Antisemitische Beleidigung? Der Fall Ofarim: Chronologie der Ereignisse

Ein Hotelmitarbeiter soll dem Sänger Gil Ofarim im Leipziger Hotel Westin das Einchecken verweigert haben, weil er einen Davidstern an einer Kette trägt. So stellt es Ofarim in einem von ihm veröffentlichten Video auf Instagram dar.

Zahlreiche Organisationen und Bürger kritisieren den geschilderten Vorfall in Leipzig. Vor dem Westin-Hotel kommt es zu einer Demonstration gegen Antisemitismus. Auch Mitarbeitende des Hotels beteiligen sich mit einem Banner an der Versammlung.

Nach MDR-Recherchen beauftragt das Hotel eine Sicherheitsfirma mit eindeutigen Verbindungen in die rechtsextreme Szene mit der Absicherung des Protests.

Der betreffende Mitarbeiter wird durch das Hotel-Management beurlaubt. Ein Sprecher des Leipziger Hotels sagt, dass das Unternehmen derzeit versuche, Ofarim zu kontaktieren.

Der beschuldigte Hotelangestellte stellt Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt. Dem ARD-Magazin Brisant sagt Ofarim in einem Interview, er habe bisher keine Entschuldigung vom Hotel erhalten.

Das Hotel startet mit Hilfe einer Rechtsanwaltskanzlei eigene Untersuchungen zu den Antisemitismusvorwürfen. Die Staatsanwaltschaft prüft die gegen einen Hotel-Mitarbeiter erhobenen Vorwürfe und sucht nach eigenen Angaben weitere Zeugen.

Bei der Staatsanwaltschaft geht eine Anzeige eines unbeteiligten Dritten wegen Volksverhetzung gegen den Hotelmitarbeiter ein. Außerdem stellt der beschuldigte Hotelangestellte eine weitere Anzeige wegen Bedrohung, weil er über seinen Instagram-Account Drohnachrichten erhalten habe.

Sänger Gil Ofarim will Anzeige gegen den Hotelmitarbeiter erstatten und als Zeuge aussagen. Die Muttergesellschaft Marriott des Hotel Westin in Leipzig bittet bei Gil Ofarim um Entschuldigung.

Gil Ofarim stellt Strafanzeige gegen den Hotelmitarbeiter, nachdem er als Zeuge bei der Münchner Staatsanwaltschaft ausgesagt hatte.

Laut "Bild am Sonntag" und der "Leipziger Volkszeitung" legen Videoaufnahmen von Überwachungskameras den Schluss nahe, dass Ofarim am 4. Oktober gar keine Kette mit Davidstern getragen habe. Ofarim selbst sagt, es gehe nicht um die Kette, sondern darum, dass er antisemitisch beleidigt worden sei.

Der vom Hotel Westin engagierten Sicherheitsfirma bei der Demonstration am 5. Oktober droht der Entzug der Gewerbeerlaubnis. Die Stadt Leipzig prüft die gewerbliche Zulassung des Unternehmens, bestätigt ein Sprecher dem MDR. 

Nach dem mutmaßlich antisemitischen Vorfall gegen den Sänger Gil Ofarim im Leipziger Westin Hotel hat das Unternehmen eine Rechtsanwaltkanzlei mit der internen Untersuchung beauftragt. Die Ergebnisse liegen vor: Das Hotel will keine disziplinarischen Konsequenzen gegen den betroffenen Mitarbeiter einleiten.

Mehr als zwei Wochen nach den Antisemitismus-Vorwürfen des Sängers Gil Ofarim gegen Mitarbeiter des Leipziger Westin Hotels hat der Hotelbetreiber Einsichten in Aufnahmen der Überwachungsvideos gezeigt. Gleichzeitig äußert sich Ofarim zu den Vorwürfen, er habe die Davidstern-Kette nicht getragen.

Der Sänger Gil Ofarim hat bei seiner Vernehmung Mitte Oktober in München eine zweite Strafanzeige gegen den Mitarbeiter des Leipziger Hotels erstattet.

Zweifel an einer angeblichen antisemitischen Diskriminierung des Musikers Gil Ofarim im Leipziger Westin-Hotel bleiben. Die Wochenzeitung "Die Zeit" zitiert aus Gutachten.

Nach Auswertung zahlreicher Zeugenaussagen, Analyse der Überwachungskameras und Ergebnisse digitalforensischer Expertisen sagen die Ermittler: "In der Gesamtschau der bislang gewonnenen Erkenntnisse hat sich das Geschehen, wie es von Gil Ofarim im veröffentlichten Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet". Die Staatsanwaltschaft erhebt nun Anklage gegen Gil Ofarim wegen Verdächtigung und Verleumdung des Hotelmitarbeiters in Leipzig..

Das Verfahren gegen den mit Antisemitismusvorwürfen belasteten Leipziger Hotelmitarbeiter wird dagegen eingestellt.

Das Landgericht Leipzig lässt die Anklage gegen den Musiker Gil Ofarim wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung zu und eröffnet das Hauptverfahren. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Vorfall nicht so zugetragen, wie Gil Ofarim in einem Internet-Video behauptet.

Die Verteidiger von Gil Ofarim machen im September und Oktober Schlagzeilen, indem sie Vorwürfe gegen die Leipziger Justiz erheben. Einer der Anwälte spricht gar von einem "Schauprozess" gegen Ofarim. Mit ihren Befangenheitsanträgen gegen einen Richter am Landgericht Leipzig im Verfahren scheitern sie. Auch das Oberlandesgericht Dresden (OLG) lehnt die Beschwerden gegen die Ablehnung der Befangenheitsanträge ab.

Kurz vor Prozessbeginn gegen den Musiker Gil Ofarim wird das Hauptverfahren aufgeschoben. Die geplanten Termine vom 24. Oktober bis Ende November finden nicht statt. Das Landgericht begründet das mit der Fürsorgepflicht für den Angeklagten, will noch offene Fragen klären und hofft, dass sich die Gemüter beruhigen, sagt ein Sprecher. Das Gericht bringt einen Täter-Opfer-Ausgleich ins Gespräch. Eine Einigung in dem außergerichtlichen Verfahren kann strafmildernd wirken. Den Ausgleich lehnen Ofarims Verteidiger ab. Sie wollen die "volle Unschuld" ihres Mandanten bweisen.

Nach mehr als einem Jahr Jahr Pause ist nun klar: Gil Ofarim muss wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung vor Gericht. Prozessbeginn ist der 7. November.

Das Landgericht Leipzig prüft kurz vor Prozessbeginn, ob die Sicherheitsvorkehrungen im Gericht erhöht werden müssen. Dies auch mit Blick auf die internationale Sicherheitslage nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel.

Der Sänger muss sich vor dem Landgericht Leipzig verantworten. Er wirft einem Hotelmitarbeiter weiterhin antisemitische Äußerungen vor, sagt kurz vor Prozessbeginn, dass er das Video genauso wieder aufnehmen würde.

Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Vorfall aber so nicht zugetragen. Bei der Anklageverlesung sagt der Staatsanwalt, Ofarim sei bewusst gewesen, "dass das nicht der Wahrheit entspricht" und dass er den Hotelmitarbeiter "wahrheitswidrig als Antisemiten hinstellt".

• Die Kammer hat 27 Zeugen und einen Sachverständigen geladen.
• Dokumente und ein Video sollen gezeigt werden.
• Die Vorwürfe gegen Ofarim: falsche Verdächtigung, Verleumdung, Betrug, versuchter Betrug und Falschaussage an Eides statt.
• Als Strafmaß steht dafür im Raum: bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.

Der sechste Prozesstag beginnt mit langem Warten. Nach zweieinhalbstündigen Gesprächen von Verteidung und Nebenklage im Nebenraum kommt der Angeklagte Gil Ofarim in den Sitzungssaal und sagt, dass die Vorwürfe gegen ihn stimmen. Er entschuldigt sich beim Hotel-Mitarbeiter, den er 2021 im Video und in Aussagen an Eides statt des Antisemitismus bezichtigt hatte. Der Hotel-Mitarbeiter nimmt die Entschuldigung an.

Es wird ein Vergleich zwischen ihm und dem Angekagten Ofarim geschlossen. Zudem wird das Verfahren gegen den Musiker aus München eingestellt - wenn der 10.000 Euro an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und an den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz bezahlt.

MDR (Red)/dpa