
Elbe Day Weltkriegs-Gedenken in Torgau mit russischem Botschafter und Buhrufen
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25. April 2025, 15:43 Uhr
Am Ufer der Elbe in Torgau wurde am Freitag ein historischer Moment gewürdigt, der vor 80 Jahren die Welt veränderte. Mit Gästen aus dem In- und Ausland, bewegenden Reden und einem Blick auf die Gegenwart erinnerte die Stadt an das erste Treffen sowjetischer und amerikanischer Truppen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Begleitet wurde die Veranstaltung von aktuellen Kontroversen um Russland und seinen Botschafter.
In Torgau haben am Freitagvormittag die Gedenkveranstaltungen zum sogenannten Elbe-Day begonnen. Am 25. April 1945 trafen sich nahe der Elbbrücke in Torgau amerikanische und sowjetische Soldaten und besiegelten damit symbolisch das baldige Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. Zur Gedenkfeier hatten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Militär, Diplomatie und Zivilgesellschaft am Elbe-Day-Denkmal versammelt.
"Stadt des Friedens"
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte bei der Veranstaltung, der Tag sei jedes Mal etwas ganz Besonderes. "Alle Teile der Zivilgesellschaft nehmen Anteil, erinnern, trauern." Torgau sei eine Stadt des Friedens.

Zur Gedenkfeier hatte sich auch der russische Botschafter angesagt, ohne ausdrücklich eingeladen worden zu sein. Das Auswärtige Amt hatte empfohlen, russische Vertreter angesichts des Krieges gegen die Ukraine auszuschließen. Der Torgauer Oberbürgermeister Henrik Simon sagte, man habe die Teilnahme ermöglicht wegen der großen Zahl gefallener sowjetischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
Kretschmer richtet deutliche Worte an Russland
Ministerpräsident Kretschmer wandte sich bei seiner Ansprache in Torgau mit deutlichen Worten zum Krieg in der Ukraine an den russischen Botschafter. "Es war Russland, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Nicht 2021, sondern schon 2014. Und es liegt an Russland, nur an Russland, diesen Krieg zu beenden", sagte der CDU-Politiker in Richtung des russischen Botschafters Sergej Netschajew. Dafür erhielt Kretschmer einige Buhrufe aus dem Publikum.
Unter den Toten in der Roten Armee seien sehr viele Russen gewesen, aber auch Ukrainer, Belarussen oder Georgier. "Es wäre schöner, angemessener, wenn auch Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus bei uns wären", sagte Kretschmer. "Dass sie nicht kommen, hat vermutlich mit der Anwesenheit des russischen Kollegen zu tun."
Russischer Botschafter: Ich fühle mich wohl
"Heute müssen wir erinnern an die gefallenen Soldaten", sagte der russische Botschafter umringt von Journalisten und Bürgern auf Deutsch. "Der Tag ist deswegen sehr wichtig für uns." Er hinterließ - in Begleitung mehrerer russischer Militärangehöriger - am Denkmal der Begegnung einen Kranz, ebenso wie die Botschaften Frankreichs oder Belarus'.
Netschajew antwortete auf die Frage, was er dazu sage, dass er nicht willkommen sei: "Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl." Dazu, dass er kein Rederecht bekam, sagte er: "Wir haben die Möglichkeit, unsere Position zur Kenntnis zu bringen." Am Revers trug er das sogenannte Sankt-Georgs-Band, das traditionell als Zeichen der Erinnerung an den deutsch-sowjetischen Krieg gilt, seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aber als Symbol russischer Propaganda in der Kritik steht.
Kein Vertreter der USA vor Ort
Die USA hatte ihre Teilnahme an der Gedenkveranstaltung im Vorfeld abgesagt. "Das US-Konsulat in Leipzig ist in diesem Jahr nicht in der Lage, an der Zeremonie teilzunehmen", erklärte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin.
"Nachtwölfe" und Frau mit Russland-Fahne
Unmittelbar vor Beginn des offiziellen Gedenkens kamen zudem Rocker des russisch-nationalistischen Motorradclubs "Nachtwölfe" zum Denkmal. Sie legten Kränze und rote Nelken nieder. Vor den Motorrädern ritt eine Frau mit einer Russland-Fahne auf einem Pferd.
Zusammentreffen von Amerikanern und Roter Armee
Am 25. April erinnert Torgau jedes Jahr an den sogenannten Elbe Day, an dem amerikanische und sowjetische Soldaten auf der zerstörten Elbe-Brücke aufeinandertrafen. Das inszenierte Foto vom Handschlag von Torgau ging als Symbol für das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft um die Welt. Offiziell hat Nazi-Deutschland am 8. Mai 1945 kapituliert.
Erstes Aufeinandertreffen schon vor dem Handschlag-Foto
- Seit 80 Jahren wird der historische Handschlag am Elbbrückenkopf in Torgau gefeiert. Ein Augenblick, den sich alliierte Generäle nicht von einfachen Frontsoldaten 30 Kilometer flussaufwärts an der Elbe bei Strehla nehmen lassen wollten.
- Denn US-amerikanische und sowjetische Truppen waren sich bereits einen Tag vorher in Lorenzkirch, Strehla und Kreinitz begegnet, wie die Stiftung Sächsische Gedenkstätten informiert. Sie verweist darauf, dass diese ersten Aufeinandertreffen "nur wenig bekannt" seien.
MDR (ben/lev)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. April 2025 | 19:00 Uhr