpersonen darf die Hochschule bisher gar kein Cannabis anbauen.

"Das Cannabisgesetz an sich macht uns im Moment das Leben schwer", sagt Frederik Langner, verantwortlich für das Cannabis-Modul des Bachelor-Studiengangs. Im Gesetz seien Paragrafen definiert, die die Forschung betreffen. "Die aber nicht ausformuliert wurden."

Man habe Rücksprache gehalten mit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, sei aber jetzt auch nicht schlauer als vorher. Wissenschaftlicher Anbau müsse dort genehmigt werden - und das sei bisher nicht passiert. "So dürfen wir nicht mal Nutzhanf anbauen."

Im Cannabis-Gesetz steht drin, dass es Regeln geben soll. Seit April warten wir schon darauf.

Frederik Langner FH Erfurt

Warten auf klare Regeln für Cannabis-Anbau

Im Gewächshaus der Fachhochschule in der Leipziger Straße wachsen also vorerst zwischen Tomaten oder Weihnachtssternen keine Hanf-Pflanzen. "Im Cannabis-Gesetz steht drin, dass es Regeln geben soll", sagt Professor Wim Schwerdtner, von dem die Idee für das Modul gekommen ist. Aber teilweise seien Verordnungen oder Zuständigkeiten nicht geregelt, sondern nur angekündigt. "Seit April warten wir schon darauf", sagt Langner. "Derzeit erkennen wir nicht, dass darüber überhaupt diskutiert wird." Beide zweifeln, dass der politische Wille da ist, die Lücken im Gesetz zu schließen.

Dabei wolle man ja nicht einmal THC-haltiges Cannabis, also mit Rauschwirkung, anbauen. "Wir müssen ja vorsichtig sein, das ist uns klar. Deshalb wollen wir auch nur Nutzhanf anbauen", sagt Schwerdtner. Cannabis sei einerseits als Arzneipflanze nutzbar, andererseits zur Gewinnung besonders stabiler Fasern. Langner ergänzt, Cannabis-Pflanzen könnten sehr gut genutzt werden, um die Möglichkeiten künstlicher Beleuchtung oder Bewässerung darzustellen. All das mache Hanf zu einem guten Studienobjekt.

Mit Cannabis mehr Studierende in Erfurt gewonnen

Und Betriebe, die medizinischen Hanf oder auch Nutzhanf anbauen, bräuchten gute Fachleute, die sich mit den Pflanzen auskennen. Auch deshalb lohne die erweiterte Ausbildung in Erfurt. Auch ohne eigenen Anbau hat sich die offensive Vermarktung des Cannabis-Moduls bereits gelohnt. Gab es im Jahr 2022 noch 25 Studienanfänger für den Studiengang "Gärtnerischer Pflanzenbau", so waren es im aktuellen Wintersemester bereits 43 - und ein Teil gab an, dass das angebotene Cannabis-Modul der Grund für das Interesse ist.

Und es sei auch die Absicht gewesen, mit Hilfe des Cannabis-Moduls Studierende für den Pflanzenbau zu gewinnen, die man sonst vielleicht nie erreicht hätte. Deshalb sei man damit auch auf einer Berliner Cannabis-Messe aufgetreten. Denn wie andere Gartenbau-Studiengänge in anderen Städten kämpfe man mit zu geringer Auslastung.

Diese ist nun besser geworden, auch wenn die Pflanzen bis auf weiteres nicht an der Uni selbst angebaut werden können. Zudem gehe das Interesse an den entsprechenden Vorlesungen jetzt auch über den Gartenbau hinaus. "Da mussten sogar Leute auf dem Boden sitzen." Es habe auch Anfragen für Gasthörerschaften gegeben. "Aber nur für das Cannabis-Modul wollen wir das nicht anbieten."

Erntereife Cannabispflanzen in einem Aufzuchtszelt unter künstlicher Beleuchtung
Erntereife Cannabispflanzen. Nicht nur die FH Erfurt kämpft in Thüringen mit der fehlenden Umsetzung des Cannabis-Gesetzes. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christian Charisius

Wann das Kiffen in Deutschland erlaubt ist (zum Ausklappen):

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum zum Eigengebrauch ist erlaubt, der Besitz von bis zu 50 Gramm trockenen Blüten ist legal
  • Privat dürfen maximal drei weibliche Pflanzen angebaut werden, da wird es ab 60 Gramm Trockenblüten strafbar. (Weitere Details sind in Paragraph 3 des Gesetzes beschrieben)
  • Sogenannte Edibles bleiben verboten, also etwa Kekse und Süßigkeiten mit Cannabis-Extrakten
  • Für Minderjährige bleibt der Besitz und Konsum von Cannabis verboten
  • Öffentlich bleibt Kiffen im Umkreis von etwa 100 Metern bzw. in Sichtweite von Schulen, Kitas, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen und Sportstätten verboten
  • In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden
  • spätestens nach anderthalb Jahren sollen die Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendschutz geprüft und bewertet werden
  • Erwachsene und Minderjährige machen sich weiterhin strafbar u.a. beim Handel und Inverkehrbringen ohne Lizenz unabhängig von der Menge sowie bei Erwerb, Besitz und Anbau oberhalb der jeweils erlaubten Mengen; es drohen Geldstrafen oder Freiheitsentzug bis zu drei Jahre. Für den Verkauf an Minderjährige sind bis fünf Jahre Haft möglich.
  • Wer vorsätzlich oder fahrlässig mit mehr als 3,5 Nanogramm/Milliliter THC im Blutserum fährt, riskiert demnach künftig in der Regel ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Gänzlich untersagt ist der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol. In diesem Fall droht ein Bußgeld in Höhe von 1.000 Euro.y

FH Erfurt prüft Alternativen

Ohnehin müssen die Studierenden zu Beginn erstmal Chemie, Physik, Ökonomie oder Pflanzenphysiologie lernen - das Cannabis-Modul kann im 3. Semester gewählt werden. "Wir müssen erstmal die Grundlagen schaffen, ehe wir an die Pflanze gehen", sagt Langner. Klappt es in nächster Zeit nicht mit der Genehmigung, sollen Partner in der Wirtschaft helfen. "Solle die Gesetzgebung nicht soweit sein, möchte ich bis zum nächsten Wintersemester im Raum Erfurt einen landwirtschaftlichen Betrieb als Partner finden, bei dem wir zur Not anbauen dürfen." Interesse von Betrieben sei da. Und wenn eine andere Regierung das Gesetz ganz kippt? "Dann wird Nutzhanf ja trotzdem erlaubt bleiben."

Mehr zur Cannabis-Teillegalisierung und den Folgen

MDR (rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 20. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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