Sergej Netschajew (l), russischer Botschafter in Deutschland, und Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, nehmen am Gedenken zum 80. Jahrestag des sogenannten Elbe Day am Mahnmal der Begegnung in Torgau teil.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (r.) richtete beim Weltkriegsgedenken in Torgau deutliche Worte an den russischen Botschafter Sergej Netschajew. Es liege an Russland, den Krieg in der Ukraine zu beenden, so Kretschmer. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Elbe Day Weltkriegs-Gedenken in Torgau mit russischem Botschafter und Buhrufen

25. April 2025, 15:43 Uhr

Am Ufer der Elbe in Torgau wurde am Freitag ein historischer Moment gewürdigt, der vor 80 Jahren die Welt veränderte. Mit Gästen aus dem In- und Ausland, bewegenden Reden und einem Blick auf die Gegenwart erinnerte die Stadt an das erste Treffen sowjetischer und amerikanischer Truppen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Begleitet wurde die Veranstaltung von aktuellen Kontroversen um Russland und seinen Botschafter.

In Torgau haben am Freitagvormittag die Gedenkveranstaltungen zum sogenannten Elbe-Day begonnen. Am 25. April 1945 trafen sich nahe der Elbbrücke in Torgau amerikanische und sowjetische Soldaten und besiegelten damit symbolisch das baldige Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. Zur Gedenkfeier hatten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Militär, Diplomatie und Zivilgesellschaft am Elbe-Day-Denkmal versammelt.

"Stadt des Friedens"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte bei der Veranstaltung, der Tag sei jedes Mal etwas ganz Besonderes. "Alle Teile der Zivilgesellschaft nehmen Anteil, erinnern, trauern." Torgau sei eine Stadt des Friedens.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer mit Repräsentanten vor Publikum auf dem Elbe-Day in Torgau
In Torgau wurde am Freitag mit einer Gedenkveranstaltung der sogenannte Elbe Day gefeiert. Neben Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, (M.) nahmen daran Torgaus Oberbürgermeister Henrik Simon (parteilos), Markus Pieper von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Regionalbischof Johann Schneider und Landrat Kai Emanuel (v.l.n.r.) teil. Bildrechte: MDR/Leven Wortmann

Zur Gedenkfeier hatte sich auch der russische Botschafter angesagt, ohne ausdrücklich eingeladen worden zu sein. Das Auswärtige Amt hatte empfohlen, russische Vertreter angesichts des Krieges gegen die Ukraine auszuschließen. Der Torgauer Oberbürgermeister Henrik Simon sagte, man habe die Teilnahme ermöglicht wegen der großen Zahl gefallener sowjetischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg.

Bürgerinnen und Bürger nehmen am Gedenken zum 80. Jahrestag des sogenannten Elbe Day am Mahnmal der Begegnung in Torgau teil.
Neben den offiziellen Vertretern nahmen auch zahlreiche Bürger der Stadt am Gedenken teil. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Kretschmer richtet deutliche Worte an Russland

Ministerpräsident Kretschmer wandte sich bei seiner Ansprache in Torgau mit deutlichen Worten zum Krieg in der Ukraine an den russischen Botschafter. "Es war Russland, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Nicht 2021, sondern schon 2014. Und es liegt an Russland, nur an Russland, diesen Krieg zu beenden", sagte der CDU-Politiker in Richtung des russischen Botschafters Sergej Netschajew. Dafür erhielt Kretschmer einige Buhrufe aus dem Publikum.

Ein russischer Offizier mit einem Kranzgebinde im Hintergrund Fotografen
Auch Russland war mit einer Vertretung bei der Veranstaltung in Torgau anwesend. Bildrechte: MDR/Leven Wortmann

Unter den Toten in der Roten Armee seien sehr viele Russen gewesen, aber auch Ukrainer, Belarussen oder Georgier. "Es wäre schöner, angemessener, wenn auch Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus bei uns wären", sagte Kretschmer. "Dass sie nicht kommen, hat vermutlich mit der Anwesenheit des russischen Kollegen zu tun."

Russischer Botschafter: Ich fühle mich wohl

"Heute müssen wir erinnern an die gefallenen Soldaten", sagte der russische Botschafter umringt von Journalisten und Bürgern auf Deutsch. "Der Tag ist deswegen sehr wichtig für uns." Er hinterließ - in Begleitung mehrerer russischer Militärangehöriger - am Denkmal der Begegnung einen Kranz, ebenso wie die Botschaften Frankreichs oder Belarus'.

Netschajew antwortete auf die Frage, was er dazu sage, dass er nicht willkommen sei: "Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl." Dazu, dass er kein Rederecht bekam, sagte er: "Wir haben die Möglichkeit, unsere Position zur Kenntnis zu bringen." Am Revers trug er das sogenannte Sankt-Georgs-Band, das traditionell als Zeichen der Erinnerung an den deutsch-sowjetischen Krieg gilt, seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aber als Symbol russischer Propaganda in der Kritik steht.

Kranzgebinde liegen im Gras, im Hintergrund Publikum und Gäste
Am Elbe Day wurde auch der Toten des Zweiten Weltkriegs gedacht. Bildrechte: MDR/Leven Wortmann

Kein Vertreter der USA vor Ort

Die USA hatte ihre Teilnahme an der Gedenkveranstaltung im Vorfeld abgesagt. "Das US-Konsulat in Leipzig ist in diesem Jahr nicht in der Lage, an der Zeremonie teilzunehmen", erklärte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin.

"Nachtwölfe" und Frau mit Russland-Fahne

Unmittelbar vor Beginn des offiziellen Gedenkens kamen zudem Rocker des russisch-nationalistischen Motorradclubs "Nachtwölfe" zum Denkmal. Sie legten Kränze und rote Nelken nieder. Vor den Motorrädern ritt eine Frau mit einer Russland-Fahne auf einem Pferd.

Mitglieder des russischen Motorrad- und Rockerclubs "Nachtwölfe" nehmen am 80. Jahrestag des sogenannten Elbe Day beim Gedenken am Mahnmal der Begegnung in Torgau teil. Auch eine Frau auf einem Pferd, die eine russsiche Fahne hält, reitet dabei vor den Motorrädern.
Mitglieder des russischen Motorrad- und Rockerclubs "Nachtwölfe" nehmen am 80. Jahrestag des sogenannten Elbe Day beim Gedenken am Mahnmal der Begegnung in Torgau teil. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Zusammentreffen von Amerikanern und Roter Armee

Am 25. April erinnert Torgau jedes Jahr an den sogenannten Elbe Day, an dem amerikanische und sowjetische Soldaten auf der zerstörten Elbe-Brücke aufeinandertrafen. Das inszenierte Foto vom Handschlag von Torgau ging als Symbol für das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft um die Welt. Offiziell hat Nazi-Deutschland am 8. Mai 1945 kapituliert.

Erstes Aufeinandertreffen schon vor dem Handschlag-Foto - Seit 80 Jahren wird der historische Handschlag am Elbbrückenkopf in Torgau gefeiert. Ein Augenblick, den sich alliierte Generäle nicht von einfachen Frontsoldaten 30 Kilometer flussaufwärts an der Elbe bei Strehla nehmen lassen wollten.
- Denn US-amerikanische und sowjetische Truppen waren sich bereits einen Tag vorher in Lorenzkirch, Strehla und Kreinitz begegnet, wie die Stiftung Sächsische Gedenkstätten informiert. Sie verweist darauf, dass diese ersten Aufeinandertreffen "nur wenig bekannt" seien.

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MDR (ben/lev)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. April 2025 | 19:00 Uhr

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