Verfassungsschutz AfD-Politiker Maier und Ulbrich scheitern mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht Dresden
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22. Mai 2024, 17:13 Uhr
Das Verwaltungsgericht Dresden hat am Mittwoch zwei Klagen von AfD-Politikern verhandelt. Beide klagten gegen den sächsischen Verfassungsschutz und verlangten die Löschung von personenbezogenen Daten. Das Verwaltungsgericht wies beide Klagen ab.
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Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz darf weiterhin Informationen über AfD-Politiker sammeln und veröffentlichen, auch wenn es sich um Abgeordnete handelt. Das entschieden die Dresdner Richter in zwei konkreten Fällen.
Der ehemalige Richter und Bundestagsabgeordnete Jens Maier hatte dagegen geklagt, dass er in den Jahresberichten 2020 und 2021 des sächsischen Verfassungsschutzes namentlich genannt wird. Roland Ulbrich, Abgeordneter des sächsischen Landtages, klagte gegen die Sammlung und Verarbeitung personenbezogener Daten.
Freies Mandat eingeschränkt?
Zunächst wurde die Klage von Roland Ulbrich verhandelt. Er trug vor, dass die Beobachtung durch den sächsischen Verfassungsschutz und die Sammlung personenbezogener Informationen in seine Abgeordnetenstellung eingreife und sein Recht zur unbehinderten Ausübung des freien Mandates verletze. Außerdem würde es an einer rechtlichen Grundlage fehlen, wonach der sächsische Verfassungsschutz überhaupt befugt wäre, Abgeordnete zu beobachten und personenbezogene Information zu sammeln.
Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass es für die Beobachtung von Abgeordneten keiner gesonderten Rechtsgrundlage bedürfe. Vielmehr komme es darauf an, ob hinreichende Anhaltspunkte für eine Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung vorliegen.
Mitglied in rechtsextremen "Flügel"
Im Fall Ulbrich ergebe sich die Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung zunächst aus der Zugehörigkeit zum sogenannten Flügel. Dieser wurde als gesichert rechtsextrem eingestuft und 2020 aufgelöst. Außerdem verwies das Gericht auf die Äußerung Ulbrichs zum rechtsextremen Terroranschlag auf eine Synagoge in Halle 2019. Ulbrich schrieb auf Facebook: "Was ist schlimmer, eine beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?".
Die Richter am Verwaltungsgericht führten in ihrer Urteilsbegründung aus, dass diese Äußerung antisemitisch konnotiert sei. Der Attentäter von Halle sei immerhin zu versuchtem Mord in 68 Fällen und Mord in zwei Fällen verurteilt worden und habe gerade nicht nur eine Synagogentür beschädigt.
Das Verwaltungsgericht wies ferner darauf hin, dass lediglich öffentliche Äußerungen - z. B. aus den sozialen Medien - und explizit keine Äußerungen aus Ulbrichs parlamentarischen Tätigkeit gesammelt wurden.
Ulbrich weiter Spitzenkandidat
Ulbrich sorgte im Januar für Schlagzeilen, als er in seiner Funktion als Vizepräsident des AfD Bundesschiedsgericht in einem Schiedsspruch auf NS-Recht verwies. Als Folge hat er die AfD-Fraktion verlassen, auch von einem Parteiausschluss war die Rede. Allerdings tritt er bei der Kommunalwahl im Juni im AfD Kreisverband Leipzig als Spitzenkandidat an. Auch für die sächsische Landtagswahl am 1. September 2024 tritt Ulbrich als Direktkandidat für die AfD an. Ein Parteiausschluss laufe derzeit nicht, wie Ulbrich am Mittwoch im Gericht klarstellte.
Auch die Klage von Jens Maier wurde am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Dresden verhandelt. Er klagte gegen die namentliche Nennung in den Verfassungsschutzberichten 2020 und 2021 in denen er jeweils im Kapitel "Rechtsextremismus" - unter anderem als "Obmann" des Flügels in Sachsen namentlich genannt wird.
Maier berief sich auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und verlangte die Löschung seines Namens aus den Berichten. Das Gericht führte aus, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht keinen absoluten Schutz vor staatlichem Informationshandeln begründe. Im Fall Maier überwiege der Informationsanspruch der Allgemeinheit dem Schutzinteresse des Betroffenen.
Gericht: Maier erwiesen rechtsextrem
Maier sei erwiesen rechtsextrem. Das ergebe sich zunächst aus seiner Zugehörigkeit zum Flügel, in dem er als "Obmann" in Sachsen eine herausragende Stellung gehabt habe. Das Gericht verwies auch auf Äußerungen Maiers auf X, wonach er es gutheiße, wenn Angeklagte AfD-Richter fürchten würden. Außerdem verwies das Gericht auf eine Rede Maiers bei einer Pegida Veranstaltung, bei der er den Sprengstoff-Anschlag auf eine Moschee in Dresden 2016 verharmlost habe. Daraus schlussfolgerte das Gericht, dass Maier Bestrebungen habe, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien.
Verfassungsschutz sieht sich bestätigt
Die beiden Klagen der AfD-Politiker blieben also erfolglos und in beiden Fällen gab das Verwaltungsgericht Dresden dem sächsischen Verfassungsschutz Recht. Der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Dirk-Martin Christian, sieht die Arbeitsweise seines Landesamtes damit bestätigt: "Das Verwaltungsgericht Dresden ist der juristischen Argumentation des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen gefolgt und hat damit zugleich die Arbeitsweise des Amtes bestätigt."
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, die Beteiligten können jeweils einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen stellen. Der Anwalt der beiden AfD-Politiker kündigte an, einen solchen Antrag im Sinne seiner Mandanten zu prüfen.
MDR (dka/dkö/ben)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 22. Mai 2024 | 19:00 Uhr