Schriftzug Königreich Deutschland.de auf der Schaufensterscheibe eines Ladengeschäftes in Lutherstadt Wittenberg; darunter die umgedrehten Farben der Deutschlandfahne.
In Sachsen gibt es laut aktuellem Verfassungsschutzbericht immer mehr Anhänger des Reichsbürgers Peter Fitzek, der das "Königreich Deutschland" ins Leben gerufen hat. Bildrechte: imago/Klaus Martin Höfer

Landesverfassungsschutzbericht 2022 Deutlich mehr Reichsbürger und Selbstverwalter in Sachsen

27. Juni 2023, 21:55 Uhr

Von der Anhängerzahl bleibt in Sachsen der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die Demokratie. Allerdings stagniert sie dem neuen Verfassungsschutzbericht zufolge. Und auch die Linksextremisten verzeichen demnach nur einen geringen Zuwachs, werden aber gewaltbereiter. Zunehmende Sorgen bereiten den Sicherheitsbehörden jedoch die sogenannten Reichsbürger. Deren Zahl stieg binnen eines Jahres um fast ein Drittel. Und auch hier steigt die Gewaltbereitschaft.

Die Zahl der Menschen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Institutionen und Rechtsordnung leugnen, ist in Sachsen stark gestiegen. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz hervor. Demnach gab es 2022 rund 2.500 sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter im Freistaat. Das sind 600 mehr als im Vorjahr. Beim Rechtsextremismus stagniert dagegen die Anhängerzahl dem Bericht zufolge bei 4.350. Bei der linksextremistischen Szene gebe es einen leichten Zulauf von 850 auf 890 Anhänger.

Warum so viel mehr Reichsbürger?

Bei den Reichsbürgern und Selbstverwaltern sieht der Landesverfassungsschutz für den starken Anstieg um fast ein Drittel vor allem drei Gründe. Dazu gehört die Corona-Pandemie, die auch zu zahlreichen Konflikten zwischen Bürgern und Behörden geführt hätten. Nach Ansicht des Verfassungsschutzes ist der Anschluss an die Reichsbürger- und Selbstverwalterszene in vielen Fällen ein Versuch, staatlichen Maßnahmen zu entgehen. Das sind neben Vorschriften, Anordnungen und Auflagen vor allem Strafen und daraus folgende Geldforderungen - bis hin zu Zwangsvollstreckungen.

Der zweite Grund ist demnach die Ansiedlung des selbsternannten "Königreichs Deutschland" in Sachsen. Zum dritten wurde den Verfassungsschützern zufolge durch eine verbesserte, intensive Ermittlungsarbeit, das Dunkelfeld der Szene zunehmend erhellt. Regionale Schwerpunkte der Szene sind demnach die Stadt Dresden sowie die Landkreise Bautzen, Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Mittelsachsen und Erzgebirge.

Ein selbsternanntes Königreich im Freistaat

Das von Peter Fitzek ins Leben gerufene "Königreich Deutschland" (KRD) spielt beim Wachstum der Szene in Sachsen eine besondere Rolle. Die Bewegung hat nach eigenen Angaben bundesweit rund 4.000 Anhänger. In Sachsen betreibt sie seit 2021 in Dresden trotz Verbots weiterhin eine sogenannte "Gemeinwohlkasse". Zudem wurden 2022 unter anderem zwei Immobilien in Eibenstock und Boxberg erworben.

Erstere soll laut Verfassungsschutz zu einem Schulungs- und Gesundheitszentrum ausgebaut werden. Es hätten dort bereits Seminare stattgefunden. Die zweite Immobile - ein Schloss im Boxberger Ortsteil Bärwalde - wurde dem Bericht zufolge vom "KRD" zu einem "Gemeinwohldorf" erklärt, in dem sich bereits einige Anhänger niedergelassen haben. Zudem sollen mehrere Unternehmen ihre Zugehörigkeit zu dem sogenannten Königreich erklärt haben.

Wächst die heterogene Szene langsam zusammen?

Sachsens Verfassungsschützer beobachteten im vergangenen Jahr zudem eine zunehmende Vernetzung der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sowie verstärkte Aktivitäten. So hätten Anhänger der Bewegungen unter anderem an Protesten gegen die Corona-Politik, die deutsche Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg und hohe Energiekosten teilgenommen. Zudem seien Behörden und Gerichte mit Schreiben überhäuft worden. Außerdem wurden in Sachsen mehrere Tatverdächtige festgenommen, die sich an der Planung von Umsturzversuchen gegen die Bundesrepublik beteiligt haben sollen.

Querdenken-Demo
Unter anderem durch die Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben sich Reichsbürger und Selbstverwalter nach Einschätzung der sächsischen Verfassungsschützer stärker vernetzt. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / aal.photo

Prognose: Es werden mehr

Der Landesverfassungsschutz geht davon aus, dass die Zahl von Anhängern der Szene in Sachsen weiter steigen wird. Als ein Grund wird in dem Bericht vor allem die vom "Königreich Deutschland" selbst verkündete Expansionsabsicht genannt. Zudem hätten insbesondere Verschwörungstheorien weiter Hochkonjunktur. Sorge bereitet dem Verfassungsschutz auch die zunehmende Affinität der Szene-Anhänger zu Waffen.

MDR (stt/cba)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 27. Juni 2023 | 14:00 Uhr

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