Investoren gesucht Insolvenzverwalter: Bohai Trimet fährt Produktion in Harzgerode langsam wieder hoch
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25. April 2025, 07:57 Uhr
Die Krise der Automobilindustrie spitzt sich auch in Sachsen-Anhalt weiter zu. Mit dem in Harzgerode ansässigen Unternehmen Bohai Trimet hat der nächste Zulieferer Insolvenz angemeldet. Die Jobs der 580 Mitarbeiter stehen auf der Kippe. Die Gehälter sollen aber zumindest für die nächsten drei Monate sicher sein. Der Insolvenzverwalter hofft darauf, einen neuen Investor zu finden, damit das Werk in Harzgerode erhalten bleiben kann. Ab Montag soll die Produktion vorerst weitergehen.
- Das Unternehmen will Investoren finden.
- Auch der Betriebsrat sieht großes Potenzial.
- Die Gewerkschaft IG Metall gibt sich optimistisch.
Beim insolventen Autozulieferer Bohai Trimet in Harzgerode im Landkreis Harz soll die Produktion langsam wieder hochgefahren werden. Das teilte Insolvenzverwalter Olaf Spiekermann am Donnerstag bei einem Ortstermin mit. Demnach wird der Betrieb ab Montag "vollumfänglich" wieder aufgenommen, einschließlich der Aluminium-Gießerei, allerdings nicht auf voller Auslastung. Löhne und Gehälter sollen für die kommenden drei Monate gesichert sein.
Geplant seien neue Konzepte, etwa für die Ausweitung der Produktschiene. Bohai Trimet produziert bisher Getriebe-, Fahrwerks- und Karosserie-Teile für viele Automobilhersteller wie Volkswagen, BMW, Skoda und italienische Luxusmarken.
Unternehmen setzt auf bisherige und neue Kunden
Die chinesischen Eigner von Bohai Trimet haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren Dutzende Millionen Euro investiert. Dennoch war das Unternehmen zuletzt "hochdefizitär". Dies lag an der Auftragslage und hohen Energiepreisen.
Für den Betrieb werden nun langfristige Investoren gesucht. Nur mit Hilfe der bisherigen Kunden könne den Angaben nach eine Sanierung gelingen, und diese hätten signalisiert, weiterhin in Harzgerode Autoteile bestellen zu wollen. Es werden aber auch neue Kunden benötigt, um die Firma zu sanieren, möglicherweise aus anderen Industrie-Sparten.
Betriebsrat sieht großes Potenzial
Etwa 600 Beschäftigte in Harzgerode bangen um ihre Jobs. Der Betriebsratsvorsitzende Andrè Damuszis sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Stimmung sei mit Wut und Enttäuschung zu beschreiben, aber auch mit Sorge um die Zukunft des Standortes. Viele Mitarbeiter würden in Harzgerode oder der unmittelbaren Umgebung leben. Es gebe viele Mitarbeiter, die wie er schon Jahrzehnte in dem Werk arbeiteten.
Damuszis macht die Umstellung auf E-Mobilität und hohe Energiekosten mitverantwortlich für die schwierige Lage. Dennoch sieht er Potenzial für den Standort Harzgerode und setzt dabei auf das Fachwissen der Mitarbeiter.
Erst im Oktober war ein Abbau von 150 Stellen in Harzgerode und Sömmerda beschlossen worden, dann folgte Kurzarbeit. Da die ausstehenden Abfindungen für die gekündigten Beschäftigten nun Teil der allgemeinen Insolvenz-Forderung werden, könnte es sein, dass die ehemaligen Mitarbeiter zunächst auf ihr Geld warten müssen.
Harzgerode will Unternehmen unterstützen
Die Stadt Harzgerode will den Standort nach Möglichkeit erhalten. Bürgermeister Marcus Weise (CDU) sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Mittwoch, man wolle alles tun, um das Verfahren zu unterstützen. Die Stadt stehe zu 100 Prozent hinter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Weise habe mit dem Ministerpräsidenten, dem Wirtschaftsminister und dem Landrat telefoniert, und Landkreis sowie das Land Sachsen-Anhalt hätten ihre Unterstützung signalisiert. Er sagte weiter, es sei wichtig, nicht in Lethargie zu verfallen, sondern die Ärmel hochzukrempeln.
Das Unternehmen sei für die Region extrem wichtig, da viele Einrichtungen wie Kindergarten, Schule, Feuerwehr und Vereine von dem Industriepark abhängen. Die Nachricht der Insolvenz habe einen Schock in der gesamten Region ausgelöst, da Bohai Trimet der größte Arbeitgeber der Region ist.
IG Metall ist optimistisch
Harzgerode ist Hauptsitz der Firma in Deutschland, eine Tochter der chinesischen Bohai Automative Systems Co., Ltd. mit Sitz in China. Sie hatte eine Patronats-Erklärung zurückgezogen, was bedeutet, dass sie nicht mehr die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen gewährleisten will. An einem zweiten Standort im thüringischen Sömmerda arbeiten weitere knapp 100 Menschen für das Unternehmen.
Die Gewerkschaft IG Metall gibt sich zuversichtlich: "Wir haben mit Mercedes und Volkswagen gesprochen, die ein unglaublich hohes Interesse daran haben, diese Standorte als Lieferanten zu behalten", sagte Janek Tomaschefski, erster Bevollmächtigter der IG Metall Halberstadt." Mercedes und Volkswagen seien verwundert über die Insolvenz, da sie eigentlich nicht notwendig wäre.
Tomaschefski erklärte weiter, dass das Unternehmen gute Aufträge und Kunden habe und nun produziert werden müsse, mit möglichst wenig Ausschuss und in der vorgegebenen Zeit. So könnten die Unternehmen in den nächsten zwei bis drei Monaten wieder so aufgestellt werden, dass es funktioniere.
Krise der Zulieferer hinterlässt Spuren
Die Zeiten für Zulieferer-Betriebe der Automobilbranche sind derzeit nicht optimal. Bohai Trimet hatte im Oktober 2024 bereits erklärt, 100 Stellen in Harzgerode abbauen zu wollen.
Vor gut einem Monat meldete der Automobilzulieferer Schlote in Harzgerode Insolvenz an. Das Werk arbeitete mit Bohai Trimet zusammen an Bauteilen. Bei Schlote in Harzgerode sind 120, in Wernigerode 250 Jobs gefährdet.
Auch einer der größten Automobilzulieferer Sachsen-Anhalts, die Gardelegener Boryszew Kunststofftechnik, hatte im März Insolvenz angemeldet. Am Standort in der Altmark arbeiten knapp 500 Beschäftigte.
MDR (Marius Rudolph, Karin Roxer; Michael Rosebrock, Max Schörm) | Erstmals veröffentlicht am 22.04.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. April 2025 | 19:00 Uhr
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