Kommunalwahl 2024 Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge: Wie weiter mit Energiewende, Jugend und Krankenhäusern?
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24. Mai 2024, 15:27 Uhr
Der Ausbau der Windkraft und einer klimafreundlichen Wärmeversorgung - das sind riesige Herausforderungen für Kommunen auf dem Land. Der Kreistag Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wird nicht nur auf diese Zukunftsfragen Antworten finden müssen.
Harte Konflikte für den Kreistag werfen ihre Schatten voraus - so wie die Windräder, die über dem Wilsdruffer Bürgermeister Ralf Rother (CDU) rotieren. Zwei Prozent der Fläche überall in Deutschland sollen künftig für Windkraftanlagen zur Verfügung stehen, das hat die Bundesregierung beschlossen. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist der Nationalpark ausgenommen - alle anderen Regionen werden um so stärker betroffen sein.
Ralf Rother zeigt unter den Windrädern am Rande von Mohorn auf die nahen Wohnhäuser. "Wir kennen es hier, wie belastend das auch für die Einwohner ist", sagt der Chef der CDU-Fraktion im Pirnaer Kreistag. "Gerade hier auch bei den geringen Abstandsflächen unter 1.000 Meter zu den Windkraftanlagen. Das wird alles zu berücksichtigen sein." Er fordert mit seiner Partei mehr Beteiligung der Bürger und ihrer Vertreter, wenn in den kommenden Jahren über den Bau vieler neuer Windparks entschieden werden wird.
Im Pirnaer Kreistag stellt die CDU die stärkste Fraktion, dicht gefolgt von der AfD, die wegen interner Konflikte erst jüngst auf 21 Mandate geschrumpft ist. Es folgen mit Abstand Freie Wähler, Linke, Grüne, die in der Freitaler Region starke Wählervereinigung Konservative Mitte, SPD und FDP.
Umstrittener Klimaschutz
Als es in der letzten Kreistagssitzung um ein Klimaschutzkonzept für den Landkreis ging, stimmte ein Großteil der AfD-Fraktion anders als die Mehrheit: dagegen. "Wir haben ein Klimaschutzkonzept hier gehabt, wo drinsteht: Wir brauchen 20 Mal mehr Windkraft, und das sollen wir als Grundlage für ein Maßnahmenpaket beschließen - da sagen wir ganz klar: nein", sagt der Altenberger AfD-Kreisrat und Landtagsabgeordnete André Barth. "Ich sage aber: Wo es sich auf Dächern eignet, Photovoltaik zu errichten. Gern, warum nicht?"
Kreis soll bei der Wärmewende helfen
Auch die Wende hin zu einer klimafreundlichen Wärmeversorgung ist eine Mammutaufgabe für Kommunen. Im Ortsteil Possendorf schaut der Bannewitzer Bürgermeister Heiko Wersig (Freie Wähler) auf Rohre und Heizkessel - hier gibt es bisher nur ein Mini-Wärmenetz für Schule und Rathaus. Der Landkreis müsse beim Thema Wärmewende Gemeinden unter die Arme greifen, fordert der Fraktionschef der Freien Wähler. "Ich wünsche mir, dass wir analog zur positiven Erfahrung beim Breitbandausbau auch hier für die kommunale Wärmeplanung die Unterstützung des Landkreises erhalten könnten."
Das wollen auch die Grünen. Doch ihr Antrag dazu wurde in der letzten Kreistagssitzung Mitte Mai von einer großen Mehrheit abgelehnt. Dabei könnte der Landkreis kleinen Kommunen bei der Wärmeplanung viel abnehmen, glaubt die Grünen-Kreisrätin Sabine Pelz. "Sie sparen Personal, sie sparen Geld und wir erwarten auch eine ganze Menge Synergieeffekte, wenn es sich in der einen Kommune zum Beispiel anbietet, ein Blockheizkraftwerk zu bauen, dann könnten mehrere Kommunen sich daran beteiligen."
Geschlossene Klinik wieder öffnen
Auch die Krankenhaus-Versorgung ist im Landkreis ein Aufreger. Die kleine, aber moderne Helios-Klinik in Dippoldiswalde wurde zum Jahresende geschlossen - nicht nur die Linken würden das am liebsten rückgängig machen. "Uns ist es am wichtigsten, dass die Kliniken, die da sind, erhalten werden mit allen Standorten", sagt die Altenberger Linken-Kreisrätin Sabine Schilka - auch wenn die Zahnärztin weiß, dass eine Wiedereröffnung Monate nach der Schließung nicht viele Chancen hat.
"Wir haben uns ganz klar für den Erhalt von allen Krankenhausstandorten hier im Landkreis Sächsische Schweiz ausgesprochen", sagt auch der Heidenauer Kreisrat Norbert Bläsner von der FDP. "Von der Nacht- und Nebel-Aktion in Dippoldiswalde waren wir sehr überrascht, weil die Klinik im Krankenhausplan des Freistaats drin ist."
Jugendprojekte sind bedroht
Die Angebote für junge Menschen im Landkreis stehen ebenfalls unter Druck. Denn die Kosten für Jugendtreffs und Sozialarbeiter steigen, aber nicht die Zuschüsse, kritisiert der SPD-Fraktionschef Ralf Wätzig. "Ich verlange jetzt keine Millionen oder hunderttausende Euro, aber es muss die Personalkostenentwicklung abgebildet werden, dass Energie und Sachkosten alles mehr Geld kostet, damit wir die Leistung nicht reduzieren."
Ich verlange keine Millionen oder hunderttausende Euro.
Was das bedeuten könnte, zeigt sich beim Freitaler Jugendtreff "Hafenkante". Für ihn wird gerade ein Gebäude saniert - doch es ist offen, ob er hier wirklich wieder öffnen kann, wenn der Kreis nicht mehr für die Jugendarbeit zahlt. "Deswegen ist unsere Forderung, dass man sich mit der Haushaltsplanung des Landkreises für das Jahr ab 2025 darüber Gedanken macht, wie das Budget erhöht werden kann", fordert Martin Rülke, der Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft Konservative Mitte.
Angesichts eines Millionendefizits im Haushalt des Landkreises werden das harte Diskussionen für den nächsten Kreistag. Doch auch bei den Angeboten für Kinder und Jugendliche wird es am Ende um die Zukunft der Region gehen.
Zahlen, Daten und Fakten zum Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
• Sitz des Kreistags: Pirna
• Kommunen: 36 Gemeinden darunter 19 Städte
• Fläche: 1.654,18 km²
• Einwohner gesamt: 246.204
• Nicht-EU-Ausländer: 10.200 (4,14 Prozent)
• Durchschnittsalter: 47,9
• Arbeitslosenquote: 4,8
• Pro-Kopf-Einkommen: 22.701 Euro
Quelle: Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge | Statistisches Landesamt
MDR (cba)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 21. Mai 2024 | 19:00 Uhr